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Der Spion und der Analytiker

Der Spion und der Analytiker

Titel: Der Spion und der Analytiker
Autoren: Liaty Pisani
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Aussichten, zumindest kurzfristig ein Mittel gegen diese Geißel der Menschheit zu finden, äußerst gering, so daß die Kranken und jene, die in den nächsten Jahren erkranken werden, zum sicheren Tod verurteilt sind. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird dies die furchtbarste Hekatombe der Menschheitsgeschichte.«
    Er schwieg und trocknete sich die Stirn mit einem Taschentuch.
    »Meine Herren«, fuhr er dann mit müder Stimme fort, »wir haben uns hier als Seelenärzte auf einem Kongreß versammelt, der in der Geschichte der Psychoanalyse und der medizinischen Wissenschaft ohne Beispiel ist. Wir müssen die Menschen lehren, nicht nur das Leben zu bewältigen, wie wir das bisher getan haben, sondern auch den Tod.«
    Der Arzt verließ das Podium unter Beifall.
    Ogdens Nachbar bewegte sich, Guthrie schrieb etwas in sein Notizbuch.
    »Mein Gott«, rief Ogden aus, »die Lage ist viel dramatischer, als ich dachte …«
    Guthrie wandte sich ihm verwundert zu.
    »Warum? Haben Sie das denn noch nicht gemerkt?«
    »Doch, natürlich. Aber, Sie müssen zugeben, wenn man einen Wissenschaftler wie Zelenski so reden hört, kann einen das schon beeindrucken, zumindest wenn man nicht vom Fach ist.«
    »Es ist auch beeindruckend, wenn man vom Fach ist.«
    Guthrie musterte ihn aufmerksam.
    »Schon merkwürdig, daß man Sie zu diesem Kongreß zugelassen hat, Sie sind bestimmt der einzige Nichtmediziner hier. Nicht einmal die Presse hat Zutritt: sie veröffentlicht nur das, was wir weitergeben.«
    Ogden nickte mit leicht schuldbewußter Miene.
    »Dieser Kongreß war mir sehr wichtig, und ich muß schon zugeben, daß ich auf etwas verschlungenen Pfaden hier hereingekommen bin. Im allgemeinen nutze ich meine einflußreiche Verwandtschaft nicht aus, doch diesmal habe ich eine Ausnahme gemacht. Ich kann Ihnen nicht genau erklären, auf welchem Wege, das wäre ein wenig peinlich. Das einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, daß einer meiner Verwandten an dieser Krankheit gestorben ist; so fand ich offene Ohren, als ich den Wunsch äußerte, nach Wien zu kommen.«
    Guthrie wirkte nicht sehr überzeugt.
    »Ein etwas ungewöhnliches Verfahren. Sie müssen eine sehr einflußreiche Verwandtschaft haben.«
    »In der Tat. Ich bin mir darüber im klaren, daß dies alles ein wenig verdächtig klingt, deshalb sage ich Ihnen auch, wer mein Gönner ist. Sie können alles überprüfen, ich bin kein Spion«, erklärte er mit einer gewissen Befriedigung.
    »Mein Onkel ist Thomas Landau«, fuhr er fort, »es war nicht schwer, seine Unterstützung zu bekommen. Die Person, von der ich Ihnen vorhin erzählt habe, war mein Vetter, der Sohn Thomas Landaus. Wir sind praktisch zusammen aufgewachsen, er hieß Gerhard und war zwei Jahre älter als ich. Im Frühjahr ist er gestorben.«
    Guthrie sah ihn voll Interesse an.
    »Tut mir leid.«
    »Ja, es war furchtbar. Er war der einzige Sohn Landaus, der Alte kommt nicht darüber hinweg.«
    Die Arbeiten wurden unterbrochen; Mayers Tod erforderte eine Änderung des Vortragsprogramms. Der Diskussionsleiter kündigte an, daß der Kongreß erst am nächsten Morgen fortgesetzt werden könne.
    Guthrie erhob sich, ergriff seinen Regenmantel und die Tasche und wandte sich Ogden zu.
    »Auf Wiedersehen, morgen sehen wir uns ja wohl …«
    »Gewiß. Außerdem sind wir ja auch morgen abend zum Essen verabredet, nicht?«
    »Natürlich«, sagte Guthrie allzu beflissen. »Dann also wie abgemacht im Gambrinus. Auf Wiedersehen.«
    Ogden ließ dem Arzt einen gewissen Vorsprung, rechnete sich aus, wie lange er brauchen würde, um die Universität zu verlassen, und folgte ihm dann.
    Er sah, wie er die Schottengasse hastig überquerte, seinen Volvo bestieg und geräuschvoll schaltete. Ogden stieg in sein Auto und nahm die Verfolgung auf.
    Damit begann eine lange Fahrt durch die Stadt. Auch nach einer halben Stunde schien der Arzt noch nicht genau zu wissen, wohin er wollte. Ogden bereute, daß er nicht Franz damit beauftragt hatte, einen seiner Leute zu schicken, diese Art von Beschattung gehörte nicht zu seinen Aufgaben. Es war nach acht, auf den wegen der Osterfeiertage fast leeren Straßen war es schwierig, dem Volvo unauffällig zu folgen, aber Guthrie schien nichts zu bemerken.
    Endlich schlug er aber doch den Heimweg ein. Ogden fuhr langsamer und verlor ihn an der Kurve zum Oberlaaer-Platz aus den Augen. Als er einbog, sah er Guthries Auto neben einem schwarzen Mercedes an der Ampel stehen.
    Die Operation wurde mit professioneller
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