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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen
Autoren: Bernard Werber
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Entschlüsselung des Pheromons wieder auf.
    Am östlichen Ende der Welt gibt es Herden von tausendfach riesigen Tieren. Die Ameisenmythen beschreiben sie mit dichterischen Worten. Sie übersteigen jedoch jegliche Dichtung.
    Die Ammen erzählen uns von ihrer Existenz, um uns mit Schreckensgeschichten zum Schaudern zu bringen. Sie übersteigen jeglichen Schrecken.
    Bis dahin hatte ich diesen Geschichten von riesenhaften Ungeheuern nicht viel Glauben geschenkt, von Wächtern des Endes des Planeten, die in Fünferherden lebten. Ich glaubte, es handele sich nur um Märchen für jungfräuliche und unbedarfte Prinzessinnen.
    Jetzt weiß ich, daß es SIE gibt.
    SIE waren für die Zerstörung der ersten Jagdexpedition verantwortlich.
    SIE haben die Gase verströmt, die die Termitenstadt vergiftet haben.
    SIE haben die Feuersbrunst gelegt, die Bel-o-kan verwüstet und meine Mutter getötet hat.
    SIE: die FINGER.
    Ich wollte sie übersehen. Aber jetzt kann ich es nicht mehr.
    Überall im Wald stößt man auf ihre Anwesenheit.
    Jeden Tag bestätigen die Berichte der Kundschafterinnen, daß sie sich ein Stück weiter unserer Welt nähern und sehr gefährlich sind.
    Daher habe ich heute die Entscheidung getroffen, die Meinen davon zu überzeugen, einen Feldzug gegen die FINGER zu führen. Es wird eine große bewaffnete Expedition werden, um alle FINGER des Planeten auszurotten, solange es noch Zeit ist.
    Die Botschaft ist so verblüffend, daß sie ein paar Sekunden brauchen, um sie zu verarbeiten. Die drei Spioninnen wollten es wissen. Na schön, jetzt wissen sie es!
    Ein Feldzug gegen die Finger.
    Es gilt, die anderen um jeden Preis zu warnen. Wenn sie nur noch ein wenig mehr davon erfahren könnten. Gemeinsam tauchen sie ihre Antennen wieder ein.
    Um diesen Ungeheuern den Garaus zu machen, schlage ich vor, daß der Feldzug von dreiundzwanzig Legionen Angriffs-infanterie, vierzehn Legionen leichter Artillerie, fünfundvierzig Legionen Nahkampftruppen für jedes Gelände, neunundzwanzig Legionen …
    Noch ein Geräusch. Diesmal besteht kein Zweifel mehr.
    Unter einer Kralle knirscht trockene Erde. Die drei Eindringlinge heben ihre Hinterleiber noch voller geheimer Informationen. Alles ist zu leicht gewesen. Sie sind in eine Falle gelaufen. Sie sind davon überzeugt, daß man sie in die Chemische Bibliothek nur hat vordringen lassen, um sie besser entlarven zu können.
    Ihre Beine knicken sprungbereit ein. Zu spät. Die anderen sind da. Die Rebellinnen haben gerade noch Zeit, die Schale mit dem kostbaren Gedächtnispheromon an sich zu reißen und durch einen Quergang zu fliehen.
    In der belokanischen Duftsprache wird Alarm geschlagen. Es handelt sich um ein Pheromon, dessen chemische Formel »C8-H18-O« lautet. Die Reaktion erfolgt unmittelbar. Schon ist das Aneinanderreihen der Beine Hunderter von Kriegerinnen zu hören.
    Die Eindringlinge flüchten mit dem Bauch am Boden. Es wäre zu schade, jetzt zu sterben, wo sie als einzige Rebellinnen in die Chemische Bibliothek vorgedrungen sind und mit Erfolg das vermutlich wichtigste Pheromon der Königin Chli-pu-ni entschlüsselt haben!
    Verfolgungsjagd durch die Gänge der Stadt. Die Ameisen laufen so schnell, daß sie wie bei einer Bobrallye in Spiralen durch die Tunnelröhre kreisen.
    Manchmal sprinten sie, anstatt sich wiederaufzurichten, einfach an der Decke weiter. Allerdings sind die Begriffe oben und unten in einem Ameisenhaufen relativ. Mit Krallen kann man überall laufen und sogar rennen.
    Wie sechsbeinige Rennwagen rasen sie mit atemberaubender Geschwindigkeit dahin. Hie und da bricht der Stollen ein.
    Es geht auf und ab und rundherum. Flüchtende und Verfolgerinnen springen über einen Abgrund. Alle kommen knapp hinüber, bis auf eine, die strauchelt und abstürzt.
    Vor der ersten Rebellin taucht ein schimmernder Schutzschild auf. Sie hat keine Zeit zu begreifen, was ihr geschieht. Unter dem Schutzschild richtet sich die Spitze eines Hinterleibs voller Ameisensäure auf. Der kochendheiße Strahl verwandelt die Ameise sogleich in weichen Brei. Die zweite Rebellin macht entsetzt kehrt und stürzt sich in einen Seitengang.
    Verteilen wir uns! brüllt sie in ihrer Geruchssprache. Ihre sechs Beine wühlen sich tief in den Boden – das kostet Energie. Eine Soldatin erscheint an ihrer linken Flanke. Beide laufen so schnell, daß die Kriegerin ihre Beute weder mit ihren Kieferzangen, den Mandibeln, zu fassen bekommt noch einen gezielten Säurestrahl auf sie richten kann. Darum
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