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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi
Autoren: Jon Land
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mich behandelt«, sagte Blaine zu ihr. »Ich war hier schon mal Gast. Die Gesellschaft hat mir nicht gepaßt. Und die Company auch nicht.«
    »Die Zeiten ändern sich.«
    »Eigentlich nicht. Aber Menschen ändern sich, und vielleicht hat sich der Kreis wieder einmal geschlossen. Es kommt nicht darauf an, mit wem man auf die Tanzparty geht, Kris, sondern mit wem man anschließend nach Hause geht.«
    Sie sah auf ihr bandagiertes Bein hinab. »Ich werde in nächster Zeit auf keine Tanzparty gehen können.«
    »Dann müssen wir uns für die Zwischenzeit eine andere Freizeitbeschäftigung suchen.«
    Er zog ihren Kopf zu sich heran und küßte sie.
    »Suchst du etwas, Indianer?«
    McCracken blieb einen Meter hinter Johnny Wareagle stehen, der eine der schwarzen Gedenktafeln am Mahnmal für die Vietnamveteranen studierte.
    »Die fehlenden Namen der Männer, die mit uns gedient haben«, sagte Johnny, ohne sich umzudrehen. Eine Schlinge, die er schon gar nicht mehr benutzte, hing von seiner verletzten rechten Schulter. »Ich stand hier und habe mir vorgestellt, daß ihre Namen zusammen mit den anderen eingraviert wären, Blainey.« Schließlich drehte er sich ein Stück um. »Die Vorstellung hat mir gefallen.«
    »Auch du hast noch einige Gefälligkeiten zu erwarten, Indianer.«
    Wareagle sah wieder auf das Mahnmal. »Werde ich damit erreichen können, daß sie die Namen hinzufügen, Blainey?«
    »Vielleicht. Die Leute hier in der Hauptstadt sind zur Zeit gerade in recht großmütiger Stimmung. Seit Samstag nacht sehen sie verschiedene Dinge etwas anders.«
    Die Atomsprengköpfe, die Wareagle vor Traggeos Zugriff geschützt hatte, befanden sich immer noch unter schwerer Bewachung in der verlassenen Mine in Colorado. Es gab keine Möglichkeit, die grünen Container zu bergen, die das Pfadfinderfähnlein zusammen mit ihm ausgeladen hatte, bis ein erneuter Frühlingseinbruch den Schnee abtauen ließ und den Bergpaß für Transportlaster sicher machte. Vielleicht morgen oder übermorgen.
    Wareagle sah McCracken skeptisch an. »Blicken diese Leute durch deine Augen, Blainey, oder blickst du durch ihre?« Er verstummte und trat einen Schritt vom Mahnmal zurück. »Vor Jahren haben wir uns gleichzeitig, aber unabhängig voneinander von ihnen getrennt, weil wir zu der Überzeugung gelangten, daß wir Außenseiter sind. Aber wir haben uns getäuscht, weil wir zu nahe am Mittelpunkt standen, um unsere wahre Stellung zu denen zu erkennen, die uns verachteten. Sie waren die eigentlichen Außenseiter. Doch das erkennen sie nicht, weil sich aus ihrer Perspektive gesehen alles um sie dreht.«
    »Die Schlacht von Washington könnte ihre Perspektive erweitert haben.«
    »Nur für kurze Zeit, Blainey. Nutze sie, solange sie anhält.«
    »Das habe ich vor, Indianer.«
    Es begann mit einem Kurssturz um neunzehn Punkte an einem einzigen Tag an der Wall Street, der durch Gerüchte über eine bevorstehende Ermittlung von Betrugsversuchen bei Regierungsverträgen ausgelöst wurde. Das Finanzamt gab eine Stellungnahme heraus. Das Justizministerium hatte ein Großes Geschworenengericht einberufen. Innerhalb von nur achtundvierzig Stunden befanden sich die Dodd Industries und ihre vielen Unterabteilungen am Rand des Bankrotts, als Panikverkäufe die Märkte auf der ganzen Welt erschütterten.
    An den Docks des Landes weigerten sich die Hafenarbeiter, irgendeinen Dodd-Frachter zu be- oder entladen. Das internationale Frachtgeschäft der Dodd Industries stockte, als ihre Jets keine Starterlaubnis für Flüge nach Sydney, Tokio oder London mehr erhielten. Ein Streik legte die Industrie- und Produktionsanlagen der Firmengruppe lahm. Gleichzeitig erschienen auf den Titelseiten aller wichtigen Zeitungen des Landes lange Listen mit den Bestechungsgeldern, die Sam Jack Dodd gezahlt hatte, um sein Imperium ausbauen zu können. Anklage war erhoben worden.
    Das war nur der Anfang. Und das Ende.
    Samuel Jackson Dodd würde niemals wegen Hochverrats vor Gericht kommen. Die sorgfältig dosierten Gerüchte über seine Beteiligung an der geplanten Zerstörung Washingtons genügten bereits, auch wenn die Wahrheit über seine Vergangenheit nicht plötzlich ans Licht gekommen wäre.
    Mit Genehmigung und Unterstützung des Weißen Hauses hatte Blaine McCracken seinen Plan in die Wege geleitet, indem er stille Besuche bei verschiedenen Angehörigen der richtigen Gewerkschaften, Börsenhändler und Regierungsbehörden machte. Niemand erfuhr die ganze Wahrheit, aber alle
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