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Der Teufel und die Lady

Der Teufel und die Lady

Titel: Der Teufel und die Lady
Autoren: Lynsay Sands
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in nächster Zeit beim Schlafen sorgsam betten. Zudem habt Ihr nach dem Sturz kurz das Bewusstsein verloren.«
    »Mir geht es gut«, wiederholte der Mann mit rauer Stimme.
    »Das möchte ich gerne selbst beurteilen«, erwiderte Evelinde, ließ Ladys Zügel fallen und ging in Richtung Ufer. Dort kniete sie nieder, suchte an dem Rock des Gewandes, das sie in der Hand hielt, nach einer sauberen Stelle und tauchte diese ins Wasser. Sie hatte gehofft, dass der Wind ihr Gewand trocknen würde – deshalb war sie immer hin und her geritten, das Kleid über ihrem Kopf schwingend. Wahrscheinlich hätte sie mehr Erfolg damit gehabt, wenn sie Lady einfach zu einem weiteren halsbrecherischen Rennen querfeldein angetrieben hätte, aber sie hatte nicht dabei gesehen werden wollen, wie sie mit nichts als einem Unterkleid am Leibe durch d’Aumesbery galoppierte. Die Wiese war von Bäumen gesäumt, und so hatte sie gehofft, dass sie ihr Kleid ohne Zeugen würde trocknen können. Offenbar war ihr Plan nicht aufgegangen. Sie war nicht nur gesehen, sondern auch noch so erschreckt worden, dass sie beinahe vom Pferd gepurzelt wäre. Und ihr Kleid war nach wie vor nass.
    Evelinde verzog das Gesicht und stand auf, das nun wieder triefende Kleid in den Händen. Sie wandte sich nach dem Schotten um, stockte und starrte. Der Mann hatte seine Stiefel ausgezogen und stand vornübergebeugt bis zu den Knien im Fluss, den Kopf unter dem Wasserfall.
    »Nun sieh sich einer das an«, murmelte Evelinde und wünschte, sie hätte den gleichen Einfall gehabt, bevor sie erneut ihr Kleid durchtränkte. Seufzend breitete sie das Gewand auf dem Findling aus, auf dem sie zuvor gesessen hatte, und ging dann über die Lichtung zum Ufer am Wasserfall hinüber, wo der Duncan sich unter dem niederprasselnden Nass das Blut abspülte.
    »Kommt, lasst mich einmal sehen«, forderte Evelinde ihn auf, als der Schotte sich aufrichtete, sich das Haar aus dem Gesicht strich und in Richtung Ufer watete.
    Der Mann hob angesichts des Befehlstons eine Braue, blieb aber gehorsam vor ihr stehen und wandte sich um. Evelinde starrte auf den breiten Rücken, der wie eine Mauer vor ihr aufragte, und verdrehte die Augen. Der Duncan war fast einen Fuß größer als sie. Evelinde erkannte gar nichts.
    »Ihr werdet Euch schon setzen müssen«, sagte sie, ergriff seine Hand und führte ihn zu einem umgestürzten Baumstamm am Rande der Lichtung. Dort drückte sie ihn nieder, trat zwischen seine Beine und nahm seinen Kopf in beide Hände, um ihn nach vorn zu neigen und den hinteren Teil sehen zu können. Mit Mildredes Hilfe hatte sie sich nach dem Tod ihrer Mutter um die Verwundeten und Kranken auf d’Aumesbery gekümmert. Das war keine Aufgabe, die Edda für sich beansprucht hatte, als sie die neue Herrin von d’Aumesbery wurde, und daher hatte Evelinde sie weiterhin versehen und war es somit gewohnt, erwachsene Soldaten herumzukommandieren, als wären sie Kinder. Und um die Wahrheit zu sagen, hatte sie die Erfahrung gemacht, dass Männer sich wie eben solche verhielten, wenn sie verletzt oder krank waren. Ja im Grunde waren sie unerträglicher als jedes Kind, wenn es ihnen schlecht ging.
    »Hmm«, machte sie, während sie die aufgeschürfte Stelle begutachtete. Diese blutete immer noch, aber Kopfverletzungen bluteten meist stark, und diese hier war mehr ein Kratzer als eine tiefe Wunde. »Scheint nicht allzu schlimm zu sein.«
    »Ich habe Euch ja gesagt, mir geht es gut«, knurrte der Duncan und hob den Kopf.
    »Ihr habt aber das Bewusstsein verloren, Sir«, erwiderte Evelinde gereizt. »Lasst mich Eure Augen sehen.«
    Er hob den Kopf, und Evelinde umschloss seine Wangen mit den Händen und sah ihm in die Augen. Ihr fiel nichts Außergewöhnliches auf – bis auf die Augen selbst, die außergewöhnlich schön waren, groß und von einem satten Braun, so dunkel, dass sie fast schwarz schienen. Lange dunkle Wimpern rahmten diese Augen ein. Das übrige Gesicht war dagegen kantig und scharf geschnitten, die Nase pfeilgerade. Und seine Lippen …
    Evelinde ließ ihre Augen dort verharren. Sie bemerkte, dass seine Oberlippe schmal war, seine Unterlippe dagegen voll. Sie wirkte, als würde sie sich weich anfühlen, wenn man sie berührte. Ohne nachzudenken und von Neugier übermannt, rieb Evelinde mit dem Daumen über die üppig gerundete Oberfläche und stellte fest, dass diese in der Tat weich war. Dann ging ihr auf, was sie getan hatte. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und
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