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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Autoren: Roland Brodbeck
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Fabian meinte, es sei anstrengend, mit Florian zusammen das erste offen schwule Paar in einer sogenannten harten Wintersportart zu sein. Sie hätten zwar viel verbale Unterstützung, aber andererseits war ein Ski-Nachmittag im Wallis mit jungen Talenten der Altersgruppe zwölf bis sechzehn kurzfristig angeblich aus „Termingründen“ abgesagt worden. Eine kurze Rückfrage beim Sekretariat des Veranstalters hatte dann ergeben, der katholische Pfarrer hätte zusammen mit einem Viertel der Eltern in einem Schreiben große moralische Bedenken gegen ein Zusammentreffen von Minderjährigen mit einem bekennenden Homosexuellen gehabt. Es komme eben nicht von ungefähr, dass die Walliser einen nicht unerheblichen Teil der päpstlichen Schweizergarde stellen würden und dass eine Kampfschrift gegen Schwule, verfasst von dem Jungmitglied der Schweizerischen Volkspartei, in jenem Kanton ausgebrütet worden war.
    Bisher seien zwar alle wie zu einem Staatsgast höflich gewesen, aber ein unverkrampftes Schulterklopfen „Gut gemacht, Bursche!“ wie nach dem Abfahrtssieg habe er bisher vermisst, erzählte Fabian. Saubauer versuchte Fabian zu erklären, dass eben ein Doppelolympiasieger in Österreich kein „Bursch“ mehr sei, sondern eine Respektsperson. Außerdem wäre der konservativere Teil Österreichs noch dabei, den Schock zu verarbeiten, dass ein Schwuler nicht nur im Eiskunstlaufen, sondern auch in der alpinen Abfahrt ganz oben auf dem Stockerl stehen konnte. Und wer wissen wollte, wie man aus einem Punk einen Doppelolympiasieger mache, der solle sich vom Frehsner ein paar Tipps geben lassen. Wer Saubauer selbst nach seinen Geheimnissen fragte, bekam zur Abtwort: Die gäbe er preis, wenn er irgendwann ein Buch schreiben könnte mit dem Titel:
54 Medaillen sind kein Zufall.
Justin fand, jetzt hätte Saubauer ein wenig die Bodenhaftung verloren. Fabians Sieg in der Abfahrt auf der Lenzerheide hatte wohl dazu beigetragen, aber er war ganz offensichtlich stolz auf seine Jungs und das tat gut.
    Die Mini-Olympiade wurde an einem Freitagabend mit einer Zeremonie in Gegenwart des österreichischen Bundespräsidenten und des russischen Botschafters begonnen. Dabei übergab Österreich für dreißig Stunden die Slalompiste und das Zielgelände der Hoheit Russlands. So würde völkerrechtlich gesehen der Wettkampf im ursprünglichen Gastgeberland stattfinden. Danach folgten das Hissen der olympischen Fahne und das Wiederentzünden des olympischen Feuers. Die Flamme hierzu wurde mit einem Fackellauf vom Flughafen Innsbruck bis nach Kitzbühel transportiert, wobei der österreichische Abfahrts-Weltmeister von 1982 und Gastgeber im Kitz Race Club, Harti Weirather, nicht der Schlussläufer war, sondern nur der Zweitletzte. Einem Russen war es vorbehalten, die Flamme wieder zu entzünden. Nicht zuletzt zu Justins Erleichterung wurde diese Ehre nicht Koslow zuteil, sondern dem Gewichtheber Giorgi Assanidse, Olympiasieger im Leichtschwergewicht von Sydney und Bronzemedaillengewinner von Athen. Nachdem die olympische Fackel nun neben dem Zielhaus brannte, wurden die in Adler versäumten Medaillenzeremonien nachgeholt.
    Bei Fabian durfte Koslow aber doch noch als Bronzemedaillengewinner auftreten, denn nach der Auffassung des Tribunals des IOC konnte der Nachweis nicht erbracht werden, dass Koslow die kurzzeitige Entführung der Athleten geahnt oder begünstigt hätte. Erst war geplant gewesen, dass Prinz Harry die Medaillen übergeben sollte, doch der hatte dann doch noch mit dem Alt-IOC-Präsident Jaques Rogge getauscht, da der Prinz ein Problem damit hatte, dem Mann die Hand zu schütteln, der seinem jüngeren Bruder positive Dopingtests hatte unterschieben wollen. Ein paar im Publikum quittierten die Überreichung der Bronzemedaille mit Pfiffen und Buhrufen. Umso heftiger war der Applaus, als ihr Pesi seine erste Medaille des Abends umgehängt bekam und auch Fabian feierten sie, wenn auch nicht ganz so heftig aber lang anhaltend, als der nun offiziell zum Doppelolympiasieger wurde. Sogar zwei Regenbogenfahnen wurden dabei geschwenkt und kein Blitz des Herrgotts traf deshalb Kitzbühel. Auf das übliche Foto mit allen drei Gewinnern auf der obersten Stufe wurde allerdings verzichtet. Für Justin war klar, das war Koslows letzter Auftritt im alpinen Skisport gewesen.
    Danach durften Dave Hall, Daniel Ruiz und Johann Ulrichen ihre Rehabilitation und Medaillen empfangen. Der österreichische Ski-Kaiser Franz Klammer hielt zuvor eine
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