Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sternenkavalier

Titel: Der Sternenkavalier
Autoren: Gerhard Branstner
Vom Netzwerk:
keine Hilfe erwarten.“
    „Das werden wir sehen“, sagte Eto. „Bis dahin bleibt ihr in der Kirche.“
    „Und wenn die Altgläubigen zurückkommen und uns hier finden?“
    „Sie werden euch nicht finden“, erklärte Eto, „wir spannen ein semipermeables Feld um die Kirche.“
    „Ein was?“
    „Ein einseitig durchlässiges Feld“, erklärte Eto, „da kann jeder hinaus, aber keiner herein. Komm, As, ich habe mit der Wissenschaft zu reden!“
    Nap hievte seinen Rucksack auf den Rücken und stapfte dem Meister hinterdrein. Vor der Kirche fingerte Eto an der Zahlenskala seines Stöckchens herum und wirbelte es, nachdem er den Auslöseknopf gedrückt hatte, durch die Luft.
    „Ich glaube zwar“, sagte er dann zu As, „die richtige Kombination im Kopf zu haben; es ist aber besser, du machst eine Probe darauf.“
    As Nap trat einige Schritte zurück, um einen gehörigen Anlauf nehmen zu können, und rannte auf die Kirche los. Noch bevor er sie erreicht hatte, wurde er von einer unsichtbaren Wand zurückgeschleudert und fiel auf den Hintern. Er rappelte sich ächzend hoch, rückte den Rucksack zurecht, rieb sich die Stirn und sagte: „Es war die richtige Kombination.“
    „Ich irre mich selten“, erklärte Eto, „aber möglich ist alles.“
    Darauf blickte er sich suchend um, und da er nichts erblicken konnte, das wie eine Akademie aussah, befahl er seinem Assistenten, sein künstliches Gehör in Anspruch zu nehmen. As machte auch bald ein Gewirr von Stimmen aus, die sich in einer Weise überschlugen, wie das nur nach langjähriger akademischer Bildung möglich ist. As vergewisserte sich noch des genaueren über die Richtung, aus der die Stimmen kamen, und gab dann seinem Meister den Weg an. Es war kein weiter Weg. Schon nach einigen Straßen trafen sie auf einen großen Park, in dessen Mitte die Akademie stand. Da niemand auf ihr Klopfen hörte und sie auch nicht ungebeten eintreten konnten, da die Tür verschlossen war, fingerte Eto wieder an seinem Stöckchen. Aber diesmal mußte er sich wohl geirrt haben, denn als er den Auslöseknopf gedrückt hatte und mit der Spitze des Stockes auf die Tür wies, sprangen die Flügel aus den Angeln und flatterten himmelwärts davon. Eto blickte ihnen kopfschüttelnd nach, bis sie in der nächsten Wolke entschwanden.
    „Ich habe lange keine verschlossene Tür geöffnet“, erklärte er, „das nächste Mal verlassen wir uns doch lieber auf den Automaten, er hat das bessere Gedächtnis.“
    „Da schleppe ich ihn wenigstens nicht umsonst mit mir herum“, meinte As.
    Eto betrat das Gebäude und stakte die breite Treppe hinauf. Da er das Stimmengewirr jetzt mit eigenen Ohren hören konnte, hatte er keine Schwierigkeit, den Konferenzraum zu finden, wo die Akademiker ihre Stimmübungen machten. Die Tür war diesmal nicht verschlossen. Der Großmeister tat sie eigenhändig auf und sah vor sich einen langen Gang, der geradenwegs zum Präsidiumstisch führte. Links und rechts des Ganges saßen etwa vierhundert wild gestikulierende und sich gegenseitig überschreiende Gelehrte. Eto forderte den hinter ihm stehenden As mit einem Blick auf, ihm zu folgen, und schritt, sein Kavaliersstöckchen wirbelnd, den Gang entlang auf das Präsidium zu. As buckelte mit dem Rucksack auf dem Rücken folgsam hinterdrein. Als die Gelehrten die beiden seltsamen Gestalten erblickten, verschlug es ihnen die Sprache. An die Stelle des wilden Geschreis trat ein tiefes Schweigen. Eto und As gingen durch dieses ungeheuere Schweigen, als ob sie einen selbstverständlichen Anspruch darauf hätten. Am Präsidium angelangt, trat der Großmeister ohne Umstände an das Katheder, während As sich unmittelbar daneben auf seinem Rucksack niederließ.
    „Meine Herren!“ sprach der Großmeister der galaktischen Wissenschaften und verneigte sich leicht. „Wie ich höre, sind die Bewohner dieses Sterns über eine gewisse Veränderung ihres Himmels in Verwirrung geraten. Die Altgläubigen halten diese Veränderung für ein Zeichen drohenden Unheils, es ist aber lediglich eine ästhetische Korrektur. Statt des natürlichen und folglich unvollkommenen haben Sie jetzt einen nach allen Regeln der Ästhetik gebildeten Himmel über sich, wenn auch vorerst nur ein Quadrat. Und das“, Eto hob die Stimme, „ist nicht nur von künstlerischem Wert, sondern auch von praktischem Vorteil.“ Doch das war zuviel. Obwohl Eto noch nichts davon gesagt hatte, daß er der Urheber des neuen Himmels war, fielen die Gelehrten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher