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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe
Autoren: Arto Paasilinna
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Zeitpunkt, als Taavetti Rytkönen im Inneren des Sturmgeschützes am wildesten randalierte.
    Uolevi hörte dröhnenden Lärm aus dem Kiefernwald am Museum. Die seltsamen Geräusche erschreckten den in reizbarer Gemütsverfassung dahinradelnden Junggesellen. Er hielt an und versuchte auszumachen, woher der Lärm kam. Auf dem Museumsgelände war kein Mensch zu sehen, die Panzer ruhten mächtig und unbeweglich am Hang, dennoch war die Luft von schrecklichem Getöse erfüllt. Es schien, als wären un­ sichtbare böse Geister unterwegs.
    Der verkaterte Mann trat in die Pedale und radelte aufgeregt zum Parkplatz des Museums. Der höllische Lärm schien aus einem düsteren Sturmgeschütz zu dringen. Zitternd vor Furcht, reimte sich Uolevi zusam­ men, dass dort die Geister der in den Panzern ums Leben gekommenen Kriegshelden ihr Unwesen trieben. Vielleicht suchten die ruhelosen Seelen auf diese Weise noch Jahrzehnte nach ihrem Tod Vergeltung für ihre furchtbaren Leiden und das gewaltsame Ende ihres jungen Lebens? Der Junggeselle faltete die Hände und wandte seinen trüben Blick zum Abendhimmel, den die untergehende Sonne rötete. »Ruhet in Frieden«, betete Uolevi stammelnd. Da endete das Treiben der Geister. Nur noch ein paar dumpfe Schläge waren zu hören. Die kämpfenden Seelen kamen zur Ruhe. Aus dem Sturm­ geschütz, in dem die Geister gelärmt hatten, erklang kräftiges Schnarchen.
    Uolevi kam zu dem Schluss, Gott habe sein Gebet er­ hört und ihm ein rettendes Zeichen gesandt: Du wütest, Erdenwurm, bis dass du Ruhe findest! Erfüllt mit Vor­ sätzen für ein besseres Leben, stieg Uolevi Hollikka auf sein Fahrrad und machte sich auf den Weg nach Hattu­ Taxifahrer Seppo Sorjonen klimperte mit den Auto­ schlüsseln, während er auf dem Flugplatz von Tampere die Landung der Maschine aus Helsinki beobachtete. Das sich nähernde Flugzeug beflügelte seine Fantasie. Die Metallröhre, die Tausende von Kilos wog, tauchte aus den Wolken auf, schwebte über den Platz, kam herunter, die Räder quietschten beim Aufsetzen auf die Landebahn, eine leichte Rauchwolke zeugte von der starken Reibung. Wäre ein Vogel so ungeheuer groß, würden ihn seine Flügel niemals tragen. Und selbst wenn, dann würde er sich beim Landen die Krallen auf dem Asphalt der Landebahn verbrennen, und er würde bei dem Versuch, die Schubkraft seines Körpers zu bremsen, vornüber kippen. Nirgendwo auf der Welt wachsen so ungeheuer große Bäume, dass sich ein Vogel von der Größe eines Düsenflugzeugs darauf nie­ derlassen könnte. Sorjonen stellte sich den Balzruf eines Vogels von dieser Größe vor. Es lief ihm kalt den Rücken hinunter.
    Der Maschine entstieg Sorjonens Kollege Karttunen. Als dieser die Wagenschlüssel und Rytkönens Geld für die Tour in Empfang genommen hatte, erklärte er, er müsse sofort nach Helsinki zurückfahren. Der Chef habe ihn aufgefordert, sich zu beeilen, die Arbeit warte.
    »Und dann lässt er dir noch ausrichten, du brauchst dich nicht mehr bei ihm blicken zu lassen. Du bist sozusagen ein freier Mann.«
    »Er hat mich also gleich rausgeschmissen?«, fragte Sorjonen verwundert.
    »Er hat seine Entscheidung damit begründet, dass er seinen Taxistand in Helsinki und nicht in Hämeenlinna hat. Also versuch, damit klarzukommen.«
    Sorjonen kehrte mit dem Zubringerbus in die Stadt zurück, mietete dort ein Auto für fünf Personen, einen roten Volvo, aß eine Kleinigkeit und schrieb an seine Freundin Irmeli Loikkanen in Helsinki eine Karte: »Schmerzt die Hüfte sehr? Ich rufe später an, Seppo.« Dann ging er in die Bibliothek, um sich zu informieren, an welcher Krankheit Taavetti Rytkönen litt. Die Biblio­ thek von Tampere war sehr eindrucksvoll, es war ein neuer, sehr eigenwillig gestalteter Bau. Sorjonen ver­ suchte sich zu erinnern, von wem der Entwurf stammte, doch es fiel ihm nicht ein. Er vermutete, dass er im Alter ebenfalls an Gedächtnisschwund leiden würde, da er ein so schlechtes Erinnerungsvermögen hatte.
    Im Lesesaal suchte er nach Informationen über Geis­ teskrankheiten im Alter und über Dementia. Das Lexi­ kon behauptete, Dementia sei in erster Linie ein »offiziel­ ler Widerruf, das Widerlegen eines Gerüchts«, doch darum handelte es sich in diesem Fall nicht. In einer Publikation des Sitra -Fonds fand Sorjonen eine Definiti­ on, die besagte, dass das wichtigste Charakteristikum für Dementia, Demenz, eine Schwächung der geistigen Leistungsfähigkeit sei, die das soziale und
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