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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Gas und nicht eine Mutter am Bett ihres bewusstlosen Sohns, und unterhielten sich ausschließlich mit Nicholas’ Arzt. Beim zweiten Mal sprachen sie sie direkt an und setzten sie in nüchternem Ton davon in Kenntnis, dass die Staatsanwaltschaft Nicholas nicht wegen Verstößen gegen das Waffengesetz anklagen würde, einschließlich des Schusses auf Hannah Gerlic.
    Katharine folgte den beiden bis zu ihrem Zivilfahrzeug und fragte sie hartnäckig aus, bis der jüngere von ihnen schließlich erklärte, die kleine Gerlic beharre darauf, sie sei nicht von Nicholas angeschossen worden und habe keine Ahnung, wie die Kugel in ihr Bein gekommen sei.
    » Und wo ist die Waffe?«, fragte Katharine.
    Die beiden Polizisten sahen einander warnend an und fuhren davon.
    Katharine konnte sich die Antwort denken: Es gab kein Gewehr. Die Flut hatte es mitgenommen.
    Nicholas schlief.

47
    Er öffnete ein Auge um 2.13 Uhr nachts, als gerade der letzte Regen auf die Stadt fiel und die Wolken ihre Umhänge zusammenrafften und aufs Meer hinauszogen.
    Er war überzeugt davon, dass er tot war. Er war überzeugt, er lag in Quills Hütte, um wieder und wieder den mühsamen Gang zum Keller durchzuspielen, den Weg in den Baumkreis, die Gefangenschaft in dem Knochenkäfig und wie ihm die Kehle durchschnitten wurde. So viel Blut. Diese Müdigkeit. Doch dann fiel es ihm ein … es war nicht seine Kehle gewesen, die durchschnitten wurde, und es war auch nicht Quill gewesen.
    Nicholas öffnete das andere Auge. Er befand sich nicht in der Hütte. Seine Finger krochen zum linken Handgelenk und spürten den Verband dort. Er wandte den Kopf in Richtung Fenster.
    Sterne standen zitternd über dem bereits wieder fallenden Fluss.
    Er wandte den Kopf zur andern Seite und sah sie.
    Laine lag auf einer Pritsche neben seinem Bett, ihr Gesicht war blass, schlank und grimmig verschlossen, selbst im Schlaf.
    Er betrachtete sie lange. Vermisste Cate. Erforschte Laines Gesicht. Fragte sich, ob er froh war, am Leben zu sein.
    Er drehte den Kopf wieder und starrte an die Decke. Es galt, sich an Dinge zu erinnern. Unglaubliche Dinge. Der Anblick von etwas Furchteinflößendem und Schrecklichem. Aber als er nach der Erinnerung grub und kurz davor war, sie Gestalt annehmen zu lassen, zerrte der Schlaf wie hartnäckige Kobolde an ihm. Er würde jetzt schlafen und sich morgen erinnern.
    Doch mit der Morgendämmerung war seine Erinnerung an den Grünen Mann so vollständig verschwunden wie der Regen.
    Die Ärzte führten kognitive Tests durch, untersuchten sein Blut und seinen Urin und befanden, es gebe keinen Grund, ihn nicht zu entlassen.
    Laine half Nicholas beim Packen. Sie erzählte ihm behutsam von Pritams Tod, aber er nickte nur. Sie erklärte, dass seine Mutter Garnock getötet hatte, und wie der Versuch von ihr, Suzette und Katharine, ihn zu retten, von der Polizei vereitelt worden war. Wieder nickte er. Das Schweigen zwischen ihnen war nicht unangenehm. Es war klein und warm und so traurig, als lese man den Grabstein eines fremden Kinds.
    Sie brachte ihn nach Hause.
    Als er von der Straße zum vorderen Gartentor und dann weiter zur Eingangsveranda ging, wandte er den Kopf in alle Richtungen. Er weigerte sich, ins Haus zu gehen, setzte sich auf die Vordertreppe und beobachtete die Straße. Laine begriff, dass er nach Gavins Geist suchte und ließ ihn in Ruhe.
    Nicholas wartete eine volle Stunde auf der Veranda vor Lambeth Street 68 und sah zu, wie Arbeiter mit Schaufeln einem LKW folgten und Geröll und Schutt aus den Rinnsteinen schaufelten.
    Gavins Geist tauchte die ganze Zeit nicht auf.
    Nicholas schob den Kiefer vor und ging ins Haus, um mit den drei Frauen Tee zu trinken.
    Er saß lange in seinem ehemaligen Kinderzimmer, blickte aus dem Fenster auf die Straßen Tallongs und versuchte sich zu erinnern. Seine Mutter, seine Schwester und Laine fragten ihn jeweils auf ihre Weise, was in jener Nacht geschehen war, als Hannah Gerlic von zu Hause ausriss und Stunden später unter einem Bus des SES gefunden wurde.
    Er konnte sich nicht erinnern.
    Nicholas ließ den Blick über entlaubte Bäume wandern, über erodierte Straßen, die halb mit orangefarbenen Schranken abgesperrt waren, über Trupps von Energieunternehmen, die in ausfahrbaren Körben Stromleitungen reparierten. Er sagte nicht ganz die Wahrheit: Es gab zwei Erinnerungen.
    Die erste war ein deutliches Bild in seinem Kopf, fest und glatt wie Marmor. Er war Hannahs Zeigefinger zu dem sprudelnden Wasser des
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