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Der Teufel von Herrenhausen

Der Teufel von Herrenhausen

Titel: Der Teufel von Herrenhausen
Autoren: Marion Griffiths-Karger
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Platz.
    »Ihre Vorgehensweise überrascht mich«, ging sie sofort in die
Offensive. »Ich hätte mir gewünscht, dass Sie mich zuvor gefragt hätten, wenn
Sie mir neue Mitarbeiter zuweisen.«
    Ehlers legte die Fingerspitzen zu einem Dach zusammen und lehnte
sich zurück. »Ich kenne die Gebräuche an Ihrem ehemaligen Dienstsitz in
Flensburg nicht. Bei uns bitte ich Sie, Entscheidungen der Vorgesetzten zu
akzeptieren. Die Versetzung von Herrn Schwarczer zur Ermittlungsgruppe
organisierte Kriminalität erfolgt unter zwei Aspekten. Zum einen verfügen wir
nicht über ein unbegrenztes Reservoir an Kapazitäten, schon gar nicht an für
diese Spezialaufgabe geeigneten Bewerbern. Zum anderen haben Sie mit Thomas
Schwarczer sicher eine gute Ergänzung erhalten.«
    Frauke unterdrückte ein zynisches Lachen. Nathan Madsack war stets
korrekt und hilfsbereit. An Gutwilligkeit mangelte es dem Hauptkommissar sicher
nicht. Aber wegen seiner Leibesfülle war der Aktionsradius des Beamten
erheblich eingeschränkt. Madsack begann schon beim Gehen in der Ebene zu
schnaufen, Treppensteigen war für ihn eine Belastung. Diesen Mitarbeiter konnte
Frauke nicht als »beweglich« beurteilen. Jakob Putensenf mochte ein verdienter
Polizist sein. Für diesen Bereich war er langsam zu alt. Abgesehen davon
störten sein ewiges Quengeln und sein Machogehabe. Hätte man Frauke gefragt,
hätte sie sich zur Verstärkung einen wendigen und erfahrenen Polizisten
gewünscht, aber keinen, der vom äußeren Erscheinungsbild höchstens als
Türsteher in einer zweitklassigen Disco taugen würde.
    »Welche – angeblichen – Qualitäten zeichnen Herrn Schwarczer aus?«,
fragte Frauke.
    »Hier.« Der Kriminaloberrat holte einen Aktendeckel aus seiner
Schublade und reichte ihn Frauke. »Ich hätte die Personalie mit Ihnen
besprochen«, fügte Ehlers in versöhnlicher Tonlage an. »Aber wann? Sie sind
seit Samstag mit der Leitung betraut. Da war es eine logistische
Meisterleistung, dass ich Ihnen bereits heute einen neuen Mitarbeiter abstellen
kann.«
    »Woher haben Sie ihn so schnell aus dem Hut gezaubert?« Obwohl sie
sich bemühte, konnte sie die Skepsis in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
    »Kommissar Schwarczer war bis vorhin beim SEK . Es hat mich einiges gekostet, die Versetzung so zügig
zu arrangieren. Wie schwierig manchmal die Entscheidungswege in einer großen
Administration sind, haben Sie am eigenen Leib erfahren müssen.« Ehlers spielte
darauf an, dass Frauke nach ihrer Ankunft in Hannover lange auf einen eigenen
Arbeitsplatz, auf Dienstausweis und Dienstwaffe hatte warten müssen. »Werfen
Sie einen Blick in die Personalakte.«
    »Schön«, sagte Frauke und wollte aufstehen, doch Ehlers hielt sie
zurück.
    »Lesen Sie die Unterlagen bitte hier.«
    »Vertrauen Sie mir nicht?«
    Statt einer Antwort lächelte der Kriminaloberrat sie an und zeigte
mit ausgestreckter Hand auf den Stuhl, auf dem sie saß.
    Hier in Hannover war offenbar alles anders, dachte Frauke. Im
heimischen Flensburg ging man nicht so miteinander um. Das half aber nichts.
Sie musste sich den Gegebenheiten fügen, nahm die Akte zur Hand und überflog
den Inhalt.
    Thomas Schwarczer war in Hannover geboren. Er war sechsundzwanzig
Jahre jung. Nach dem Abitur hatte er sich bei der Polizei beworben. Frauke warf
einen kurzen Blick auf die Noten. In Sport hatte Schwarczer eine Eins, die
naturwissenschaftlichen Fächer schienen ihm allerdings weniger gelegen zu
haben. Für seinen späteren Beruf war es sicher auch unerheblich, dass es ihm in
den musischen Fächern zur Gänze an Begabung gemangelt hatte.
    Nach seiner Ausbildung an der Polizeiakademie in Hannoversch Münden
und einem Jahr bei der Landesbereitschaftspolizei war Schwarczer für zwölf
Monate im Wach- und Wechseldienst beim Polizeikommissariat Seelze eingesetzt
gewesen, bevor er zur Kriminalpolizei wechselte und hier in das Dezernat 27 des Landeskriminalamts, das
Spezialeinsatzkommando – SEK –,
übernommen wurde. Schwarczer schien seinen Beruf mit Begeisterung und Sorgfalt
auszuüben. Er hatte durchweg positive bis gute Beurteilungen. Fraukes Finger
blieb beim Durchblättern an den Bestätigungen über erfolgreiche Kursteilnahmen
und Fortbildungen haften. Immerhin schien der Kommissar ein besonderes Talent
beim Schießen zu haben, eine Gabe, die Frauke nicht als oberstes Kriterium bei
Polizeibeamten schätzte. Daneben hatte er eine Reihe von Spezialausbildungen
besucht, die typisch für die Verwendung in Spezialeinheiten
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