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Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier
Autoren: Gerhard Branstner
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Mühe, Eto zu folgen. Die Sonne schien erbarmungslos herab, und das Land war wie ausgedörrt. As wischte sich in kürzer werdenden Abständen den Schweiß von der Stirn, stieß endlich einen fürchterlichen Fluch aus, warf den Rucksack ab und setzte sich darauf.
    „Hätte ich doch“, rief er aus, „bei der Explosion statt Auge und Ohr beide Beine eingebüßt! Dann hätte mir der Meister zwei künstliche gemacht, und ich wäre jetzt besser zu Fuß.“
    Da es aber nicht an dem war, mußte As, nachdem er ein wenig verschnauft hatte, sich wieder auf seine natürlichen machen. Schwitzend und fluchend buckelte er Eto Schik hinterher. Der Großmeister war bereits so weit entschwunden, daß As ihn nur noch mit dem linken Auge sehen konnte. Und eben jetzt erreichte Eto die Stadt und tauchte in dem in ihr herrschenden Gewimmel unter, so daß As ihn nun auch aus dem künstlichen Auge verlor.
    „Hoffentlich geht er mir nicht ganz verloren“, brummte As, der die arglose Naivität seines Meisters kannte.
    Endlich erreichte auch Nap die Stadt und drängelte sich durch die von Menschen überfüllten Straßen. Die Leute schienen aus der Stadt zu fliehen, stießen dabei einander hin und her und schrien auf eine Weise durcheinander, daß As Mühe hatte, einige sinnvolle Fetzen herauszuklauben und sich einen Vers darauf zu machen. Und als er den Vers beisammen hatte, lief es ihm kalt über den Rücken. Nichts anderes als das von Eto umgestaltete Himmelsquadrat hatte die Leute in diese Aufregung versetzt. Sie sahen darin ein unheilvolles Vorzeichen und forderten, um der vom Himmel angekündigten Strafe zu entgehen, den Tod aller Ketzer.
    As beeilte sich, seinen Meister zu finden. Auf dem Marktplatz entdeckte er ihn auch endlich. Eto stand, das Kinn nachdenklich in die Hand gestützt, auf dem von der verschreckten Menge verlassenen Platz und blickte auf das Durcheinander von umgestürzten Verkaufsständen, auf dem Pflaster umherliegendem Gemüse, zerbrochenem Geschirr und anderen verdorbenen Waren.
    „Die Leute sind geflohen“, erklärte As dem Meister, setzte den Rucksack ab und hockte sich darauf. „Sie fürchten eine Strafe des Himmels, und schuld ist allein die Ästhetik.“ „Eine schöne Aufgabe“, sagte Eto und blickte unverwandt, als gäbe es nichts anderes auf der Welt, auf das heillose Durcheinander.
    „Wenn die spitzkriegen, daß wir die Urheber sind, geht es uns an den Kragen!“ rief As. „Und wenn sie es nicht spitzkriegen, müssen die Ketzer dran glauben.“ „Wirklich eine schöne Aufgabe“, wiederholte Eto, „nur bin ich mir über das Muster noch nicht ganz im klaren.“
    „Die Ketzer“, erinnerte As, „sie sollen dran glauben! Oder wir, je nachdem.“
    Da Eto noch immer vor sich hin sinnierte, zuckte As mit der Schulter, hob einen vor seinen Füßen liegenden Apfel auf, wischte ihn an der Hose ab und biß herzhaft hinein.
    „Ich möchte wissen“, meinte er kauend, „wo die Ketzer stecken.“
    „Ketzer?“ Eto blickte auf As, als ob er erst jetzt dessen Anwesenheit bemerkte. „Ich sehe keine Ketzer.“
    „Ich auch nicht“, sagte As, „sicherlich haben sie sich verkrochen.“

    „Und warum?“
    „Weil sie büßen sollen, was wir verübt haben: die Umgestaltung des Himmels.“ Jetzt endlich begriff Eto die Zusammenhänge. As blickte indessen mit dem linken Auge in alle Ecken und Winkel, konnte aber kein lebendes Wesen entdecken.
    „Vielleicht kann ich sie hören“, meinte er und nahm das Klümpchen aus dem rechten Ohr. „Außer dem Geschrei der aus der Stadt geflohenen Menge höre ich ein ängstliches Geflüster, und wenn ich mich nicht täusche, so kommt es aus der Kirche.“
    As stopfte das Klümpchen wieder ins Ohr, nahm den Rucksack auf und ging auf die an der gegenüberliegenden Seite des Platzes stehende Kirche zu. Eto hatte ihn nach wenigen Schritten eingeholt und klopfte, als sie vor dem Gotteshaus angelangt waren, mit dem Knauf seines Stöckchens an die Tür.
    „Von denen wird keiner die Tür öffnen“, meinte As, „wir werden wohl ungebeten ein-treten müssen.“
    Also traten sie ungebeten ein. Eto sah sich interessiert das Innere des Gebäudes an.
    „Ich glaube, das können wir so lassen“, sagte er schließlich, „mir fiele da auch kein besseres Muster ein, wenigstens was die Architektur anbelangt. Die Bilder gefallen mir schon weniger gut.“
    „Hier sind sie!“ rief As, der sich inzwischen nach den Ketzern umgesehen und sie hinter dem Altar entdeckt hatte, wo sie sich
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