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Der Suender und die Lady

Der Suender und die Lady

Titel: Der Suender und die Lady
Autoren: Kasey Michaels
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Geschenk der Götter und der Grund dafür, dass Leticia sich nicht noch mehr als die gewohnte, ohnehin schon beträchtliche Menge Wein einverleibte.
    Die beiden Frauen führten ein vertrauliches Gespräch in Reginas Boudoir, abgesehen von Leticias Schlafzimmer dem einzigen Raum, den Reg Hackett nicht zu betreten wagte. Das letzte Mal, als er sein Mütchen kühlen wollte, ohne umständlich Heim und Herd verlassen und seine Geliebte in Picadilly aufsuchen zu müssen, hatte Lady Leticia eine kleine silberne Pistole unter ihrem Kissen hervorgeholt und ihm bemerkenswert treffsicher das linke Ohrläppchen abgeschossen. Wäre sie nüchtern gewesen, hätte sie ihn wahrscheinlich verfehlt.
    Das Schlafzimmer seiner Tochter betrat er nicht. Er, der seinen Verstand nur zum Lügen, Betrügen und Zusammenstehlen eines Vermögens benutzte und ansonsten nicht als sonderlich intelligent bezeichnet werden konnte, verstand immerhin, dass Regina ihn verachtete.
    Reg war es recht so. Seine Tochter betrachtete er als eine Art Handelsware, ähnlich einem sicher in die Docks von London gesegelten Schiff voll indischer Seide, die er zu überhöhten Preisen an Dummköpfe verkaufen würde. Genau darum geht es im Geschäftsleben. Man kauft zu einem bestimmten Preis ein und verkauft zu einem weit höheren Preis. Er hatte sich seine hochgeborene adlige Lady sozusagen eingekauft, und jetzt würde er ihren Nachwuchs an einen Titel verkaufen.
    Das Mädchen war recht hübsch, wenn es nur den Mund hielt, und Reg verlangte es danach, durch Heirat mit einer der ersten Familien Englands verwandt zu sein. Dem Himmel sei Dank, dass Regina nicht als Junge zur Welt gekommen war. Er hätte nicht gewusst, wie er einen Jungen in höhere Schichten als die, aus denen er selbst stammte, hätte verschachern sollen. Regina würde ihm einen Earl einbringen, mindestens, wenn schon ein Duke nicht infrage kam. Wenn man in der Gosse geboren ist und auf einen Earl zeigen und sagen kann „Das ist meiner“, dann ist das genauso gut wie zehntausend der bestnotierten Aktien an der Börse.
    Reg hatte recht, was das Aussehen seiner Tochter betraf. Sie schien völlig ohne sein Zutun entstanden zu sein, denn sie hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem Mann, der ihr Vater war, abgesehen von einem kleinen Mal links an der Oberlippe, direkt über dem Mundwinkel, was seiner Meinung nach sogar recht hübsch aussah. Ansonsten hatte sie das dunkelbraune, ins Rötliche gehende Haar ihrer Mutter, Augen so blau, dass sie Staunen erregten, und noch dramatischer wirkten durch die langen, geschwungenen schwarzen Wimpern und die schönen Bögen der Brauen über einer geraden Nase, so aristokratisch, dass die von Queen Charlotte im Vergleich dazu wie ein Plumpudding aussah.
    Oh ja, Regina war wirklich eine Schönheit. Unterkühlt wie ihre Mutter, wie nicht anders zu erwarten war. Solange sie nur brav die Schenkel zusammenpresste, bis Reg sie an einen Titel verscherbelt hatte, wollte er nicht mehr von ihr verlangen.
    „Dreh dich bitte mal um, Liebling“, sagte Lady Leticia und schwenkte ihr Weinglas ungefähr in die Richtung ihrer Tochter. „Es ist deine erste Saison. Da darf dein Ausschnitt nicht zu gewagt sein.“
    Regina warf einen Blick auf ihr Abbild im Spiegel, griff sich mit beiden Händen an den Ausschnitt und zog den Stoff höher. Ihrer Mutter, Gott segne sie, war die ziemlich große Oberweite ihrer Tochter seit jeher ein wenig peinlich. Sie war sogar so weit gegangen zu behaupten, es gehöre sich nicht für eine Dame und sei ein untrüglicher Hinweis auf Reginas von der Großmutter väterlicherseits ererbtes minderwertiges Blut.
    Regina hatte die Frau nie kennengelernt. Sie war vor Reginas Geburt gestorben, doch falls bei Regina irgendetwas nicht stimmte, fehlte oder zu viel war, konnte die Schuld immer ihrem Vater, ihrer Großmutter oder dem „minderwertigen Blut“ in die Schuhe geschoben werden. Als sie im Alter von fünf Jahren versehentlich eine der Lieblingsfigürchen ihrer Mutter zerbrach, hatte es sie zutiefst verwundert, dass diese ihre Ausrede „Ich war’s nicht; Großmutter Hackett war’s“ nicht akzeptierte.
    „Der Ausschnitt ist gut so, Mama“, sagte Regina, drehte sich um und tat ihr Bestes, um ihre Brust „einzuziehen“, indem sie die Schultern nach vorn bog. „Ich bin nahezu akzeptabel.“
    „Du bist ganz und gar akzeptabel“, verkündete Lady Leticia hitzig und nahm noch einen tiefen Zug aus ihrem Weinglas. „Sie müssen dich akzeptieren, sie haben gar
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