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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes
Autoren: Kate Pepper
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originalgetreue Coverversion eines Joni-Mitchell-Klassikers läuft, den Mac früher einmal sehr gemocht hat.
    «Danke», meint Mac.
    «Keine Ursache.»
    Mac schließt die Augen, und als er sie wieder öffnet, rollen sie über den baumbestandenen Hutchinson Parkway und fädeln sich in die Ausfahrt nach Rye Brook und Greenwich ein.
    Schlagartig wirken die Straßen fast wie ausgestorben. Die wenigen Fahrzeuge, die man noch sieht, sind durch die Bank die allerneuesten Modelle der Premiumhersteller. Sie schlängeln sich durch idyllische Seitenstraßen mit so passenden Namen wie Riversville Road und Meadow Lane, bis sie in die Zaccheus Lane biegen und sich nun direkt hinter Millerhausens Limousine befinden. Mac muss laut lachen. Er hat als Kind einen Bibelkreis besucht und erinnert sich an die Geschichte von Zacchaeus oder Zachäus, dem Zollpächter, der auf einen Maulbeerfeigenbaum geklettert ist, um Jesus besser sehen zu können. Das A aus dem Namen zu streichen und diese Straße Zaccheus zu nennen, hilft nicht. Greenwich ist eine der reichsten Städte Amerikas, und das Letzte, was diese Menschen hier draußen sehen möchten, ist ein Zollpächter. Oder ein Privatdetektiv.
    Die Limousine fährt in den Ashton Drive und rollt dann auf eine Auffahrt.
    «Halten Sie hier», bittet Mac Ali.
    Das Taxi bleibt vor zwei Steinsäulen stehen. In einen Pfeiler ist der Name
Ashton Manor
eingemeißelt.
    «Ist das Ihr Haus?»
    «Machen Sie Witze?»
    «Was weiß ich denn?»
    «Parken Sie bitte hinter diesen Bäumen da und schalten Sie den Motor aus.»
    Mac steigt aus, lässt die Tür einen Spaltbreit offen stehen und nähert sich auf leisen Sohlen einer Stelle, von wo aus er die lange, von Hecken gesäumte Zufahrt sehen kann, die vor dem Backsteinanwesen einen Halbkreis beschreibt. Die Limousine hält vor dem mächtigen weißen Portikus. Das Haus verfügt über riesige Sprossenfenster und vier Schornsteine, die aus dem Schindeldach ragen.
    Kaum ist Millerhausen eingetreten, schließt sich hinter ihm die Tür.
    «Was nun?», fragt Ali, der auf einmal hinter Mac steht.
    «Wir warten.»
    «Wie lange?»
    «Keine Ahnung.»
    «Ihnen ist aber schon bewusst, was Sie das kosten wird, oder?»
    «Sie meinen, was es
ihn
kosten wird.» Mac deutet mit dem Kopf auf das Haus.
    Ali grinst. Seine schiefen gelben Zähne sehen aus, als hätte sie ihm jemand in den Mund gerammt. «Sie sind irre, Mann.»
    Sie warten eine Stunde. Zwei. Drei. Als in dem Anwesen das Licht gelöscht wird, kommt Mac zu dem Schluss, dass Millerhausen nicht mehr wegfahren wird und er sich endlich auf den Heimweg machen kann.
    Mittwoch, 27. Juni
    In meinem kleinen Schwarzen, vielmehr ein kleines Rotes, das ich nur bei Observierungen trage, bedanke ich mich mit einem Nicken bei dem livrierten Portier, der mir die Tür vom Daniel’s aufhält. Mac zufolge ist Millerhausen vor exakt fünfzig Minuten in diesem Restaurant eingetroffen. Aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich, wie mein Mann an diesem lauen Sommerabend die 65 th Street hinunter Richtung Park Avenue geht. Heute Abend darf er sich daheim ausruhen, während ich Millerhausen observiere.
    Der Oberkellner, ein runzeliger Herr in schwarzem Anzug, begrüßt mich mit dem für seinen Berufsstand typisch steifen Lächeln. «Wie kann ich Ihnen helfen, Madam?»
    Ich lächele genauso frostig zurück. «Ich treffe einen Freund an der Bar. Er hat mich gebeten, um sieben Uhr hier zu sein.»
    «Es ist Viertel vor sieben.»
    «Ach ja?»
    «Sein Name?»
    «Er hat mich gebeten, seinen Namen nicht zu nennen.» Ich lächele kokett und gebe ihm zu verstehen, dass dieser Herr ein heimliches Date mit seiner Geliebten hat. Der Oberkellner mustert meinen kamelfarbenen Pashmina, als wisse er, dass ich ihn für fünf Dollar bei einem Straßenhändler ergattert habe.
    «Bitte.»
    Ich folge ihm durch mehrere, von Bögen und griechischen Säulen eingefasste Räume mit bernsteinfarbenen Wänden, dicken Teppichen, weiß gedeckten Tischen und dunklen Lackstühlen. Schwarz gekleidetes Personal schwebt leise durch das weitläufige Restaurant wie eine Legion diensteifriger, unsichtbarer Geister, deren einziges Ziel es ist, den Gästen zu dienen und ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Gerade so, als würden sie nur hier existieren und nach ihrer Schicht nicht in Turnschuhen in die Bronx, nach Brooklyn, Queens oder gar Staten Island fahren. Während ich zur Bar geführt werde, vorbei an Menschen, die alle aussehen, als würden sie eine Rolle spielen, lasse ich
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