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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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meldete sich in diesem Moment ihr Handy. Bremer war dran.
    »Da hat sich ein
Typ gemeldet, der glaubt, die Frau vorletzte Woche auf einer Hochzeit gesehen
zu haben.«
    »Ist er
glaubwürdig?«
    »So glaubwürdig,
wie ein Vierzehnjähriger eben ist«, sagte Bremer.
    Charlotte stöhnte
diskret und ließ sich die Adresse des Jungen geben. »Okay, wir fahren gleich
hin und hören uns an, was er zu sagen hat.« Sie sah auf die Uhr. Fast vier. »Um
halb sechs ist Besprechung, gib das bitte weiter.« Sie drückte das Gespräch weg
und sah Bergheim an. »Es gibt einen Zeugen, der die Tote auf einer Hochzeit
gesehen haben will. Ein Vierzehnjähriger.« Charlotte konnte sich die Frage
nicht verkneifen. »Mit dem wirst du doch fertig, oder?«
    Bergheim warf ihr
einen Blick zu und legte seine Hand auf ihr Knie. »Nur mit deiner Hilfe«, sagte
er augenzwinkernd.
    Familie Willeke
wohnte in der Viktoriastraße in Linden-Nord, einem der quirligsten und
buntesten Stadtteile Hannovers. Bergheim bog über die belebte Limmerstraße mit
den vielen Geschäften, Cafés und Restaurants in die Viktoriastraße ein und
parkte am Straßenrand. Auf der linken Seite saß ein Mann mittleren Alters vor
einer geöffneten Tür, die in den Schankraum eines
Türkisch-Deutschen-Freundschaftsvereins führte. Drinnen saßen an schlichten
Holztischen ältere türkische Männer, spielten Karten und tranken sogar Bier. An
der Wand über der Theke hing ein Bildschirm, auf dem irgendeine Sportsendung
lief. Charlotte und Bergheim gingen die von zweistöckigen Häusern gesäumte
Straße entlang. Graffiti schmückten die Hauswände. Auf einem kleinen,
gepflasterten, von Bäumen beschatteten Platz liefen mehrere Jugendliche um eine
Tischtennisplatte herum und spielten Pingpong.
    Lukas Willeke, der
sie im ersten Stock eines mehrgeschossigen, recht gepflegten Wohnhauses an der
Wohnungstür empfing, war für sein Alter relativ kurz und stämmig geraten. Die
blonden Haare trug er sorgfältig gegelt in die Stirn gezupft, sodass sie die
grauen Augen fast verdeckten. Er glühte vor Stolz, als Bergheim und Charlotte
die geräumige Wohnung betraten.
    »Bist du allein?«,
fragte Charlotte.
    Der Junge
verneinte und warf einen Blick auf seine überdimensionierte Armbanduhr. »Mein
Vater ist schon unterwegs. Müsste gleich hier sein«, sagte er heiser.
    »Können wir ins
Wohnzimmer gehen?«, fragte Charlotte.
    »Klar«, sagte
Lukas und marschierte auf seinen stämmigen Beinen voran.
    Die Wohnung war
spärlich eingerichtet, es fehlte die weibliche Note, keine Blumen, kein Nippes
oder sonstige Staubfänger, alles war zweckmäßig, aber nicht ungemütlich.
    »Ist deine Mutter
nicht da?«
    »Meine Mutter ist
tot«, sagte Lukas und warf sich auf das braune Ecksofa. Bergheim und Charlotte
hatten sich gerade auf den Sesseln niedergelassen, als die Wohnungstür geöffnet
wurde und wenige Sekunden später ein schlanker Mann um die fünfzig im Blaumann
das Wohnzimmer betrat.
    »Heinz Willeke«,
sagte er und begrüßte die beiden Beamten mit einem Händedruck. Dann sah er
seinen Sohn an. »Und du sagst, du hast eine Vermisste erkannt?«, fragte er
zweifelnd.
    Der Junge nickte
und stellte ein Notebook mit dem Foto der toten Frau auf dem Bildschirm auf den
Tisch. »Diese Frau war auf der Hochzeit meiner Schwester. Das weiß ich wegen
der langen roten Haare. Sie hatte auf der Hochzeit aber einen Pferdeschwanz.«
    Sein Vater kniff
die Augen zusammen und starrte zuerst auf den Bildschirm, dann auf Bergheim und
Charlotte. »Ist sie tot?«
    Charlotte nickte.
    Willeke sah sich
das Foto noch mal an. »Nein«, sagte er dann bestimmt. »Ich habe sie nicht
gesehen. Bist du sicher, Lukas?«
    »Klar«, sagte
Lukas und lächelte Charlotte an.
    »Kennst du ihren
Namen?«, fragte Charlotte.
    »Nö, leider nicht,
aber sie war da, ich hab sie an der Bar gesehen.«
    »Und Sie haben
diese Frau noch nie gesehen?«, fragte Bergheim Heinz Willeke.
    »Nee, nicht dass
ich wüsste«, sagte Willeke und setzte sich in den verbliebenen freien Sessel.
    »Aber Ihre Tochter
kennt sie doch wahrscheinlich oder Ihr Schwiegersohn. Immerhin war sie auf
ihrer Hochzeit«, sagte Charlotte.
    »Gut möglich«,
sagte Willeke und an seinen Sohn gewandt: »Hast du schon mit Anja gesprochen?«
    Lukas, der
offensichtlich noch nicht darauf gekommen war, seine Schwester nach der Frau zu
fragen, starrte schuldbewusst auf seine Füße.
    Bergheim zückte
seinen Notizblock. »Wo wohnt Ihre Tochter, und wann und wo genau haben
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