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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb
Autoren: Jack Higgins
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er. Ein Mr. Jackson von der Chicago District Land Company. Er ist nur zufällig in Huntsville und läßt fragen, ob Sie ein paar Minuten für ihn erübrigen können.«
     »Ein Mann mit Geld?«
     »Bestimmt, Mr. Harvey.«
     »Okay, Marion. Führen Sie ihn herein, lassen Sie ihm fünf Minuten Zeit und kommen Sie dann zurück, um mich an einen anderen Termin zu erinnern.«
     Sie verschwand und kam Sekunden später mit Dillinger zu­ rück. Er hatte den gelben Regenmantel über dem Arm, und Marion nahm ihn ihm ab.
     »Ich hänge ihn Ihnen auf, Mr. Jackson.«
     »Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen.«
     Sie spürte einen unerklärlichen Schauder, als sie hinausging und die Tür hinter sich schloß, während Dillinger sich an Harvey wandte.
     »Ich danke Ihnen, daß Sie sich die Zeit genommen haben, mich zu empfangen, Mr. Harvey.«
     Harvey begutachtete den eleganten Anzug, die dezent gemu­ sterte Krawatte und das Hemd mit weichem Kragen, wie es der neuesten Mode entsprach, und stand auf.
     »Dazu sind wir hier, Mr. Jackson. Bitte, nehmen Sie Platz und sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann. Sie sind in der Immobilienbranche?«
     »Ganz recht. Chicago District Land Company. Wir suchen in Ihrer Gegend Farmland – geeignetes Farmland. Unsere Kun­ den, eine Gruppe von Geldgebern, die wir in diesem Fall vertreten, möchten Landwirtschaft nach modernsten Methoden betreiben. Das lohnt sich allerdings nur bei entsprechenden Betriebsgrößen. Sie wissen wohl, was ich meine?«
     »Genau!« Harvey klappte die Zigarrenkiste auf seinem Schreibtisch auf und bot dem Besucher eine Havanna an. »Sie werden bald feststellen, daß Sie hier am rechten Ort sind, Mr. Jackson.«
     »Das freut mich.« Dillinger nahm die angebotene Zigarre und beugte sich nach vorn, damit Harvey ihm Feuer geben konnte.
     Der Bankdirektor runzelte die Stirn. »Wissen Sie, ich könnte beschwören, Sie schon irgendwo gesehen zu haben, Mr. Jackson.«
     »Durchaus möglich«, bestätigte Dillinger. »Ich bin viel un­ terwegs. Aber kommen wir doch zur Sache. Ich brauche hier eine Bank.«
     »Zum Beispiel unsere.«
     »Gut, dann möchte ich jetzt etwas abheben.«
     »Etwas abheben?« Harvey schüttelte verwirrt den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
     »Doch, doch!« versicherte Dillinger ihm. »Zwölftausend Dollar müßten reichen, wenn ich meine Spesen und alles andere berücksichtige.«
     »Aber Sie können doch nichts abheben, wenn Sie noch gar nichts eingezahlt haben, Mr. Jackson«, erklärte Harvey ihm geduldig.
     »Wirklich nicht?« fragte Dillinger. Er zog einen Colt Kaliber
    45 aus der Jackentasche und legte ihn vor sich auf die Schreib­ tischplatte.
     Harveys ganzes Gesicht schien aus der Form zu geraten. »O Gott!« flüsterte er. Dann wurde ihm endlich klar, wen er vor sich hatte. »Sie sind John Dillinger!«
     »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Dillinger ironisch. »Nachdem das erledigt ist, sehen Sie zu, daß die zwölf Mille schnellstens angeliefert werden, damit Sie und ich ‘ne kleine Spazierfahrt machen können.«
     Dillinger war aufgestanden, ging um den Schreibtisch herum und blieb so dicht neben Harvey stehen, daß dieser seinen Atem im Nacken spürte.
     Harvey war kein frommer Mann. Er ging sonntags in die Kirche, weil seine Kunden in die Kirche gingen. Aber in diesem Augenblick hoffte er, daß sein Schöpfer ihn im Auge behalten und beschützen würde.
    »Wollen … wollen Sie mich umbringen?« fragte er mit zit­
    ternder Stimme.
     »Sie bringen sich noch selbst um, Mr. Harvey, wenn Sie so weiterzittern.«
     Dann hörten sie, daß die Tür geöffnet wurde. Dillinger ent­ fernte sich mit zwei kurzen Schritten von Harvey, schob die Hand mit der Pistole unter seine Jacke und kehrte der Tür den Rücken zu, Sekunden später sagte Harveys Sekretärin: »Mr. Smith ist da, Mr. Harvey. Er ist für diese Zeit angemeldet.«
     Der Bankdirektor antwortete nicht gleich. Dillinger wartete, und Harvey holte tief Luft. »Entschuldigen Sie mich bei ihm, Marion. Er möchte morgen wiederkommen. Und sagen Sie Mr. Powell, daß er mir zwölftausend Dollar ins Büro bringen möchte.« Er sah zu Dillinger auf. »In Fünfzigern?«
     »Wunderbar«, bestätigte Dillinger freundlich.
     Die Sekretärin verschwand wieder. Dillinger steckte seine Pistole ein und griff nach der weggelegten Zigarre, ohne Harvey aus den Augen zu lassen. »Haben Sie eine Aktentasche zur Hand?«
     »Ja«, bestätigte Harvey mit heiserer
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