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Der Teratologe (German Edition)

Der Teratologe (German Edition)

Titel: Der Teratologe (German Edition)
Autoren: Wrath James White , Edward Lee
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ihr heruntergefallen? Aber er kam nicht wieder nach oben. Sharon blieb keine Zeit, sich großartig darüber zu wundern. Stattdessen sog sie instinktiv die frische Luft ein, von der ihr Mund und ihre Nase nicht länger abgeschottet waren.
    Hatte sie da nicht gerade einen Schatten bemerkt, der links an ihrem Körper vorbeistreifte?
    Phil war wieder auf den Beinen und wischte sich den Mund ab. »Louie? Wo bist du hin?«
    Schnapp!
    Klick!
    Phil stürzte zu Boden. Auch er verschwand.
    Die netteste Stimme, die Sharon jemals gehört hatte, sprach lockend zu ihr. Auch wenn sie den Unterschied nicht erkennen konnte, so rollten die Wörter doch in einem sanften, artikulierten britischen Akzent.
    Die Stimme sagte Folgendes:
    »Hallo. Du musst Sharon sein. Ich habe diese bösen Männer an ihrem perversen Treiben gehindert. Ich möchte dich gerne von diesem Ort wegbringen. An einen Platz, wo man es besser mit dir meint. Wo du gewaschen wirst, man sich um dich kümmert und du gutes Essen bekommst. Würde dir das gefallen, Sharon? Möchtest du mich zu diesem schöneren Ort begleiten?«
    Sharon konnte natürlich nicht antworten, aber als Reaktion auf diese Frage ging ein Beben durch ihren geschundenen Körper. Ja, ja, ja!, dachte sie. Mehr als alles andere in der Welt wünschte sie sich, diese Anstalt zu verlassen und irgendwohin zu kommen, wo es sich besser leben ließ.
    »Hier. Lass mich dir helfen. Ich bringe dich jetzt sofort weg von hier.«
    Hände berührten sie, starke Arme glitten unter ihren Rücken und ihre Schenkel. Sie wurde hochgehoben und dann sehr behutsam in einen Rollstuhl gesetzt.
    »Wir sind schon unterwegs. Ich verspreche dir, dass es dir dort, wo ich dich hinbringen werde, sehr gefallen wird.«
    Sie rollte durch die Dunkelheit davon. Die Tür schwang auf und Sharon wurde hinaus in den Flur geschoben. Ihn bekam sie nur sehr selten zu Gesicht. Er war hell erleuchtet und völlig verlassen. Ihr entstellter Kopf kippte zur Seite und hinterließ einen Sabberfaden. Es machte Spaß, so durch die Gegend gerollt zu werden.
    Ab und zu schoben sich Schemen in ihr Blickfeld. Eine Schwester, dann ein Doktor, dann ein Praktikant. Ein Hausmeister, eine weitere Schwester, ein Wachmann. Sie alle lagen bewegungslos auf dem Boden. Hinter jedem ihrer Köpfe erblühte ein Heiligenschein aus Blut, glänzend und nassrot. Sharon war gleichermaßen aufgeregt, verwirrt und geistig überfordert mit dem, was sie sah. Einem aufmerksameren Beobachter wäre nicht entgangen, dass jemand all diese Menschen erschossen hatte. In jedem Schädel steckte eine kleinkalibrige Kugel.
    »Ich habe einen schönen, großen und bequemen Van, der draußen auf uns wartet, Sharon«, konnte sie den britischen Mann in ihrem Rücken hören. »Es ist sogar ein Fernseher eingebaut. Wir können uns ansehen, was immer du möchtest. Hättest du Spaß daran?
    Oh ja, ja, ja, ja!, dachte Sharons fehlgezündetes Gehirn.
    Der Rollstuhl kam zum Stehen. Sie hörte, wie eine Tür vor ihr geöffnet wurde. Der Kopf fiel nach unten – sie besaß so gut wie keine Kontrolle über ihre Nackenmuskulatur, also konnte sie ihn nicht koordiniert bewegen. Was war passiert? Eine andere Stimme, nicht die des Briten:
    »Hey! Du!«
    Sharon versuchte, mit ihren Augen etwas zu erkennen, verdrehte sie in ihren Höhlen unnatürlich weit nach vorne und dann etwas nach rechts. Am Ende des Flurs stand einer der Wachmänner aus dem Heim.
    »Die Besuchszeit ist vorbei …« Sein Einwand brach ab, als er die Leichen im Flur liegen sah.
    »Ich bin nicht zu Besuch hier, mein Freund«, meldete sich die britische Stimme zu Wort. »Ich entführe diese Patientin aus der Intensivstation. Und ja, ich bin offensichtlich dafür verantwortlich, dass diese Mitarbeiter alle tot auf dem Flur liegen.«
    Die Hand des netten Mannes schoss nach oben, hielt etwas umklammert. Sharon konnte die Einzelheiten nur anhand der wenigen Krimis erahnen, die sie im Fernsehen gesehen hatte. Natürlich wusste sie nicht, dass dieser Mann mit dem wohlklingenden Akzent eine Walther PPK in den Händen hielt. Das Modell M9 SD mit aufgeschraubtem 40-dB-Schalldämpfer genau genommen. Dann ertönte ein:
    Schnapp!
    … als der Lauf der zierlichen Pistole nach oben ruckte, dann ein:
    Klick!
    … als eine verbrauchte Messingpatronenhülse mit Kaliber 380 heraussprang und auf den Boden klirrte. Es gab ein weiteres Geräusch. Das Unterschallhohlspitzgeschoss traf den Wachmann mit voller Wucht in den Nasenrücken. Er ging zu Boden wie eine Ente
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