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Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein

Titel: Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
Autoren: Garth Nix
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Narben und die Verbindung mit den Eiscarls gewöhnt, die sie symbolisierten.
    Tal legte zwei Finger über die Narbe. Er versuchte, sich an das Gefühl zu erinnern, das er auf dem knöchernen Deck des Eisschiffs gehabt hatte, an den eisigen Wind, an das Summen der Takelage des Schiffes, das Flattern der Segel. Er versetzte seine Gedanken in diese Zeit zurück, zur Crone der Far-Raider, die den Schnitt vorgenommen hatte, zur Mutter-Crone, die ihm etwas prophezeit hatte. Er versuchte, sie mit einem stillen Gedankenschrei zu rufen.
    Nichts geschah. Doch Tal versuchte es erneut. Er rief noch einmal und versuchte, sich an die kleinsten Details aus seiner Zeit mit den Far-Raidern auf dem Eis zu erinnern. Den Geruch der Selski-Suppe. Die exakte Farbe des Sonnensteins, der an den Mast gebunden war. Das Schnauben der Wreska. Das ferne Krachen der Selski bei ihrer endlosen Verfolgung der Slepenish.
    Irgendwann spürte er, wie sich das Nichts um ihn langsam veränderte. Wind kam auf – eisiger Wind. Dann Licht in der Farbe des Sonnensteins der Erwählten. Unter sich spürte er knöcherne Planken, die sich bogen und verschoben, als das Schiff über das Eis glitt.
    Die Dunkelheit verflog. Tal stand neben dem Mast eines Eiscarl-Schiffes im Licht des Sonnensteins hoch über ihm. Das Schiff stand unter vollen Segeln und schoss über das Eis. Eine Sternschnuppe durchschnitt die Dunkelheit.
    Es war noch jemand an Deck. Keine Crone, dachte Tal zuerst. Ein Erwählter. Fashnek. Ein kompletter Fashnek, dessen Traum-Körper repariert war und keinen Geistschatten nötig hatte.
    Er schien ängstlich zu sein und riss entsetzt die Arme hoch, als Tal auf ihn zukam. Das violette Leuchten bildete einen blendend hellen Schein um seinen Kopf.
    „Fashnek!“, rief Tal über das Heulen des Windes hinweg. „Ich bin der Erbe von Ramellan, Imperator der Erwählten und du wirst…“
    Bevor er weitersprechen konnte, verschwand Fashnek.
    „Hol’s die Dunkelheit“, fluchte Tal. Da die Cronen nirgendwo in Sicht waren, hatte er gehofft, Fashnek dazu zwingen zu können, ihn zu befreien. Es sah zwar so aus, als hätte er die Albtraum-Maschine bezwungen, doch das war nicht genug. Selbst wenn er sich seine Träume selbst aussuchen konnte, so war er doch noch immer ein Gefangener. Und wer wusste, was in der Zwischenzeit im Schloss passierte? Gerade in diesem Augenblick könnte Sushin Tals Hälfte des Violetten Sonnensteins dazu benutzen, den Schleier zu zerstören.

 
KAPITEL VIER
     
     
     
    Die Eiscarls hatten gerade das letzte Fass zu ihrer provisorischen Festung gerollt, als die Sonnensteine in der Decke hoch oben flackerten und um einiges heller wurden.
    Milla erkannte als Erste, dass die Steine ferngesteuert wurden. Und der einzige Grund dafür, dass sie heller wurden, konnte sein, dass irgendjemand den Geistschatten zu mehr Kraft verhelfen wollte. Die Erwählten standen offensichtlich kurz vor einem Angriff!
    „Zieht euch in die Festung zurück!“, rief Milla und winkte ein paar Eiscarls herbei, die noch immer Säcke von der Wand holten.
    Innerhalb einer Minute war Millas kleine Streitmacht hinter dem engen Kreis aus Säcken und Fässern verschanzt und zu allem bereit. Milla sah sie an. In ihren Fellen und mit den knöchernen Gesichtsmasken wirkten sie hier völlig fehl am Platz; sie waren für das Eis geschaffen. Sie hatte sie schlecht geführt und nicht nur diese Truppe, sondern alle Eiscarls. Das Schicksal ihres Volkes war in ihre Hände gelegt worden und sie hatte versagt.
    „Sie kommen“, zischte Saylsen.
    Milla sah über die Barrikade. Geistschatten glitten unter allen geschlossenen Türen hindurch und am Boden entlang, bevor sie sich an den Wänden aufstellten. Es waren alle möglichen Arten von Geistschatten, von den Humanoiden mit den engen Taillen, die der Garde dienten, bis zu seltsamen, insektenartigen Dingern mit vielgliedrigen Körpern und zu vielen Beinen.
    Immer mehr Geistschatten kamen herein und stellten sich an den Wänden auf. Es waren jetzt mindestens hundert Geistschatten und mit jeder Sekunde glitten noch mehr herein, um zu den Rängen auf allen vier Seiten des Eiscarl-Forts zu stoßen. Es gab keinerlei Anzeichen von Erwählten, die die Türen öffneten und ihnen folgten. Milla fragte sich, ob diese Schatten freie Geistschatten waren, vielleicht die Vorhut einer Invasion aus Aenir.
    „Es sind gebundene Schatten, keine freien“, sagte Odris. Der weibliche Geistschatten wusste oft, was Milla dachte. „Ich glaube, dass die
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