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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball
Autoren: Stella Gibbons
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sich des Frühlings entsinnen, der weißen Sternblüten des Birnbaums, der dunkelroten Hartapfelblüten und der Kirschblüten, die längst abgefallen sind. Alle Vögel singen, aber die Zeit des Werbens ist vorbei, und eine Stimme unter ihnen ist bereits verstummt.

NACHWORT
    »Wie eine Lady wirkte sie nicht, was nicht verwunderlich war, denn sie war keine.« So führt Stella Gibbons, die gefeierte Autorin von Cold Comfort Farm , die Heldin ihres zu Unrecht in Vergessenheit geratenen neunten Romans Nightingale Wood/Der Sommernachtsball ein. Diese Lady, die keine ist, heißt Viola Wither, geborene Thompson, und ist eine grauäugige, bezaubernde junge Witwe von einundzwanzig Jahren. Viola ist ein Opfer der Umstände, wie so viele von Gibbons’ weiblichen Protagonisten. Eine Verkäuferin und Waise, die eine kurze Ehe mit einem unbeholfenen, autoritären älteren Mann hinter sich hat, zu dem sie im falschen Moment nicht nein sagen konnte. Seinen Tod nimmt sie genauso stumm hin, und als ihre Schwiegereltern, die treffend benannten Withers 1 , sie mit dem selbstgefälligen Seufzer der Mittelschicht auffordern, von London zu ihnen nach Essex zu ziehen, steigt sie brav wie ein Opferlamm in ihrem schäbigen schwarzen Kostümchen mit der rosa Seidenbluse in den Zug.
    Ihr Haus, genannt The Eagles 2 , ist ein Sammelbecken für enttäuschte Sehnsüchte. Dort wohnen, neben den Eltern, zwei altjüngferliche Töchter (im Jargon der 1930er): die plumpe, ungeschlachte, neununddreißigjährige Madge und die fünfunddreißigjährige Tina, die das ist, was man heutzutage als magersüchtig bezeichnet: sie schwindet buchstäblich dahin. Mrs Wither, die Mutter, scheint nach vierzig Jahren Ehe mit dem engstirnigen, pedantischen Herrn des Hauses, dem verhassten Mr Wither, jeden Kampfgeist verloren zu haben. Dieser Mr Wither liebt es, die Frauen in seiner Familie im Griff zu behalten, er zerstört mit seiner scharfen Zunge auch die zarteste Hoffnung in seinen bemitleidenswerten Töchtern, er verwehrt Madge ihren einzigen großen Wunsch, sich einen Hund anzuschaffen, und schikaniert Tina bei jeder sich bietenden Gelegenheit:
    »Wann, sagtest du, kommt Violas Zug an?«, erkundigte sich Tina bei ihrer Mutter; sie fand das Wither-Schweigen manchmal schier unerträglich.
    »Um halb eins, Liebes.«
    »Also gerade rechtzeitig zum Lunch.«
    »Ja.«
    »Warum fragst du? Du weißt ganz genau, dass Viola um halb eins ankommt«, bemerkte Mr Wither. Er hob langsam den Kopf und musterte seine Tochter missbilligend. »Das hast du doch schon gestern gefragt. Du redest, selbst wenn du nichts zu sagen hast. Eine dumme Angewohnheit.«
    In diesen niederdrückenden Haushalt, in dem jeder auf die Uhr schaut, um zu sehen, wann der Tag endlich zu Ende ist, gerät nun Viola. Und dennoch …
    Es gibt da noch ein anderes Haus, auf der gegenüberliegenden Talseite, ein komfortables, luxuriöses Herrenhaus, in dem »Haus und Grundstück das Gefühl vermittelten, dass alles hier ein wenig flotter lief als in anderen Haushalten, so als befände man sich permanent bei irgendwelchen Partyvorbereitungen«. Das ist »Grassmere«, ein NOUVEAU PARADIS und das Zuhause des flotten Victor Spring. Victor lebt dort mit seiner Mutter, Mrs Spring, die nur hübsches Personal einstellt, weil sie unscheinbare Dienstmädchen deprimierend findet, und mit seiner (unscheinbaren) Cousine Hetty, die ein Bücherwurm ist und das müßige Leben der Reichen hasst, die The Eagles für einen geheimnisvollen Ort hält, mit einem »Alltag voll finster-schöner Melancholie«. Ja, die Kirschen in Nachbars Garten …
    Wenn man diesem Ensemble dann noch einen schönen jungen Chauffeur hinzufügt, der bei den Withers arbeitet, aber mit seiner Schlampe von Mutter, einer verblühten Dorfschönheit, in einer armseligen Hütte haust, einen machiavellischen Millionär, eine flotte Fee namens Shirley und, gleichsam als eine Art voyeuristischer Background Singer, einen alten Landstreicher, der von allen nur »der Einsiedler« genannt wird, dann hat man eine ungefähre Vorstellung vom Sommernachtsball , einem Roman, der in Wahrheit ein panoramahaftes, amüsantes und schrulliges Märchen ist.
    Gibbons liebte dieses Medium und hat drei weitere Romane dieser Art geschrieben: My American (1939) macht Anleihen bei der »Schneekönigin«; White Sand and Grey Sand (1958) wird inspiriert von »Die Schöne und das Biest«; und Der Sommernachtsball (1936), ihr erster Versuch dieser Art, ist eine Huldigung an das gute alte
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