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Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein

Titel: Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
Autoren: Garth Nix
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meisten von ihnen sich nicht weiter von den Türen bewegen können, wenn ihnen ihre Meister nicht folgen. Sie werden dann zurückgezogen.“
    „Ich glaube nicht, dass das etwas ausmacht“, murmelte Milla.
    „Die Erwählten wollen uns mit Geistschatten überrennen“, bemerkte Saylsen. „Feiglinge!“
    Nein, sie sind keine Feiglinge, dachte Milla. Es war bei den Erwählten einfach üblich, sich so weit wie möglich vor Verletzungen und Tod zu schützen. Außerdem wussten sie sicher, dass die Eiscarls außer Millas Kralle und Jareks goldener Kette nur sehr wenig Waffen gegen die Geistschatten hatten. Nur ein Merwin-Horn-Schwert und mit Algen beschichtete, leuchtende Speere. Ihre Schattensäcke und Schattenflaschen hatten sie schon längst aufgebraucht.
    Als sich die Geistschatten flimmernd in Position brachten, dachte Milla noch einmal über alle Möglichkeiten nach, über alle Waffen und jede Taktik, die in Frage kam.
    „Eine Schildjungfrau denkt über alle möglichen und zu erwartenden Dinge nach und tut dann das Unmögliche und Unerwartete.“
    Es war ihr nicht bewusst, dass sie gerade laut gesprochen hatte, bis Saylsen sie zustimmend ansah. Im gleichen Moment erkannte Milla auch, dass es eine Waffe gab, an die sie noch nicht gedacht hatte – eine gegen Geistschatten sehr effektive Waffe, wenn man sie richtig einsetzte.
    Ihr Sonnenstein. Das einzige Problem bestand darin, dass sie eben nicht wusste, wie man ihn richtig einsetzen musste. Tal hatte ihr ein paar Dinge gezeigt, die sie in den Heiztunnels auf dem Weg hinaus ausprobiert hatte, doch das war alles.
    Milla starrte zu dem Stein hinunter und beobachtete die leuchtenden Funken darin. Was musste sie unternehmen? Sollte sie einen Roten Strahl der Zerstörung versuchen? Sie hatte genug dieser Strahlen gesehen. Aber hatte Tal ihr nicht gesagt, dass Violett die mächtigste Farbe im Spektrum war? Da die Geistschatten ihnen im Verhältnis zwanzig zu eins überlegen waren, war es sicher besser, gleich einen Violetten Strahl der Zerstörung zu versuchen.
    Oder noch besser: Eine violette Welle der Zerstörung.
    „Milla? Was machst du?“, fragte Odris nervös, als Milla ihre Hand hob und den Kopf senkte, um sich auf den Sonnenstein zu konzentrieren.
    Milla ignorierte sie. Der Strom der Geistschatten durch die Türen ließ jetzt nach und die Reihen waren beinahe geschlossen. Sie würden bald angreifen, wenn sie nichts unternahm.
    Konzentration und Vorstellungskraft – das waren die Dinge, die Tal genannt hatte. Milla wandte all ihre Gedanken dem Sonnenstein zu und blendete alles andere um sich aus. Es war wie die zweite Stufe eines Rovkir-Atemmusters, dachte Milla und war überrascht, dass sie tatsächlich das betreffende Atemmuster begann.
    Violett. Violett. Milla zwang den Sonnenstein dazu, Violett zu produzieren. Sie musste in dem Stein einen großen violetten Strahl erzeugen und ihn dann wie eine Lawine auf die Geistschatten loslassen. Auch wenn das nur die Reihen direkt vor ihnen auslöschte, würde es ihnen doch mindestens eine Chance geben.
    Milla erinnerte sich an eine echte Lawine, die sie einst gesehen hatte. Es war während einer Versammlung zwischen den Far-Raidern und deren Schwesterclan, den Frostkämpfern, gewesen. Beide Clans hatten ihre Schiffe verlassen und nur eine Notmannschaft zurückgelassen, um eine Feier auf dem niedrigeren Gipfel des Twoknuckle-Berges abzuhalten. Es war eine großartige, aber gefährliche Feier gewesen, denn der Berg war für seine Unberechenbarkeit bekannt. Es war purer Leichtsinn gewesen, der die Clans auf diesen Berg geführt hatte. Trotz allem hatten die Cronen auf einigen Sicherheitsmaßnahmen bestanden und so hatte man hunderte von Motten-Laternen in weiten Kreisen um die zentralen Lagerfeuer platziert.
    Mitten während der Feier hatte sich der höhere der beiden Gipfel kurz angehoben und eine gewaltige Welle aus Schnee und Eis herabfallen lassen. Zunächst hatten sie es nur gehört, ein tiefes Donnern in der Dunkelheit, lauter als jede Bestie. Der äußere Laternenring war binnen eines Augenblicks erloschen und die inneren Laternen hatten ganz kurz die Lawine beleuchtet, die auf das Lager niederging. Milla erinnerte sich nur zu gut an diese Wand aus eisigem Tod, die alle mitgerissen hatte, die nicht schnell genug Deckung hinter einem Felsklotz gefunden hatten.
    Eine solche Lawine stellte sie sich jetzt vor. Eine aus vollkommenem Violett. Sie rief sie aus dem Stein hervor, wobei sie all ihre Konzentration und
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