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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen
Autoren: Bernard Werber
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rammt sie sie und versucht, sie gegen die Wand zu drängen.
    Mit einem dumpfen Geräusch prallen die Panzer gegeneinander. Die beiden Ameisen, die mit über 0,1 km/h durch die engen Gänge schießen, stecken beide harte Schläge ein. Sie versuchen einander Krallenhiebe zu versetzen. Sie stechen sich mit den Kiefernzangen.
    Sie rasen mit solcher Geschwindigkeit, daß keine bemerkt, wie der Gang sich weiter verengt und zu einer Tunnelröhre wird, in der die Gejagte und ihre Verfolgerin kollidieren. Die beiden Boliden explodieren und im weiten Umkreis fliegen Chitinfetzen herum.
    Die dritte Rebellin prescht kopfüber an der Decke entlang.
    Eine Artilleristin nimmt sie aufs Korn und zerschmettert mit einem gezielten Schuß ihr rechtes Hinterbein. Unter dem Schock läßt die Spionin das Ei fallen, in welchem das Gedächtnispheromon der Königin enthalten ist.
    Eine Wache klaubt das unschätzbare Objekt auf.
    Eine andere feuert zehn Tropfen Säure ab und verflüssigt eine Antenne der Überlebenden. Die Wucht der Salve beschädigt die Decke, und deren Trümmer blockieren vorübergehend den Durchgang.
    Die kleine Rebellin kann einen Moment Atem holen, aber sie weiß, daß sie nicht weit kommen kann. Nicht nur, daß sie ein Bein und eine Antenne eingebüßt hat, die Wachen dürften mittlerweile sämtliche Ausgänge versperrt haben.
    Schon sind die Soldatinnen hinter ihr. Säurestrahlen werden abgefeuert. Sie verliert ein weiteres Bein, diesmal vorne.
    Trotzdem läuft sie mit ihren vier übrigen weiter und schafft es, sich in eine Nische des Gangs zu ducken.
    Eine Wache zielt auf sie, doch auch die Verletzte verfügt noch über Säure. Sie schwenkt den Hinterleib, geht schnell in Schußposition und feuert auf die Kriegerin. Volltreffer! Die andere war weniger geschickt, sie hat ihr nur das mittlere linke Bein abgetrennt. Nun bleiben ihr nur noch drei. Die letzte der Spioninnen humpelt keuchend weiter. Um jeden Preis muß sie diesem Hinterhalt entkommen und die übrigen Rebellinnen vor dem Kreuzzug gegen die Finger warnen.
    Sie ist dort entlang, dort, sendet eine Soldatin, die den verkohlten Kadaver der Duellentin gefunden hat.
    Wie kann sie von hier entkommen? Die Flüchtige gräbt sich, so gut sie kann, in die Decke ein. Die anderen dürften kaum daran denken, nach oben zu schauen.
    Die Decke ist zweifellos der ideale Ort für einen improvisierten Unterschlupf.
    Die Wachen entdecken sie erst bei ihrem zweiten Durchgang, als eine von ihnen etwas von oben herunterträufeln sieht. Das durchsichtige Blut der Rebellin!
    Verfluchte Schwerkraft!
    Die dritte Rebellin läßt sich zwischen das Geröll fallen und schlägt mit ihren verbliebenen Beinen und ihrer einzigen noch brauchbaren Antenne um sich. Eine Soldatin packt ein Bein von ihr und dreht es so lange, bis es abbricht. Eine andere durchbohrt ihr den Brustkasten mit der Spitze ihres säbel-förmigen Kiefers. Trotzdem reißt sie sich los. Noch bleiben ihr zwei Beine, um sich hinkend davonzuschleppen. Aber ein endgültiges Entkommen gibt es nicht. Aus einer Mauer kommt eine lange Kieferzange hervor und trennt ihr mitten im Lauf den Kopf ab. Der Schädel springt auf und rollt den abschüssigen Gang hinunter.
    Der Rest des Körpers schafft noch etwa zehn Schritte, ehe er langsamer wird, innehält und schließlich zusammenbricht. Die Wachen sammeln die Stücke ein und werfen sie auf den Schuttplatz der Stadt, zu den Hüllen ihrer beiden Spießgesellinnen.
    So geht’s denen, die zu neugierig sind!
    Sie lassen die Leichen zurück wie drei Marionetten, die unglücklicherweise vor Beginn einer Vorstellung kaputt-gegangen sind.

5. ES GEHT LOS
    In der Zeitung Sonntagsecho:
    MYSTERIÖSER DREIFACHMORD IN DER RUE DE LA FAISANDERIE
    Am Donnerstag wurden in einem Wohnhaus in der Rue de la Faisanderie in Fontainebleau drei Leichen entdeckt. Die Gründe für den Tod von Sébastien, Pierre und Antoine Salta, drei Brüdern, die zusammenwohnten, sind unbekannt. Das Viertel gilt gemeinhin als sicher. Geld oder Wertgegenstände wurden nicht geraubt, Einbruchsspuren waren nicht festzustellen. Bisher wurde auch keine Waffe gefunden, die bei dem Verbrechen hätte benutzt werden können.
    Die voraussichtlich heiklen Untersuchungen wurden dem berühmten Kommissar Jacques Méliès von der Kriminalpolizei Fontainebleau anvertraut. Diese seltsame Geschichte könnte für die Fans von Krimirätseln zum Thriller des Sommers werden. Der Mörder wird sich in acht nehmen müssen. L. W.
     

6.
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