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Der Sokrates-Club

Der Sokrates-Club

Titel: Der Sokrates-Club
Autoren: Nathalie Weidenfeld , Julian Nida-Ruemelin
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verlassen, die jede Frage darauf beziehen, was ihnen selbst zugestoßen ist, und andere, die schon ein erstaunlich hohes Abstraktionsvermögen besitzen und komplexe philosophische Argumente verstehen und vorbringen. Manche scheuen sich auch vor großem Publikum nicht, ihre Meinung bestimmt vorzutragen, andere trauen sich kaum ihr Kopfschütteln auf Nachfrage zu erklären.
    Das Buch ist folgendermaßen aufgebaut: Nach einem Kapitel zum Thema » Philosophieren mit Kindern« folgen die einzelnen Themen-Kapitel. Diese beginnen jeweils mit einem Gesprächsteil, der einen Gedankenaustausch mit Kindern dokumentiert. Ihm folgt ein theoretischer Teil, der die argumentativen, philosophischen Hilfsmittel für die erwachsenen Gesprächspartner der Kinder zu dieser Thematik bereitstellt. Gespräche und Einführungen können nacheinander gelesen werden. Zugleich sind die Passagen, die sich unmittelbar aufeinander beziehen, verlinkt. Wer an einer bestimmten Stelle der philosophische Unterhaltung gleich die Hintergründe erfahren möchte, kann den entsprechenden Link »Mehr Wissen« aktivieren. Der theoretische Teil der jeweiligen Kapitel soll eine erste philosophische Orientierung zur Thematik vermitteln, er ist nicht als Kommentar zum Gespräch gedacht. Wenn Sie sich auf das philosophische Gespräch mit Ihren Kindern, Enkelkindern, Schülerinnen und Schülern einlassen, wird der Gesprächsverlauf vermutlich ganz anders sein, daher ist es von Bedeutung, dass Ihnen die wichtigsten philosophischen Argumente vertraut sind, manche von diesen werden dann im Gespräch auftauchen, andere nicht.
    In den Gesprächen mit den Kindern wurde nichts dazugedichtet. Das erklärt, warum sich gelegentlich Elemente des theoretischen Teils nicht in den Gesprächen wiederfinden.
    Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, was unter » Philosophie« zu verstehen ist. Es verbindet einen Abriss zur Entwicklung und zum Selbstverständnis des philosophischen Fachs mit einer eigenen Positionsbestimmung.
    Das Buch schließt mit einer Zusammenstellung von Steckbriefen zu den wichtigsten Philosophen und Hinweisen zur weiterführenden philosophischen Literatur.

1. Philosophieren mit Kindern
    Manche akademischen Philosophen halten nichts vom Philosophieren mit Kindern. In der Tat ist nicht jede Auffassung, was Philosophie sei, damit vereinbar, mit Kindern zu philosophieren. Wer zum Beispiel meint, dass Philosophieren eine schon für Erwachsene gefährliche Aktivität sei, wird, schon um Schaden von der kindlichen Seele abzuwenden, dagegen sein, mit Kindern zu philosophieren. Nicht nur manche konservative Kleriker vertreten diese Auffassung, auch Wittgenstein scheint ihr zugeneigt zu haben. Wer meint, dass im Zentrum der Philosophie die Axiomatisierung naturwissenschaftlicher Theorien steht, also der Versuch, einige wenige Prinzipien (Axiome) zu formulieren, aus denen sich die gesamte Theorie ableiten lässt, wie manche Hardcore-Analytiker der 60er Jahre, wird ebenfalls wenig von Kinderphilosophie halten. Wer schließlich Kindern nicht zutraut, denken zu können, wird auch skeptisch sein.
    Erstaunlich viele Entwicklungspsychologen waren der Auffassung, dass Kinder nicht logisch denken könnten. Das scheint mir eine abwegige Vorstellung zu sein, denn auch kleine Kinder sind offenkundig in der Lage, sich an gegebenen Informationen zu orientieren und einzelne Informationen, also Sätze, auf ihre Widersprüchlichkeit oder Verträglichkeit hin zu beurteilen. Dass es Kindern schwerfällt, die logischen Regeln, die sie anwenden, explizit zu machen, spricht nicht dagegen, dass Kinder logisch denken können.
    Muttersprachler kennen die grammatischen Regeln ihrer Sprache auch dann, wenn sie diese nicht explizit machen, nicht formulieren können. Muttersprachler kennen die grammatischen Regeln ihrer Sprache, weil sie im Einzelfall genau beurteilen können, wann diese Regeln verletzt sind. Kinder beherrschen in diesem impliziten Sinn bereits sehr früh logische Regeln, so die Regeln der Inferenz, also wie man etwas begründen kann, und die Regeln der Konsistenz und der Kohärenz. Andernfalls wäre die Fähigkeit, sich in der Welt zu orientieren und wenigstens in überschaubaren Situationen und in kurzer Frist kohärent zu handeln, erst spät, etwa ab dem zwölften Lebensjahr möglich, dies ist in etwa der Zeitpunkt, ab dem Kinder logische Kriterien explizit machen können.
    Zweifellos fällt es Kindern dennoch schwer, ihre Praxis über einen längeren Zeitraum
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