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Der Sternengott

Der Sternengott

Titel: Der Sternengott
Autoren: Frederik Pohl & Jack Williamson
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einzelnes Wort in seinem Gehirn: Warte.
    Warten? Worauf?
    Gann spürte, daß er noch mehr zitterte als zuvor und wandte sich hilflos an das Mädchen. Schweigend berührte sie ihn am Arm und deutete auf den Stuhl neben ihm.
    Er ließ sich in den Sitz fallen, während er auf die Klarheit wartete, die ihm die Maschine vielleicht vermitteln konnte, während er auf irgend etwas wartete, das ihm vielleicht Antwort auf seine Fragen geben konnte.
    Und er wußte, daß sich in jeder Sekunde die winzigen fusorischen Kugeln in seinem Blut vervielfachten, daß sie seinen Kreislauf mit Zellen überfluteten, an denen Harry Hickson und Colonel Zafar und Quarla Snow schließlich zugrundegegangen waren, indem ihre Organe aus Fleisch und ihr Skelett aus Knochen von fusorischen Verbindungen ersetzt wurden.
    Worauf wartete er eigentlich? Um in ein fusorisches Aggregat verwandelt zu werden, in ein nicht mehr menschliches Wesen, das nur noch der Intelligenz verhaftet war, die Harry Hickson den Sternen zuschrieb? Er blickte nach innen, sah die winzigen pulsierenden Funken, sah, wie sie sich vermehrten ...
    Und erkannte plötzlich, was er eben getan hatte. Er hatte seinen Körper gesehen.
    Von innen!
    Ohne weiter darüber nachzudenken, machte er einen neuen Versuch ...
    Und augenblicklich schien er seinen Körper zu verlassen und von einem völlig neuen Standpunkt auf sich selbst herabzublicken. Er sah den Kontrollraum der Creeria von einem Ort im Raum, der mehrere Kilometer entfernt sein mußte. Um ihn kreisten langsam die diamanthellen roten, blauen und gelben Welten des Riffstrudels. Er konnte die Creeria in ihrer ganzen Länge überblicken ... konnte in sie hineinsehen, in die Kampfzentrale, wo General Wheeler gerade schrill auflachte, als er imaginäre Vernichtungsstrahlen auf die Welten des Riffstrudels und auf unsichtbare Gegner abfeuerte ... er blickte weiter und sah das gewaltige Rund des Sonnensystems.
    Er sah Harry Hicksons winzigen Pyropoden durch den Raum rasen, auf das kleine Riff zu, wo er geboren war ... und er sah dieses Riff und die kleine Höhle, wo ihn Harry Hickson einmal versorgt hatte.
    Er sah eine Kapelle auf einem einsamen kleinen Riff, wo das dunkelblaue fusorische Moos eine dünne Atmosphäre bildete und wo zwanzig Gläubige der Sternenkirche sich zusammenfanden und den blauen Deneb anbeteten.
    Er sah die Planeten des Systems und sah das Chaos, das dort herrschte. Die wahnsinnige Maschine gab widersprüchliche Befehle und veranlaßte die verwirrten Menschen, mit Energiestrahlen ziellos in den Raum zu schießen.
    Er sah die leere Station auf dem Merkur, über der die ruhelose Sonne strahlte, und er erkannte, daß auch die Sonne ein Eigenleben und eine eigene Intelligenz besaß – ein Leben, das einen feurigen Arm ausgestreckt und jene drei fusorischen Lebewesen verschlungen hatte, die sich in ihre Nähe wagten.
    Er sah Sterne und Sternwolken, er blickte auf die neue Materie, die sich aus dem Nichts entwickelte, starrte in die endlosen Weiten des Alls und gleichzeitig nach innen in die goldenen Atome seines Herzens.
    Und dann, ehrfurchtgebietend und ruhig und gewaltig, sagte etwas seinen Namen. Stern sprach zur Maschine. Die Maschine antwortete dem Stern.
    Und Boysie Gann, Mensch, der er war, in Form kohlenstoffgebundenen Lebens gepreßt, zum Kontakter der Maschine ausgebildet, von den fusorischen Zellen in etwas verwandelt, das ihn zu einem Verwandten der Sterne machte ... Boysie Gann wurde zum Vermittler dieses gewaltigen und entsetzlichen Zwiegespräches.
    Es dauerte ewig – tausend Jahre und mehr, obwohl es im Zeitmaß der Planeten, die ihre Sonnen umkreisen, nur ein paar Minuten oder Stunden währte.
    Es dauerte an und war selbst noch nicht zu Ende, als Boysie Gann nicht mehr benötigt wurde.
    Und dann war es zu Ende. Für immer.
     
    *
     
    Boysie öffnete die Augen und blickte sich um. Schwester Delta Vier betrachtete ihn gleichgültig.
    Er stand auf, reckte sich und gähnte und zog den Stecker aus seiner Stirnplatte. Dann wickelte er die Schnur sorgfältig um das improvisierte Kontaktpult und warf es an die Wand.
    In der geringen Schwerkraft segelte das Gerät lautlos zur Seite, bis es bei seinem Aufprall gegen die Wand in tausend kleine Stücke zerschellte.
    Schwester Delta Vier schrie entsetzt auf.
    Boysie Gann berührte ihren Arm. »Mach dir deswegen keine Sorgen, Julie«, sagte er. »Du brauchst es nicht mehr.«
    Sie starrte ihn an. »Ich bin eine Dienerin der Maschine!« rief sie stolz. »Ich bin
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