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Der silberne Buddha

Der silberne Buddha

Titel: Der silberne Buddha
Autoren: Wolfgang Ecke
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ungewöhnlich, denn zu einem früheren Zeitpunkt hatte er mir erklärt, daß er nur schlechte Kunden und Leute, die er lieber gehen als kommen sähe, in sein Arbeitszimmer führe. Der tatsächliche Grund wird gewesen sein, daß sich der goldene Buddha bereits wieder in dem Schrein befand, der im Salon stand. Es wunderte mich ferner, daß er seine ganze Familie nach Korea geschickt hatte. Das war bis dahin noch nie vorgekommen. Grund: Niemand von der Familie durfte das Fehlen des Buddhas bemerken. Der alte Diener Sen Tikh bedeutete keine Gefahr für ihn.
    Am meisten allerdings verblüffte mich seine Ruhe. Ich an seiner Stelle hätte sofort den Einsatz der gesamten englischen Polizei verlangt, aber er... keinerlei Erregung über den Diebstahl der Statue. Von diesem Augenblick an war ich sicher, daß es sich um ein Komplott handelte. Nur auf eine Frage habe ich bis jetzt keine Antwort gefunden: Wozu hat er mich eingeschaltet? Aber das wird er uns sicher irgendwann noch erzählen...“
    „Warum haben Sie nicht sofort die Polizei verständigt?“ fragte Sir Ernest, der all das Gehörte kaum begreifen konnte.
    „Damit wäre nichts gewonnen worden. Angenommen, die Polizei wäre gekommen, wie sollte sie ihm beweisen, daß es sich um die gestohlene Statue handelte? Es ist ein Ersatzbuddha, hätte er sagen können. Preiswert gekauft bei einem Käufer, der nicht genannt werden will... Nein, nein, zuerst mußte ich versuchen in Erfahrung zu bringen, ob er in irgendwas verstrickt war. Sie sehen, ich bin indirekt den gleichen Weg gegangen wie die Polizei, nur habe ich mehr erfahren. Nicht nur, daß er bei Buchmachern verschuldet ist, sondern daß er mit einer Riesensumme...“
    „Wang Yin!“ schrie Fu Li Song kalkweiß. Ein ellenlanger Satz auf Koreanisch schloß sich an, den außer ihm, Wang Yin und Ku Long wohl niemand verstand.
    Doch Wang Yin fuhr ungerührt fort: „... mit einer Riesensumme reingefallen ist. Diesen heißen Tip bekam ich erst heute nach 13 Uhr, deshalb so spät mein Anruf bei Mister Clifton. Fu Li Song hatte versucht, vor Wochen mit der Huang Pen einen Posten Opium ins Land zu schmuggeln. Opium, dessen Verteilung zu den Spezialitäten Ku Longs gehört. Leider bekam sein Transporteur, als er plötzlich zwei englische Zollkreuzer auftauchen sah, kalte Füße und beförderte Fu Li Songs Vermögen ins Meer. Aber…“ Wang Yin lächelte kalt... „vorläufig konnte ich noch gar nichts beweisen. Stahl ich ihm den Buddha und er würde Anzeige erstatten — vielleicht hätte ihm jemand die Geschichte mit dem Ersatzbuddha geglaubt. Aber er erstattete keine Anzeige, im Gegenteil: Er war von der Polizei weiter entfernt denn je. Heute morgen um 8 Uhr rief ich ihn an. Ich sagte: Fu Li Song, ich habe heute nacht Ihren goldenen Buddha gestohlen. Sie erhalten ihn zurück, wenn ich die Hälfte von den Hunderttausend aus dem Hartford-Haus bekomme! Er fluchte und war einverstanden!“
    „Ah, deshalb kam er heute morgen so... so...“ Ernest Caven behielt den Rest für sich. Er haßte diese Welt, die so schlecht geworden war. Dagegen hatte der kleine zartrosafarbene Vizepräsident eine helle Frage. Sein rechter Zeigefinger deutete vorsichtig auf Fu Li Song,
    „Aber da muß er doch eine Riesenangst bekommen haben, Inspektor, als Sie ihm sagten, daß Sie Mister Yin und den goldenen Buddha erwischt... ich meine... na ja, ich meine, ermittelt sagt man wohl, also ermittelt haben?“
    Scott Skiffer schüttelte bedeutsam den Kopf: „Von Mister Yin war gar nicht die Rede. Ich habe Mister Li Song erklärt, daß wir einen Mann mit einem goldenen Buddha erwischt hätten, der diesen einem anderen geklaut hat. Der Name Wang Yin fiel dabei nicht. Daß es dann so schlimm kommen würde, das konnte Mister Li Song ja nicht ahnen. Und daß ich ihn hergebracht habe, war auch nur eine Gefälligkeit. Er an seiner Stelle hätte gar nicht mitkommen müssen... Aber nun... nun ist’s passiert, was?“
    Henry B. Benghampton nickte andächtig und dankbar. Es war das erste Mal in seinem Leben, daß ihm ein Detektiv-Inspektor von Scotland Yard etwas so schön erklärt hatte. Und schüchtern — er kam sich mit einem Mal überhaupt nicht mehr wichtig vor — tat er das, was auch die anderen taten: Er erhob sich. Und mit ein klein wenig Gänsehaut sah er zu, wie die Polizisten Fu Li Song und die anderen mit den unaussprechlichen Namen abführten. Nie hätte er geglaubt, daß Vizepräsidentsein so wunderschön aufregend sein könnte...

    Während Perry
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