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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm
Autoren: Krystyna Kuhn
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lag.
    »Soll ich dir helfen?«, fragte Julia sanft.
    Er schüttelte den Kopf und versuchte so etwas wie ein Lächeln, was ihm schwerfiel. Der Verband an der rechten Hand sorgte dafür, dass sein Stresslevel den Höchststand erreichte.
    Der Spaten hatte das Band zwischen Daumen und Zeigefinger durchtrennt, eine Operation war nötig gewesen, er würde die Hand sechs Wochen lang nicht richtig bewegen können und hatte zwei Tage im Krankenhaus verbracht.
    Allein das wäre ein Grund gewesen, Forster den Tod zu wünschen, doch wenn er in sich hineinhörte, empfand er über die Nachricht keine Erleichterung, außer vielleicht darüber, dass er Debbies Reaktion nicht miterleben musste. Deborah Wilder war nach ihrer Zeugenaussage bei der Polizei von ihrem Stiefvater abgeholt und in eine Klinik gebracht worden. Chris hatte erst später verstanden, dass Debbie im Grunde genommen von Anfang an von Forster gewusst hatte – und davon, wie gefährlich er war. Laut ihrer Aussage hatte sie ihn in der Eingangshalle gesehen, als er gerade die Leiche von Ted zum Aufzug schleifte. Aber sie hatte nichts gesagt! Sie hatte in Kauf genommen, dass Julia etwas zustieß, und hatte nichts unternommen!
    Chris war heilfroh, dass sie wohl für längere Zeit nicht wieder zurück ans Grace kommen würde, denn er wusste, er würde für nichts garantieren können, wenn er sie wiedersah. Andererseits war es lediglich ein Gerücht, dass sie in der Klinik bleiben musste. Chris jedenfalls hoffte bei Gott, dass Benjamin recht hatte, als er sagte: »Ein Gerücht besteht zu neunzig Prozent aus Wahrheit und zu zehn Prozent aus Lügen. Ich wette also, dass Debbie in diesem Jahr hier nicht wieder auftaucht.«
    »Man wettet nicht um das Schicksal eines Menschen!«, sagte Rose und wandte sich an Chris. »Im Übrigen hat Deb sich beschwert, Chris, dass du dich noch nicht bei ihr bedankt hast.«
    »Wofür?«
    »Dass sie Julias und dein Leben gerettet hat.«
    »Ich dachte, sie hätte absolute Kontaktsperre«, wunderte sich Benjamin.
    »Ich habe ihre Großmutter angerufen, um zu fragen, wie es ihr geht.«
    »Du bist zu gut für diese Welt, Rose.«
    »Und du zu schlecht!«, gab Rose ungerührt zurück.
    »Stimmt das, Katie, dass sie die Leiche dort oben in der Gletscherspalte erst im Frühjahr bergen können? Wegen Lawinengefahr?«
    »Was fragst du mich?« Katie schälte ungerührt an ihrer Orange weiter. Die Polizei hatte sie fast die ganze Woche zu der Leiche von Paul Forster befragt. Professor Forster hatte ihnen nicht den Gefallen getan dichtzuhalten.
    »Du hast doch mindestens ein Dutzend Mal mit den Cops geredet.«
    »Sie haben mehr geredet als ich«, gab sie zurück und Chris war überzeugt davon, dass sie damit nicht übertrieb. »Weißt du, Benjamin, eine Leiche verändert sich nicht dort oben im Eis. Da können sie mir noch eine Woche lang Löcher in den Bauch fragen. Ich weiß nur das, was ich gesehen habe, und das war nicht viel.«
    »Was hast du denn gesehen? Ich kann die Geschichte immer wieder hören.«
    »Weißt du was, Benjamin?«, sagte David genervt. »Du entwickelst langsam eine beängstigende Ähnlichkeit mit Debbie. Hast du vor, jetzt ihren Part zu übernehmen?«
    Der ganze Tisch lachte, aber Benjamin störte sich nicht daran.
    »Im Übrigen...« Katie lehnte sich zurück. »Hättet ihr mich anrufen können, um mir zu sagen, dass die Vorlesungen bei Forster ausfallen. Dann hätte ich mir die Seminarvorbereitung sparen können.«
    »Wir hatten andere Sorgen«, sagte Julia.
    »Erzähl mir nicht, dass du dieses ganze Gerede über diesen Experimentequatsch wirklich ernst nimmst, Julia. Forster war schon immer ein Schwätzer. Denk mal an seine Vorlesungen über Proust. Wisst ihr, wie viele Seiten dieses Mammutwerk hat?«
    »Fünftausendzweihundertdreiundachtzig«, sagte Robert, ohne von seinem Buch aufzusehen.
    »Na also, kein Wunder, dass er ausgetickt ist.« Katie nickte zufrieden und griff nach ihrem Joghurt, den sie sich als Nachtisch aufgehoben hatte. Sie blickte von einem zum anderen. »Okay, das mit Forster ist die eine Sache. Aber was ist mit Brandon? Ich hab noch nicht wirklich verstanden, was er für eine Rolle bei der ganzen Sache gespielt hat.«
    »Gute Frage«, sagte Chris nachdenklich. »Und ich schätze mal, das werden wir auch nicht so schnell herausbekommen.«
    »Ich glaube ihm, dass Ike aus dem Auto gesprungen ist«, sagte Robert, ohne von seinem Buch aufzusehen. »Ike ist schließlich kein normaler Hund.«
    Ben starrte ihn an. »Was
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