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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Autoren: Alexander Lohmann
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wo ihre Türme einst gestanden hatten.
    Bleidan sprach von anderen Dingen.
    »War deine Tante nicht Daugrula, die erste Zofe der Herrin? Damit hast du eine Verbindung zum Hof.«
    Frafa nickte eifrig. »Ich wollte bei meiner Tante lernen. Aber sie war zu beschäftigt und hat mich zu Aldungan geschickt. Ich folge dem Weg des Lebens, so wie sie, und ich wollte bei der Besten lernen. Man sagt, Daugrula war so mächtig, dass selbst die Bäume respektvoll zur Seite traten, wenn sie durch einen Wald wanderte.«
    Bleidan lachte. »Sie wird nicht oft einen Wald gesehen haben, hier in Daugazburg. Aber ich kann dir versichern, Aldungan ist auch ein fähiger Lehrherr. Deine Tante hat dich gut untergebracht.«
    »Aber meine Tante war im Palast, und Aldungan sitzt die ganze Zeit im Turm. Keiner von den Mächtigen spricht mit ihm.«
    »Und er nicht mit ihnen.« Bleidan seufzte. »Es ist nicht so, dass die Mächtigen ihn nicht achten. Aldungan selbst ist es, der sich von den Umtrieben bei Hofe fernhält. Er will seine Zeit nicht mit Gesprächen und Intrigen verschwenden, sondern alle Kraft auf seine Forschung richten. Womöglich ist das auch besser so. Ich glaube nicht, dass er in der Politik viel Neues beitragen kann. Aber wenn du Magie lernen möchtest, bist du bei Aldungan am richtigen Ort.«
    Frafa wollte nicht über den alten Aldungan reden. Sie bekam ihn ohnehin kaum zu sehen, obwohl sie seine Schülerin war. »Und was wolltet Ihr auf dem Drauzwinkel?«, fragte sie Bleidan.
    »Vermutlich dasselbe wie du«, sagte Bleidan. »Dabei sein und sehen, was geschieht. Vielleicht etwas lernen.«
    »Was könntet Ihr an diesem Ort schon lernen?«
    »Die Stimmung im Volk beispielsweise.«
    Frafa war enttäuscht. Sie verstand immer weniger, was Bleidan auf dem Platz gewollt hatte. Sie selbst war ja nur zufällig dorthin gelangt, aber das konnte sie unmöglich zugeben.
    »Es ging um die Hinrichtung eines Gnoms!«, sagte sie. »Auf dem Platz standen viele Gnome. Und Menschen. Wen kümmert deren Stimmung?«
    »Du weißt nicht, was für ein Gnom das war?« Bleidan klang enttäuscht, und Frafa schüttelte stumm den Kopf. Sie umklammerte den Becher, erinnerte sich erst jetzt wieder an das Getränk und nahm einen Schluck. Es schmeckte bitter und süß zugleich, mit einem Hauch von Schärfe darin.
    Im ersten Moment verzog Frafa das Gesicht, aber je länger der Geschmack in ihrem Mund blieb, umso angenehmer wurde er. Neugierig tastete sie mit der Zunge danach und nahm einen weiteren Schluck, fast wie unter einem Zwang.
    »Was ist das?«, fragte sie Bleidan und wies auf die Tasse.
    Der hatte soeben die Hand erhoben und den Mund geöffnet, als wolle er weiterreden. Nun hielt er überrascht inne, dann lächelte er. »Xotocl«, sagte er. »Die menschlichen Verbündeten aus dem Süden haben es mitgebracht, als sie Leuchmadans Ruf folgten. Ein stärkender Trank ist es bei ihnen, so bitter wie Medizin. Aber wir Nachtalben fanden heraus, dass es mit den richtigen Gewürzen verfeinert ganz einzigartig schmecken kann. Es hat sich in den letzten zwanzig Jahren überall in Daugazburg verbreitet.«
    Er winkte der grünhaarigen Wirtin zu. Die stand hinter der Theke und rührte Pulver in dampfendes Wasser ein. Sie lächelte zu ihnen herüber und erwiderte Bleidans Geste.
    »Viele Xotoc-Stuben haben seither eröffnet«, fuhr Bleidan fort. »Litiz hier findet für meinen Geschmack die interessantesten Mischungen. Und sie hat ein gutes Gespür dafür, was ihren Gästen munden könnte. Du warst noch nie an so einem Ort? Sie sind beliebt bei jungen Alben.«
    Frafa schüttelte den Kopf. »Ich komme selten aus dem Turm«, sagte sie verlegen. »Ich muss viel lesen«, fügte sie hinzu.
    »Aus den Büchern wirst du nicht erfahren, was heutzutage in Daugazburg vorgeht«, erwiderte Bleidan. »Zum Beispiel dieser Gnom, der verbannt wurde. Das war Wito, einer von jenen Kundschaftern, die bei der letzten Unternehmung deiner Tante dabei waren.«
    »Als Leuchmadans Herz verloren ging?«, fragte Frafa.
    »Wito der Gnom brachte Geliuna das Kästchen, und seitdem hatte er eine Stellung bei Hofe.«
    »Und meine Tante starb und hinterließ mir nichts weiter als einen lebenden Lederschlauch.« Frafas Stimme klang bitter. »Was will ein Gnom am Hof?«
    »Dieser Gnom setzte sich dafür ein, dass sein Volk bei Hofe keine Kuriosität mehr bleibt«, sagte Bleidan. »Er wollte Veränderungen. Posten sollten an alle Völker gleichmäßig vergeben werden. Geliuna sollte die Macht von
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