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Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier
Autoren: Gerhard Branstner
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torkelnde Schmetterlinge halten können. Um der Gefahr, irgendwo anzuecken, zu entgehen, strebten sie in die Höhe und übten sich dort einige Zeit im Gebrauch der Leitwerke. Sobald sie darin sicher waren, flog der Großvater heran, rief ihnen seine Anerkennung zu und forderte sie auf, einen Abstecher zum Heliokopterwerk zu machen. As atmete kräftig durch, schwirrte den beiden Gefährten voran und hatte das Gebäude in wenigen Minuten erreicht. Er zog einige Kreise um die gläserne Kuppel und setzte, sobald Eto und der Großvater heran waren, wie selbstverständlich auf ihr auf. Die beiden anderen taten es ihm gleich. Sie blickten auf die Fontäne und die sie umgebenden Anlagen hinab und amüsierten sich spitzbübisch über die Seltsamkeit ihres Standorts.

    „Da sitzen wir nun wie die Dohlen“, meinte As, „und sind in unserem kindlichen Spaß an der Geschichte kaum fähig, die historische Größe des Augenblicks zu begreifen. Endlich hat es der Mensch dahin gebracht, frei wie der Vogel fliegen zu können und, was der Vogel selbst nicht kann, auch den Genuß daran zu haben. Nur der Mensch kann das Gefühl haben, das er dem Vogel neidet. Ab heute aber muß er es ihm nicht mehr neiden, und wir können sagen: Wir sind dabeigewesen!“
    „Bei irgendwas ist jeder mal dabeigewesen“, meinte der Großvater, „man muß nur den Verstand dafür haben.“
    „Und welchen Verstand“, wollte As wissen, „muß man in unserem Falle haben?“
    „Um wie der Vogel fliegen zu können“, erklärte der Großvater, „mußten wir den Flug des Vogels weitgehend nachahmen. Das ist aber nur ein Sonderfall der Nachahmung tierischer Fähigkeiten durch den Menschen.“
    „Da sind wir also wieder beim Affen angelangt“, meinte As, „denn von dem wird, wenigstens in der Fabel, gesagt, daß er seinen Stolz darein setzt, andere Tiere nachzuahmen. Nur ist ausgerechnet das die Eigenschaft an ihm, die ihn verächtlich macht.“
    „In Wirklichkeit“, entgegnete der Großvater, „ist er auch darin unser Vorfahre. Gleich ihm ahmt der Mensch andere nach, indem er, zum Beispiel auf der Bühne, deren Rolle spielt. Aber der Mensch ahmt nicht nur seinesgleichen, er ahmt auch die Tiere und die Natur überhaupt nach, indem er deren Strukturen und Funktionen erforscht und zu seinem Nutzen anwendet. Auf diese Weise eignet er sich alle Natur an und erhält selbst universelle Natur. Oder auch natürliche Universalität. Allein dadurch wird er das, was seines Wesens ist: universelle, bewußte und also zum Genuß ihrer selbst gekommene Natur zu sein.“ Mit diesen Worten hüpfte der Großvater hoch und flog davon. Die Geomanen schlossen sich ihm an. Sie überflogen einen bewaldeten Hügel, ließen sich ins Tal hinabgleiten und folgten, in nur zwei oder drei Meter Höhe schwebend, dem Lauf eines sich durch den Wiesengrund schlängelnden Baches. Und als dieser in einen See mündete, schraubten sie sich in den blauen Himmel hinauf, um sich von dort wie die Adler herabzustürzen und den Flug erst kurz über der Wasseroberfläche abzufangen. Sie schossen, tief ein- und ausatmend, über den Spiegel des Sees dahin, verlangsamten dann wieder ihren Flug und riefen einigen neugierig zu ihnen heraufblickenden Schwimmern übermütige Scherzworte zu, führten einige schon beachtliche Kunststücke vor und drehten schließlich zum Ufer ab, dessen Verlauf sie eine Weile folgten.
    „Mit jeder Minute, die ich fliege“, rief As den anderen zu, „fühle ich mich ein Jahr jünger. Ich komme mir schon beinahe wie ein Kind vor.“

    „Das ist nur natürlich“, rief der Großvater herüber. „Auf diese Art fliegen zu können ist ein Kindheitstraum. Daher muß seine Erfüllung notwendig unsere kindliche Empfindungsfähigkeit zurückrufen.“
    „Die uns sonst verlorengegangen wäre“, warf Eto ein.
    „Eben“, bestätigte der Großvater. „Und da wir hierzulande alles unternehmen, damit uns nichts verlorengeht, haben wir dieses Fluggerät konstruiert.“
    „Und unser kindliches Vergnügen beweist, daß es den Test bestanden hat“, meinte As.
    Der Großvater bestätigte auch das und flog jetzt in Richtung Abhang, wo sie die leeren Rucksäcke zurückgelassen hatten. Dort angelangt, setzten die drei mit einer eleganten Landung auf, schnallten die Geräte ab und verstauten sie in den Rucksäcken.
    „Irgendwie“, meinte As, „habe ich jetzt das dringende Bedürfnis, mir die Füße zu vertreten.“
    „Auch das war eine unserer Absichten“, erklärte der
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