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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball
Autoren: Stella Gibbons
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weiterhin regelmäßig kommt und jedes Weihnachten ein fetter Scheck und Fotos von Zoë, macht sie sich nichts weiter draus. Man ist ohne Worte übereingekommen, dass sie niemals im Haus in Maida Vale auftaucht und die anderen sie nie in den »Avion Mansions« besuchen, wie die Siedlung heißt (die Vertreter sprechen schenkelklopfend von den »Will-ich-Villen«).
    »Wissense, mein Bub, der hat ’ne ganze Menge Kies«, erklärt Mrs Caker den Vertretern oder den verwitweten Wirtinnen und schaut sie dabei mit ihren schönen blauen Augen (die allerdings auch schon nachlassen) schelmisch über ihr Glas an, »aber für mich iss er einfach ein bisschen zu fein geworden, verstehen Sie? Zu hochnäsig. Na ja, nich hochnäsig, aber steif, verstehen Sie? Aber ich komm trotzdem prima mit ihm aus.«
    Auch die Bekanntschaft mit den Withers ist wieder eingeschlafen. Wenn man später an diesem Vormittag die Kirche verlässt, wird man sich zwar grüßen und einander zunicken, und Tina wird vielleicht ein paar freundliche Worte mit ihrer Schwiegermutter wechseln, aber mehr ist, nach Ansicht aller Parteien, nicht nötig.
    Ja, Mrs Caker kommt sich richtig respektabel vor, in ihrem ein wenig ordinären Sommerkleid und dem Pelzmantel, den sie trotz der Hitze trägt. Einen Moment lang denkt sie: Wenn Dick Falger mich so sehen könnte, wenn der wüsste, wie gut’s mir jetzt geht – aber nur einen Moment lang. Dann wünscht sie ihm erneut, er möge in irgendeinem Straßengraben verrecken, und denkt nicht weiter an ihn.
    Aber der Einsiedler ist nicht in einem Straßengraben verreckt. Er ist langsam, aber stetig nach Bedfordshire getrampt, wo Beatty zuletzt gewohnt hat und wo sie, wie er zu seiner Freude feststellt, noch immer wohnt. Sie lebt in einem heruntergekommenen kleinen Häuschen, in dessen Reetdach sich Schwalben eingenistet haben und das sie langsam, aber sicher auseinandernehmen. Beatty lebt von den milden Gaben, die ihr ein paar feine Damen aus der Gegend zukommen lassen, sowie von ihrer kleinen Altersrente. Sie ist gar nicht erfreut, als der Einsiedler bei ihr auftaucht. Dasselbe gilt für die feinen Damen, den Vikar und den pensionierten Seeoffizier, der dort eine Art Gutsherr spielt.
    Den Einsiedler schert das nicht. Er nistet sich bei Beatty ein, auch wenn sie protestiert, und fällt fürderhin der ganzen Gemeinde auf die Nerven. Wunschlos glücklich und zufrieden verbringt er dort seinen Lebensabend und wird mit den Jahren sogar ein wenig zahmer, sodass ihn der Vikar schließlich als »richtiges Original« bezeichnet. Seine BÄRENMUTTER MIT JUNGEN kann er auch dort niemandem andrehen, und so bleibt der Stock bis an sein Lebensende auf dem vollgestellten Kaminsims liegen.
    Richtig hübsch haben sie’s gemacht, und auch die Zeremonie war tadellos, denkt Lady Dovewood bei sich, die auf einer der vorderen Bänke sitzt, neben einer winzigen Alten in einem schwarzseidenen Kostüm. Was für ein nettes Mädchen, diese Viola, nicht aus der obersten Schublade, natürlich, aber was kann man heutzutage schon erwarten; außerdem gilt dasselbe ja auch für die Springs. Wie nett von ihr, denkt sie, diesen Brief zu schicken, wegen dieses armen alten Wesens … (das arme alte Wesen sitzt neben Lady Dovewood), ich muss Aubrey sagen, dass wir unbedingt diesen Sechzig-Plus-Verein gründen müssen, wir brauchen ihn! Es muss in England Millionen von solch armen Wesen geben, nette, anständige alte Damen, arm wie Kirchenmäuse und zu alt, um noch zu arbeiten … Also, diese Barlow hab ich nie gemocht. Ein zänkisches Mädchen, das habe ich gleich gesehen. Kein Wunder, dass der junge Spring vor der letzten Hürde verweigert hat.
    Phyllis ist nicht anwesend. Sie ist zwar eingeladen worden, muss aber an einem Tennisturnier in Bournemouth teilnehmen, wie sie schreibt. Sie und Victor haben ihre Zwistigkeiten schon vor Wochen beigelegt – Phyllis hat den ersten Schritt gemacht. Sie hat sich entschuldigt und er ebenfalls. Heyrick hat den Ring zwischen Rittersporn und Husarenknöpfchen gefunden, und Victor hat ihn Phyllis als Friedensangebot überreicht. Sie solle ihn verscherbeln und sich von der Ausbeute ein paar schicke Ohrringe kaufen, meinte er. Und das tut sie. Ihre alte Freundschaft scheint wieder gekittet, aber das täuscht, denn Victor wird sich in Phyllis’ Gegenwart nie wieder richtig wohlfühlen. Er weiß nie, ob er sie nicht gerade langweilt, und so kühlt sich ihre Freundschaft im Lauf der Zeit ab, bis sie ein Stadium erreicht, wo man
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