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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
Autoren: Roland Brodbeck
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Nach einer kleinen Schlussfeier mit dem Löschen der Fackel beim Zielhaus wurden alle olympischen Medaillenträger zu einem Empfang des russischen Botschafters im Kitz Race Club gebeten. Offiziell gehörte der Empfang nicht mehr zu den Olympischen Spielen, da sonst der Botschafter nicht hätte reden dürfen. Auch der österreichische Bundespräsident, der Schweizer Bundesrat Stutz und viele Prominente waren anwesend. Da konnte selbst Justin nicht einfach in Alltagskleidung hineingehen. Vanessa hatte sich an einem Foto von Justin Biebers Auftritt an einer Gala orientiert und auch berücksichtigt, dass ihr Schulfreund aus dem Gymnasium keine Schlabber-Jeans mochte, die für einen derartigen offiziellen Anlass sowieso nicht angebracht gewesen wären. Es gab auch Wermutstropfen: Aus Platzgründen hatte man auf eine Tanzfläche verzichtet. Inoffiziell ging das Gerücht um, man wolle Niki Lauda den Anblick eines gleichgeschlechtlichen tanzenden Paares – Fabian und Florian – ersparen, da ja allgemein bekannt war, wie den mehrfachen Formel-1-Weltmeister so etwas in Rage versetzen konnte.
    Der Eingangsbereich vor dem Club konnte durchaus mit Hollywood konkurrieren; die Bend mit Bieber verwechselnden Mädchen kreischten. Die Promipresse hatte sich auf einer Tribüne neben dem roten Teppich versammelt, der durch das Foyer des Clubs führte. In ihren schwarzen Abendanzügen hätte Justin Fabian und Florian beinahe nicht wiedererkannt. Die beiden hielten Händchen, wie auch Vanessa und Richard zum ersten Mal vor den Kameras zeigten, dass sie ein Paar waren. Der Fußballkaiser höchstpersönlich stellte ihnen den Ex-Nationalspieler Hitzlsperger vor, der sich am Anfang des Jahres als schwul geoutet hatte. Das löste ein ebenso heftiges Blitzlichtgewitter aus wie vorhin die beiden Prinzen mit Vanessa. Dr. Graber und Ruedi Mayerhofer benützen die Gelegenheit, der Presse zu erklären, wie stolz sie auf ihren Gold-Luchsi seien. Koslow hingegen war nicht eingeladen worden oder hatte verzichtet; jedenfalls konnte Justin den Russen nirgends sehen.
    An der Tür zum Festsaal begrüßte sie der Botschafter. Justin ging alleine zum Empfang. Er hatte es als zu lächerlich empfunden, sich auf die Schnelle eine Alibifreundin zuzulegen, besonders da ihn Garchinger nach dem Slalom gefragt hatte, wann man ihn nun offiziell auf die Liste der schwulen Sportler setzen könnte. Justin hatte ihm geantwortet, am ersten Tag der Weltmeisterschaft in St. Moriz 2017 wäre es so weit.
    Dem Medaillenspiegel nach musste mit zwei Goldmedaillen Fabian – mit Florian als seiner Begleitung – vorangehen. Eine größere Mehrheit begrüßte die Athleten mit stehendem Applaus, aber ein paar Damen und Herren blieben mit verschränkten Armen demonstrativ sitzen, bis sie vorbeigegangen waren, um dann umso kräftiger zu applaudieren, als Jörg seine Zukünftige an der Hand vorbeiführte, gefolgt von den anderen Paaren. Justin, Fabian und Florian durften bei Prinz Harry und seiner Freundin Platz nehmen, Prinz Richard und Vanessa etwas weiter entfernt beim österreichischen Bundespräsidenten. Justin würde Vanessa wohl ab jetzt seltener sehen. Sie würde ihm fehlen. Patrik war nach der Sitzordnung zwischen Justin und Fabian platziert worden, was Justin nicht besonders mochte, aber da alle beobachteten, wie das Team sich wieder zusammenfinden würde, begrüßte er eben den Kollegen, wie man es von ihm erwartete.
    Der Botschafter geißelte in seiner Rede die Schneeballwürfe der Hooligans und bat um eine Schweigeminute für die von Terroristen erschossenen Menschen. Justin fand das grenzwertig in der Formulierung, denn es lag kein unabhängiger Bericht vor, ob die Terroristen oder die russische Spezialeinheit für die Toten und die Verletzten verantwortlich waren. Eine Erwähnung der von der orthodoxen Kirche angezettelten Unruhen blieb jedoch aus. Jacques Rogge hielt eine Rede, in der er immerhin betonte, dass an den großen Sportereignissen alle willkommen sein müssten, jede Hautfarbe und jede sexuelle Orientierung. Am Schluss wollte er nun denen das Wort geben, die wirklich zählen würden, nämlich den Spitzensportlern selbst, und für sie spräche nun der Führende im Medaillenspiegel des alpinen Skisports der Männer der zurückliegenden olympischen Spiele, der Doppelolympiasieger Fabian Luchsiger aus der Schweiz.
    „Sehr verehrte Präsidenten, königliche Hoheiten, Herr Bundeskanzler, Herr Bundesrat, Herr Botschafter. Wir sollten beim Sport nie diejenigen
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