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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball
Autoren: Stella Gibbons
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wieder hier zu sein! Ach! Und da ist Catty! Bei der Tür, sie misst irgendwas aus!« Sie verrenkte sich den Hals, während der Wagen Burgess and Thompson, Damenmode , hinter sich zurückließ.
    Mrs Wither schwieg, die übliche Methode der Withers, jemandem zu zeigen, dass er sich danebenbenahm. Viola lehnte sich langsam zurück und zerknüllte ihre frivolen Spitzenhandschühchen. Auch sie schwieg.
    Nach einer angemessenen Pause hielt es Mrs Wither für angebracht, die kleine Rede zu halten, die sie für Viola vorbereitet hatte. Sie versicherte ihr, wie sehr sie sich freute, Viola bei sich zu haben, und dass sie sich auf The Eagles wie zu Hause fühlen solle.
    Mrs Wither kam gar nicht auf den Gedanken, sich dafür zu entschuldigen, dass The Eagles kein Nachtleben zu bieten hatte (oder überhaupt irgendeine Art von Leben), denn sie hätte niemals angenommen, dass sich eine junge Witwe nach Leben sehnen könnte. Mr Wither hatte bestimmt, dass Viola zu ihnen ziehen müsse, da sie sonst Teddys Finanzen in Unordnung bringen würde. Außerdem würde es sonst GEREDE bei den Verwandten geben. Deshalb zog Viola zu ihnen. Mrs Wither erfüllte mit ihrer kleinen Rede nur ihre Pflicht, auch wenn sie Viola nicht sonderlich mochte (so jung, so vergnügungssüchtig, so gewöhnlich). Insgeheim graute ihr vor der neuen Hausbewohnerin.
    Sie versuchte darüber hinwegzusehen, dass Viola nur eine kleine Verkäuferin gewesen war. Es wäre unchristlich gewesen, ihr das vorzuwerfen. Tina machte es nichts aus. Der armen Madge dagegen schon. »Was würde man im Sportclub sagen?«, hatte sie gezetert. Wegen Madge hatte Mrs Wither ihre Missbilligung zum Ausdruck gebracht, als Viola verzückt auf das Damenmodegeschäft starrte.
    Violas Reaktion auf Mrs Withers Rede war ein nervöser Blick und ein scheues Lächeln. Nun, da sie ihre Pflicht erfüllt hatte und der peinliche Vorfall vorbei war, lehnte sich Mrs Wither ein wenig behaglicher zurück.
    Als Viola eintraf, saß Mr Wither in seinem Arbeitszimmer und rechnete irgendwelche Zahlen durch, doch Tina tauchte winkend und lächelnd in der Eingangstür auf. Als Saxon den Damen die Wagentür öffnete, rannte sie die Stufen hinunter und gab Viola einen Begrüßungskuss.
    »Wie schön, dass du da bist, Vi!« Sie legte den Arm um die Taille ihrer Schwägerin. »Ich bin ja so froh.«
    Ihre Augen wurden feucht. Ja, sie mochte Viola, und sie war ihr dankbar, denn Violas Ankunft bedeutete, dass es jetzt etwas Neues gab, womit man sich beschäftigen konnte.
    Außerdem war Viola Witwe – welch rätselhafter, unergründlicher Zustand! Ganz anders als alles, was die Frauen auf The Eagles, die unter Mr Withers Fuchtel standen, kannten.
    Vielleicht würde Viola ja »ihre Frau stehen«?
    Nicht dass Tina Streitereien liebte. Nach einer strengen, gnadenlosen Gewissenserforschung konnte sie ihrem psychologischen Frauenratgeber nun direkt ins Auge sehen und zugeben, dass sie Szenen und Streitereien hasste, ja, dass sie sie krank machten. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass ein paar Szenen dringend notwendig waren, wenn auch nur um die Anspannung zu lösen, die in diesem Haus permanent in der Luft lag.
    Mit solchen Gedanken saß Tina auf Violas Bett und sah zu, wie diese ihre ungebärdige Lockenmähne kämmte, die ihr bis knapp zu den Schultern reichte.
    »Sind das Naturlocken?«
    »Zum Teil, aber ich hab mir natürlich eine Dauerwelle machen lassen. Shirley findet sie schrecklich . Sie lassen sich einfach nicht bändigen!«
    »Ja, das stimmt. Ich komme auch nicht mit meinen Haaren zurecht. Ich habe heute früh versucht, den Scheitel mal anders zu ziehen. Was meinst du, wie das aussah! Unmöglich. Ich musste es am Ende so lassen, wie es ist. Eigentlich sollte ich dringend mal wieder in die Stadt fahren und mir eine neue Dauerwelle machen lassen. Meine ist fast rausgewachsen. Früher bin ich alle vierzehn Tage zum Friseur gefahren, nur um sie waschen und legen zu lassen.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Wieso nicht?« Viola fragte sich, was es wohl zum Mittagessen gab.
    »Kann mich einfach nicht mehr aufraffen.«
    Das stimmte nicht. Der Grund war Mr Wither. Wie immer, wenn sich jemand im Haus seine Wünsche nicht erfüllen konnte.
    »Wie alt bist du eigentlich?«, erkundigte sich Tina jäh. Sie starrte ihre Schwägerin an, die im blendend weißen Schein der Aprilsonne stand.
    »Einundzwanzig«, antwortete diese mit einem scheuen, fröhlichen Lächeln. »Shirley sagt, ich bin noch ein richtiges Küken.«
    »Ist
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