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Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger

Titel: Der Sohn des Sehers 02 - Lichtträger
Autoren: Torsten Fink
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niemand machte Anstalten, es in Ordnung zu bringen. Er konnte sehen, dass seine Stammesbrüder den Platz immer noch furchtsam mieden. Lärm von schweren Hämmern drang von den Mauern. Die Viramatai waren dabei, die anderen Schäden zu beheben, die die Festung in der Schlacht erlitten hatte. Awin wusste, dass die Ussar sich nur halbherzig daran beteiligten.
    »Das ist Arbeit für Akkesch, nicht für Ussar«, meinte Mahuk, der Awin auf einem Treppenabsatz zu erwarten schien.
    Awin nickte geistesabwesend. Er sah zwei Männer die Stufen heraufkommen. Es waren Heredhan Eri und Yaman Dheryak von den Eisernen Hakul, der die Krieger seines Stammes nun führte, denn Tiudhan Liwin war in der Schlacht gefallen. Sein Leichenzug war schon vor drei Tagen aufgebrochen, und Dheryak würde nun die anderen Krieger nach Tiugar zurückführen. Awin sah keinen Grund, den beiden Männern entgegenzugehen, denn ihm war nicht nach Höflichkeiten zumute.

    »Ich bin hier, um dich zu fragen, ob du uns nicht doch begleiten willst, Awin von den Schwarzen Dornen«, begann Eri. Sein linker Arm lag in einer Schlinge.
    »Du hast viel Ruhm erworben, Seher«, meinte Dheryak, »und die Eisernen Hakul würden sich geehrt fühlen, wenn du bei Liwins Bestattung die heiligen Worte sprechen würdest.«
    »Um sich danach wieder daran zu erinnern, was mit Gerwis Männern im Blendland geschah?«, fragte Awin trocken. Er war in den vergangenen Tagen mehrfach böse angefeindet worden. Es mochte sein, dass er die Hakul und vielleicht sogar die ganze Welt vor dem Untergang gerettet hatte, aber das bedeutete nicht, dass die Klans diese Geschichte vergessen würden.
    »Das ist nichts, was nicht durch angemessene Sühne beglichen werden könnte, Yaman«, versuchte Dheryak, ihn zu beschwichtigen. »Und der Klan der Steine wird nicht wagen, allzu viel vom Bezwinger Slahans zu verlangen.«
    »Nicht ich habe die Göttin besiegt, Yaman«, antwortete Awin. Sühne? Hatten sie nicht genug für ihren Sieg bezahlt? Und war dieser Sieg überhaupt endgültig? Schon einmal hatten sie Slahan bezwungen, und furchtbar war ihre Rache über sie gekommen. Hatte der Gott des Todes sie wirklich für immer in sein Reich mitgenommen? Vermochte er das? Unvermittelt musste Awin an die alte Telia und ihren Traum denken. Hatte sie nicht geträumt, dass Eri ein großes Tor öffnen und damit ein gewaltiges Feuer über die Welt bringen würde? Curru hatte behauptet, es sei das Tor in eine bessere Zukunft für den Klan, eine Deutung, die Awin damals für völlig aus der Luft gegriffen gehalten hatte. Aber es sah doch so aus, als würde Curru recht behalten: Eri war Heredhan, und viele führerlose Sippen schlossen sich dem Klan der Berge nun an. Awin hingegen war sicher gewesen, dass der Traum sie davor warnte, dass Eri das Skroltor öffnen würde. Und nur ungern erinnerte er sich
daran, dass Telia zuerst behauptet hatte, sie habe ihn selbst, den jungen Seher, das Tor zum Reich der verbannten Daimonen aufstoßen sehen. Er unterdrückte einen Seufzer. Slahan war aus dem Erdkreis verbannt, ihre Winde waren verschwunden, und das Skroltor lag in weiter Ferne und würde verschlossen bleiben. Die Welt der Menschen war noch einmal gerettet worden. Nur die Retterin selbst, die schien verloren.
    »Yeku weiß, es war Yeku, der die Göttin besiegte«, erklärte Mahuk ernst und fast ohne mit der Wimper zu zucken.
    Die Hakul starrten ihn an. »Die Ussar haben einen eigentümlichen Sinn für Späße«, stellte Eri fest. Dann straffte er sich. »Vielleicht ist es möglich, ihr Männer, dass ich mit meinem Freund Awin kurz allein spreche?«, fragte er.
    Mahuk grinste breit, stand auf und verschwand. Dheryak nickte Awin zu und folgte dem Raschtar hinab in den Hof.
    »Es ist seltsam, von dir Freund genannt zu werden, Heredhan«, sagte Awin bedächtig.
    »Es ist ja auch eine seltsame Zeit, Awin. Eine Zeit, in der die Götter sich zeigen und die alten Sagen Gestalt annehmen.« Er stockte, dann erklärte er: »Vieles von dem, was geschehen ist, bedaure ich, Awin, und Currus Tat wird eine ewige Schande für mich sein.«
    »Aber dennoch hast du ihn leben lassen, Eri«, entgegnete Awin trocken.
    »Nicht alles, was er tat und sagte, war falsch. Ich glaube nicht, dass ich ohne seinen Rat Heredhan geworden wäre. Und wäre ich nicht Heredhan, müsstest du dich jetzt mit Horket unterhalten. Ich glaube nicht, dass dir das gefallen würde, Awin von den Dornen«, erwiderte Eri kühl. »Ich frage dich also noch einmal, Awin, ob
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