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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller
Autoren: John Katzenbach
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schwindelig fühlte, versetzte ihn in Erstaunen.
    Das Gewicht in seiner freien Hand erinnerte ihn daran, dass er immer noch den leeren Revolver hielt. Er legte sich mit dem Rücken auf die Wellen und erwog einen Moment, die Waffe einfach aus den Fingern in das schwarze Wasser gleiten zu lassen, doch er brachte es nicht über sich. Innerlich sagte er zu dem Revolver: Du hast getan, worum ich dich gebeten habe, und ich bin dir dankbar. Ich habe nichts anderes erwartet, und du hast etwas Besseres verdient. Ich weiß nur nicht, ob ich die Kraft habe, dich hochzuheben.
    Doch er versuchte es – beim ersten Mal vergeblich, doch beim zweiten Mal gelang es ihm, auch wenn er dabei ein wenig Salzwasser schluckte, die Waffe in sein Schulterholster zu stecken, was ihn mit großer Befriedigung erfüllte.
    Simon Winter holte tief Luft. Eine Hand presste er auf seine Wunde, und mit der anderen machte er einen einzigen kurzen Schwimmzug mit gestrecktem Arm.
    Er dachte, es wäre schön, am Strand zu sterben, festen Boden unter sich zu fühlen, wenn er aus dem Leben schied, so dass er sich – wenn schon allein – dem Tod Auge in Auge stellen konnte. Doch der ausgedehnte Sandstreifen war mehr als fünfzig Meter unerreichbar weit entfernt, und er spürte, wie ihn die Ebbe weiter von der Küste wegzog. Wieder glitt er mit dem freien Arm durchs Wasser, doch plötzlich erfasste ihn eine große Erschöpfung, und er sagte sich, dass nur wenige den Luxus genossen, sich den Ort des eigenen Todes aussuchen zu können, und er sich darüber keine Gedanken machen, sondern akzeptieren sollte, was die nächsten Minuten für ihn vorgesehen hatten.
    Während dieser Gedanke noch in seinem Kopf nachhallte, merkte er, wie sein Arm die Mattigkeit von der Verfolgungsjagd, dem Kampf und der Wunde überwand, und er gegen die Strömung ankämpfte.
    Darüber musste er schmunzeln.
    Ich war schon immer ein sturer Bock, dachte er. Ich war ein eigenwilliges Kind, dann ein eigenwilliger junger Mann, und mit den Jahren wurde ich ein sturer alter Esel. Das bin ich jetzt, und es ist nicht das Schlechteste, im Kampf zu sterben.
    Er schlug fest mit den Beinen aus und versuchte, sein letztes bisschen Kraft aufzubieten, um zu schwimmen. Er schnappte nach Luft und sah etwas, das ihn erstaunte und das vom Strand aus durch die graue Morgenstunde herüberdrang: Ein Lichtstrahl. Zuerst dachte er, es sei der Tod, der ihn holen wollte, doch dann merkte er, dass es nichts so Romantisches war, sondern etwas sehr Irdisches, das nach ihm suchte, und so hob er den freien Arm über die Wellen. Zuerst glitt der Strahl über ihm durch die Luft, dann endlich richtete er sich auf seine erhobene Hand.
     
    »Da!«, schrie Espy Martinez auf. »Gott, das ist er! Simon!«
    Sie brüllte zu dem alten Mann hinüber: »Simon! Wir sind da!«
    »Siehst du …«, fing Walter Robinson an, doch sie brachte den Satz für ihn zu Ende, »… nein, er ist allein.«
    Er reichte ihr den Scheinwerfer, legte die Waffe ab und zog in Windeseile die Jacke, Schuhe und Socken aus. »Richte das Licht auf ihn«, schärfte ihr Robinson ein. »Verlier ihn nicht aus den Augen.«
    Sie nickte und trat in das seichte Wasser, um dem alten Mann näher zu kommen, bis das tropische Wasser ihr um die Knie spülte. »Schnell, Walter«, drängte sie, »hilf ihm, schnell!«
    Doch die Aufforderung war überflüssig, denn der Detective warf sich schon kopfüber in die Brandung. Einen Moment lang verschwand er in einem Aufschäumen weißer Gischt und tauchte auf der anderen Seite eines Brechers wieder auf, wo seine Arme und Beine kraftvoll durch den Ozean pflügten.
    Sie hielt den Scheinwerfer unverwandt auf den alten Mann weit draußen vor der Küste gerichtet. Walter Robinsons dunkle Gestalt konnte sie nur vage ausmachen. Sie sah, wie Simon Winters ausgestreckte Hand schwankte und versank, auch wenn sie immer noch seinen weißen Schopf wie eine Schaumkrone auf den Wellen orten konnte. »Schnell, Walter, schnell!«, schrie sie, auch wenn sie nicht glaubte, dass ihre Stimme die Brandung übertönte. »Schwimm so schnell du kannst«, flüsterte sie. »Schwimm!«
     
    Er merkte, dass ihm der Sog der Ebbe half, von der Küste wegzukommen, doch er kannte die Tücken des Meers, denn was ihm jetzt nützte, würde sich gegen ihn wenden, hatte er erst den alten Detective erreicht. Er blieb die meiste Zeit mit dem Kopf im Wasser und tauchte nur zum Luftholen und zur Orientierung mit dem Gesicht auf. Sein Schwimmstil hatte nichts von
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