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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Dreckspatz.«
    Es war vier Jahre her, dass er sie an einem regnerischen Abend in einer Wohnung wie dieser kennen gelernt hatte. Sie hatten sich eine Stunde lang unterhalten, zehn Minuten lang betrunken miteinander getanzt und sich lachend und unbeholfen geküsst, bis die Gastgeber ihnen ein Taxi riefen und sie erleichtert zusammen nach Hause schickten. Vielleicht gefiel ihm ihre kleine Wohnung deshalb so: weil sie sich nach Cate anfühlte. Eine neue Liebe und eine wunderbare dazu.
    » Sei vorsichtig, Bärchen«, sagte sie. » Hört sich an, als würde es regnen.« Sie klopfte ihm wieder auf den Hintern und stieg auf die Leiter.
    Sie hatte Recht. Es regnete kalt und anhaltend.
    Nicholas schob die Hände in die Taschen und stapfte zum Straßenrand. Ihre Wohnung würde vielleicht die schnuckeligste in Ealing werden, aber sie würde leider auch eine ohne Tiefgaragenplatz bleiben.
    Er blieb stehen und fluchte leise.
    Ihr vier Jahre alter Peugeot war fugenlos zwischen einem Toyota und dem neuen Land Rover ihrer fast ebenso neuen Nachbarn eingeklemmt. Wieder einmal. Er kauft sich ein Fahrzeug, mit dem er es auf den Kilimandscharo schaffen würde, dachte Nicholas, und nimmt sich dann ein Taxi, wenn er nach Hounslow will. Aber er wollte sich seine gute Laune nicht durch eine Auseinandersetzung mit dem Nachbarn verderben. Er würde das Motorrad benutzen.
    Eine Minute später setzte Nicholas seinen Helm auf, drehte am Gashebel, und seine BMW rollte mit einem Baritonknattern aus ihrem Unterstand hinter den Mülleimern auf die Straße hinaus. Er würde klatschnass sein, bis er im Baumarkt war, und völlig durchweicht, wenn er wieder zu Hause ankam, aber er konnte sich nicht aufraffen zurückzugehen, um seine Regenkluft zu holen, und er hatte keine Lust, sich Cates Drängen anzuhören, dass es Zeit sei, einmal ein Wörtchen mit dem Großstadtabenteurer von nebenan zu reden. Das Schleifpapier würde in den Satteltaschen trocken bleiben.
    Die Welt draußen war eine Palette aus Grautönen. Es herrschte so gut wie kein Verkehr. Der Regen piekste nur leicht im Gesicht, und das Motorrad knatterte zufrieden vor sich hin. Als er am Walpole Park vorbeifuhr, beschloss Nicholas, die eisige Kühle einfach zu genießen. Klar, er würde frieren, aber er würde glücklich sein dabei, ein Pascha auf seinem Reittier, ein Reiter in königlichem Auftrag, ein Mann mit einem perfekten Vorwand, sich in einer Viertelstunde vor seiner wunderschönen Frau nackt auszuziehen. Er lächelte für sich und warf einen Blick auf den grünen Park, der verschwommen an ihm vorbeisauste.
    Das Wäldchen zog seinen Blick jedes Mal an. Seine alten Bäume drängten sich dicht in einer Ecke des Parks, kauerten zusammen wie alte Soldaten unter dunklen Schirmen. Unbeachtet und verschworen. Geheimnisvoll. Ihre Stämme waren pechschwarz im späten Licht und grauen Regen, und ihre Wipfel waren wie riesige, auf dem Kopf stehende Schalen voll Seetang, der üppig grün hin und her schwang.
    Zwischen den dunklen Stämmen erschien ein Gesicht.
    Das Gesicht eines Mannes … und doch nicht menschlich. Größer. Älter. In der einen Sekunde, ehe es sich in die nachtschwarzen Schatten des Gehölzes zurückzog, sah Nicholas, dass aus seinen Mundwinkeln …
    PENG! Ein unschöner Zusammenklang aus eingedrücktem Metall und brechendem Kunststoff, dann flog er in hohem Bogen durch die Luft. Für einen langen Moment füllten wolkenverhangene Himmelsweite und Telefonleitungen sein Blickfeld aus. Dann ein kurzes Krachen, und seine Lungen schienen sich mit Quecksilber zu füllen. Ein Schmerz, hart wie Eis, durchströmte ihn. Er bewegte sich immer noch, nur flog er jetzt nicht mehr, sondern rutschte auf dem Rücken über den nassen Asphalt. Er rutschte, wurde langsamer und blieb endlich liegen.
    Grauer Regen und dunkle Blätter. Stille.
    Ein Schmerz, so massiv, als wäre er aus ihm gemeißelt – seine Lungen verkrampften, sie wollten funktionieren, konnten es aber nicht, bei keinem Rugbyspiel in der Highschool und keiner Schlägerei hinter der Scheune war ihm je so die Luft weggeblieben. Er konnte nichts tun, als hier zu liegen und zu versuchen, seine brennenden Lungen mit Willenskraft dazu zu bewegen, dass sie bitte, bitte einatmeten!
    Ein Gesicht ragte über ihm auf. Braune Zähne hinter dünnen Fischlippen. Weit aufgerissene Augen, tief gefurchte Stirn. Ein zweites Gesicht. Dann kehrten die Geräusche wie eine zurückschwappende Flutwelle gleichzeitig mit seinem Atem wieder – rasselnd sog
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