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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts
Autoren: James G. Ballard
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Farmhäuser der großen Baugenossenschaften drüben in den Staaten.
    »Kriegen Sie irgendwelche Nachrichten aus dem Kasten da?« fragte Lanyon Goldman und zeigte auf das Funkgerät.
    Der Fahrer schaltete ein und drehte an den Knöpfen, mied jedoch die Wellenlängen der Army und Navy.
    »Diesmal kann die Airforce nicht mitreden«, lachte er kurz, »aber AFN München müßte eigentlich kommen.«
    Durch den Lärm des Steinregens auf der Karosserie war die Stimme des Sprechers kaum zu verstehen, doch der Fahrer drehte die Lautstärke auf, und Lanyon hörte:
    »... keine weiteren Nachrichten aus dem Pazifik, jedoch wird angenommen, daß schwere Überflutungen und Winde von Hurrikanstärke auf Okinawa und den Salomoninseln Tausende von Opfern gefordert haben. Indiens Premierminister hat zu umfassenden Hilfsmaßnahmen aufgerufen, und Persien und der Irak arbeiten Hand in Hand bei der Versorgung der betroffenen Städte und Dörfer. Der afro-asiatische Block legte der UNO eine Resolution vor, nach der die Vereinten Nationen eine weltweite Hilfskampagne ins Leben rufen sollen. Der Mittlere Westen wurde von ungeheuren Überflutungen heimgesucht. Der Schaden wird auf vierhundert Millionen Dollar veranschlagt. Opfer an Menschenleben sind jedoch kaum zu verzeichnen ...«
    Wenigstens etwas, dachte Lanyon. Die Flutwellen mochten zwar Typhus- und Choleragefahr mit sich bringen, doch hatte der Sturm bis jetzt selbst im Pazifik kaum Menschenleben gefordert. Das allmähliche Ansteigen der Windstärke hatte allen Zeit gelassen, ihre Dächer zu befestigen, sich einzugraben und Lebensmittelvorräte anzulegen.
    Sie kamen durch San Remo. Die langen Reihen der Hotels schwankten, als der Wind um die unzähligen Balkone pfiff. Zu ihren Füßen tobten haushohe Wellen, und der umherfliegende Gischt schränkte die Sicht bis auf knapp eine Meile ein.
    Schwer mit Sandsäcken bepackt, krochen ein, zwei Fahrzeuge an ihnen vorüber, meist italienische Militär- oder Polizeilastwagen, die in den vom Wind leergefegten Straßen patrouillierten.
    Lanyon nickte in der kalten, stickigen Luft des Wagens ein. Erst als sie den Dorfplatz eines kleinen Ortes überquerten, erwachte er von wildem Hämmern an den Stahlplatten hinter seinem Kopf.
    Die Schläge wurden immer heftiger, und durch die dicke Panzerung vernahm Lanyon undeutlich lautes Schreien und Rufen.
    Er richtete sich auf und spähte durch das Sehrohr, doch die kopfsteingepflasterte Straße war leer.
    »Was ist denn los?« fragte er den Fahrer.
    Goldman schnipste einen Zigarettenstummel fort. »Irgendein Spektakel da hinten, Commander. Weiß auch nicht genau, was.«
    Er trat das Gaspedal durch und steigerte die Geschwindigkeit des Transporters auf fünfundzwanzig Meilen die Stunde. Das Hämmern verstummte, jedoch nur, um gleich darauf von neuem zu beginnen, um so heftiger diesmal.
    Lanyon klopfte auf das Lenkrad. »Halten Sie! Ich werde nachsehen.«
    Goldman wollte protestieren, doch Lanyon kletterte über die Rücklehne des Sitzes und trat über die Beine der beiden auf der Matratze sitzenden Sanitäter hinweg an die rückwärtige Tür. Er schob die Blendklappen zurück und spähte durch das Gitter. Vor dem Portal einer kleinen Kirche an der Nordseite des Platzes hatte sich eine kleine Schar Menschen versammelt, unter ihnen mehrere Frauen mit schwarzen Kopftüchern. Alle drängten erschreckt zurück unter das Portal. Auf dem Pflaster zu ihren Füßen lagen dicke Mauerbrocken, und sie waren eingehüllt in Wolken von Staub und Mörtel.
    Der Kirchturm war verschwunden. Nur eine fünfzehn Fuß hohe Mauerecke ragte noch über das Dach hinaus, und auch an ihr riß unaufhörlich der Wind und brach Stück um Stück die Steine heraus.
    Einer der Sanitäter kam über die Matratze zu Lanyon nach hinten gekrochen.
    »Der Turm ist 'runtergekommen«, erklärte ihm Lanyon. Er wies auf die gestapelten Kartons. »Was habt ihr da drin?«
    »Plasma, Sauerstoff, Penizillin.« Der Sanitäter sah Lanyon von der Seite an. »Das können wir unmöglich herausgeben, Commander. Das ist für den General.«
    »Keine Angst, in Nizza gibt's wahrscheinlich mehr davon.«
    »Aber Commander, vielleicht sind die Vorräte da schon aufgebraucht, bei den vielen Verletzten, die die haben müssen. Das Lazarett ist nur klein, nicht mehr als ein paar Betten für dysenterieerkrankte Wochenendurlauber aus Paris.«
    Jetzt tauchte neben dem Transporter ein Mann auf und preßte das Gesicht an das Gitter. In schnellem Italienisch sprach er auf sie
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