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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball
Autoren: Stella Gibbons
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also ich weiß nicht, du bist einfach furchtbar.« Aber Catty ist sicher, dass Viola sich Kinder wünscht. Sie, Catty, jedenfalls ganz bestimmt. Viola mag lachen, aber sie, Catty, hat schon mal angefangen, ein Jäckchen zu häkeln.
    Victor erklärt sich bereit, Catty hundertfünfzig Pfund pro Jahr zu geben. Er ist ein äußerst großzügiger Mann und alles andere als geizig. Außerdem kann er es sich leisten. Viola braucht ihn bloß daran zu erinnern, dass es ihr Bittbrief für Catty war, der sie letztendlich zusammengebracht hat, und er sagt zu allem Ja und Amen. Sein Hintergedanke ist, dass das alte Muttchen sicher so lang nicht mehr durchhält, also verliert er nicht viel.
    Aber das alte Muttchen hält durch, im Gegenteil, es lebt sogar noch sehr lange. Das Feuer in Catty, das der Grund dafür ist, dass sie Howard Thompsons Bühnenauftritte so geliebt hat, das selbst im öden Alltag bei Burgess and Thompson Dramatik finden konnte, brennt fröhlich noch fünfundzwanzig Jahre weiter und kostet Victor, als Catty Anfang neunzig schließlich friedlich entschläft, ganze 3750 Pfund. In ihrem Testament, verfasst auf billigem Schreibpapier, vermacht sie die zweihundert Pfund, die sie gespart hat, Violas jüngster Tochter (»Meiner Kleinen, denn es ist nur recht und billig, dass das Geld wieder dahin zurückgeht, wo es hergekommen ist«). Viola schreibt Catty bis zu ihrem Tod und schickt ihr Zeitschriften, die sie nicht mehr lesen kann, weil sie in ihren späten Jahren fast erblindet.
    Beinahe ganz Sible Pelden hat sich vor der Kirche versammelt – bis auf den realistischen Barmann vom Green Lion. Auf die Frage, warum er nicht auch zur Hochzeit komme, meint er: »Geh mir doch mit Hochzeiten! Von denen hab ich genug für’s ganze Leben.« Aber Mrs Fisher ist hier, wie wir gehört haben, und auch Mr Fisher und ein paar Dienstboten aus Grassmere, die sich für zwanzig Minuten von den Vorbereitungen auf den nachfolgenden Empfang losgerissen haben. Die kleine Waliserin steht auf einem Grabstein und stützt sich auf die Schulter des leidenden, aber vollkommen hingerissenen Heyrick, ihr gemustertes Kleid und ihre schwarzen walisischen Locken flattern im Wind. Am Ende kriegt sie keiner ihrer Bewunderer aus Essex; sie muss nach Hause, um ihre kranke Mutter zu pflegen, und heiratet einen Bauern aus der Gegend.
    Doktor Parsham sitzt in der Kirche und ebenfalls der miesepetrige Apothekerssohn aus Chesterbourne. Er hat Viola zwei Pfund für Catty geschickt, dazu einen langen, konfusen Brief, in dem er sich über den Unsinn auslässt, nutzlose Menschen durchzufüttern, und der mit einem Hinweis auf seine eigene, todunglückliche Gemütsstimmung endet, eine Bemerkung, die Viola sehr wohl versteht und die sie veranlasst zu giggeln. Er ist nur gekommen, weil er glaubt es schuldig zu sein, auch wenn er dabei das Gefühl hat, sich einen Zahn ziehen zu lassen. Immerhin findet er einige Befriedigung darin, die Nase über die Dekoration zu rümpfen und überhaupt über das unerträglich bourgeoise Benehmen gewisser Leute und ihre fast barbarische Angeberei. Er schaut sich mit einem bitteren Lächeln um, was einige Frauen veranlasst zu tuscheln. Warum ist er hergekommen, wenn es ihm nicht gefällt?
    Die meisten Anwesenden sind Frauen. Diese Hochzeit ist nicht nur die Heirat eines Mädchens aus Chesterbourne mit dem fabelhaften Victor Spring. Viola steht für sie alle: die Verkäuferinnen, die Bankangestellten, die Sekretärinnen, die Kellnerinnen. Sie alle haben irgendwann mal davon geträumt, Victor Spring zu heiraten, und haben jetzt natürlich das Gefühl, dabei sein zu müssen, wo es eine von ihnen geschafft hat. Mit sehnsüchtigen, neidischen Blicken verschlingen sie jede kleinste Einzelheit, jede Geste, jeden Blick und was sie wohl zu bedeuten haben. Tja, es ist nicht leicht, eine Frau zu sein.
    Genau das denkt sich auch Hetty, die in einem weißen Chiffonkleidchen, das mit winzigen Fliederblüten bestickt ist, und einem Schlapphut in der ersten Reihe sitzt. Sie kommt sich lächerlich vor, in diesem Aufzug (und nicht zu Unrecht), aber Viola wollte sie, aus Sentimentalität, unbedingt als Brautjungfer haben. Und da auch Mrs Spring das wollte, hat Hetty nachgegeben. Auf ihre schroffe, reservierte Art ist sie ihnen immer noch dankbar, dass sie sie so einfach haben ziehen lassen, und will ihnen das dadurch zeigen.
    Sie ist dankbar, weil das Leben, das sie jetzt führt, so anstrengend, beängstigend und unglücklich es auch sein mag, sie
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