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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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geschlichen war und fortgeschwemmt wurde. Der Pensionär stieg in dem verzweifelten Bemühen, seinen einzigen Gefährten zu retten, ruhig hinter dem kleinen Geschöpf ins Wasser, das nach Zeugenaussagen wie ein Kind schrie, bis es unterging. Er versank ohne einen Laut.
    Auch wenn der Fluss schließlich an vielen Stellen über die Ufer trat, betraf die erste Überschwemmung einen Zipfel Land bei Tallong, um das er normalerweise in einer trägen Schlinge floss. Nun strömte er mit einer Geschwindigkeit von zwanzig Knoten und beschloss, sich den langsamen Weg außen herum zu sparen. Das Wasser stieg um vier, fünf, acht, zehn Meter und ergoss sich dann über die mehrere hundert Hektar dicht bewaldeten Lands – Land, das zur Rodung und Bebauung vorgesehen gewesen war, bis der Projektentwickler seine Pläne zurückgezogen und anschließend Selbstmord begangen hatte. Das schnell fließende braune Wasser rauschte zwischen den Bäumen hindurch, entwurzelte die kleineren Sträucher, nahm frei liegende Felsbrocken mit und drückte gegen Gummibäume und Feigen, gegen Myrsinen und wilde Quitten.
    Außer den Spinnen, die hoch oben in den vom Regen gepeitschten Ästen saßen, war niemand da, um zu sehen, wie die braunen Wassermassen zwischen den Bäumen hindurchrauschten, einen Garten voll duftender Kräuter ertränkten und an ein winziges Häuschen schlugen. Eine Stunde später ließ die hartnäckige, mächtige Flut einen Baumstamm wie einen Rammbock in die Hütte krachen und eine Wand komplett herausbrechen. Seines strukturellen Zusammenhalts beraubt, wurde das Häuschen anschließend rasch fortgespült. Ein Keller neben ihm füllte sich erst mit Wasser und dann mit Schlamm und begrub für alle Zeiten eine von Asche umgebene Metallkiste, den mumifizierten Leichnam eines Aborigine-Jungen namens Billy Fry, der 1916 aus einem Waisenhaus verschwunden war, und die verkohlten Reste einer unmöglich alten Frau. Eine Hälfte der Kellertür wurde von dem wirbelnden Wasser mitgerissen und schlug schließlich ein Loch in den Rumpf eines Katamarans, der fünfzehn Kilometer flussabwärts vertäut lag. Die andere Hälfte wurde wie der Keller selbst in schwarzem Schlamm ertränkt.
    Ein eingedrückter Käfig aus Holz und Knochen im Innern eines Rings von Bäumen trieb fort und fiel allmählich auseinander, während er an die Äste von Steineiben und Eukalyptus geschleudert wurde. Zwei kleine Messer gingen für immer verloren.
    Eine frühmorgendliche Offenbarung für die Bewohner der Stadt war das Wiederauftauchen der Fähre Wynard. Wie ein benommener Lazarus trieb sie mit dem Rumpf nach oben unter dem Regenhimmel, eine Schildkröte, die aus einem langen Winterschlaf auftaucht. Ihre grauen Planken drohten jeden Moment endgültig zu versinken, doch sie hüpfte mit der Anmut einer alternden Sopranistin stromabwärts, die überzeugt ist, noch einen letzten Vorhang zu bekommen.
    Sie passierte die vom Regen umspülten Glastürme der eigentlichen Stadt und wurde schließlich von zwei unternehmungslustigen jungen Männern des Kangaroo Point Abseiling Clubs eingefangen, die sich die alten Seile eines unbeliebten Mitglieds aneigneten, einen behelfsmäßigen Haken daran befestigten und die Wynard ans Ufer zogen. Sie verkauften ihren Kadaver auf eBay für fast dreitausend Dollar.
    Während die Flut durch den Wald pflügte, schlief Nicholas Close in seinem Krankenhausbett.
    Drei Frauen kümmerten sich in Schichten um ihn. Zunächst Laine Boye, dann seine Mutter, dann seine Schwester. Suzette wartete immer, bis die Krankenschwestern das Zimmer verlassen hatten, dann malte sie seltsame Symbole mit parfümiertem Wasser auf seine Stirn und über sein Herz. Weder Katharine noch Laine protestierten, sie nickten nur und sahen zu.
    Die Ärzte informierten alle drei Frauen, dass Nicholas keine ernsthaften körperlichen Schäden davontragen würde. Er hatte sich überraschend gut erholt, auch wenn die wieder zusammengeflickten Sehnen ihm nicht mehr erlauben würden, die linke Hand zu einer vollständigen Faust zu schließen. Er hatte jedoch eine Menge Blut verloren, und das verbleibende Risiko betraf sein Gehirn, das lange Zeit von einer angemessenen Blutzufuhr abgeschnitten gewesen war. Leider würde sich ein eventueller Hirnschaden erst feststellen lassen, wenn er wieder aufwachte – falls er es überhaupt tat.
    Die drei Frauen wachten und warteten.
    Ein Polizistenduo kam zweimal zu Besuch.
    Beim ersten Mal ignorierten sie Katharine, als wäre sie unsichtbares
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