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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig
Autoren: Katja Hirschel
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herrliches Dekolleté, er seufzte und war so in Betrachtungen versunken, dass er zusammenzuckte, denn er hatte nicht bemerkt, dass Herr Kitzinger zu ihm getreten war und mit einem leisen »Verzeihung!« seine Aufmerksamkeit suchte.
    »Herr Schneider?«, fragte der Mann schüchtern. »Herr Schneider? Sie glauben wirklich, dass diese Methode funktionieren wird? Sie ist … na ja, sie ist doch ein wenig ungewöhnlich!«
    Damit war zu rechnen. So reagierten diese konservativen Leute eigentlich immer. Schneider ließ sein bestes Eine-Million-Euro-Lächeln erstrahlen, legte den Arm kumpelhaft um den älteren Herrn, drehte ihn zur Terrasse hin, damit auch er einen Blick auf die wirklich schönen Dinge des Lebens werfen konnte, und erklärte:
    »Keine Sorge, Herr Kitzinger. Lassen Sie mich nur machen. Sie werden heute noch einen guten Preis für Ihr Häuschen bekommen. Was sag ich da? Gut? Ich meine natürlich den besten, und das nur wegen dieser neuen, innovativen Methode. Glauben Sie mir, VCBHP ist ein Garant für Höchstpreise.«
    »Wicibiätschpi?«, plapperte der Mann verständnislos nach und Schneider stöhnte innerlich, denn er hatte es wirklich schon oft genug erklärt. Jedoch ließ er sich nichts anmerken und erläuterte weiter geduldig lächelnd sein Konzept.
    »Visit-Check-Buy-House-Party, Herr Kitzinger. Also: Besuchen, checken und kaufen Sie das Haus, heißt das. Der Gag ist, dass sich die Leute in einem ungezwungenen Rahmen umschauen und dann mit ihren Geboten rausrücken. Wir müssen eigentlich nur warten und geben dann den Zuschlag. Wie eine Auktion.«
    Schneiders visionärer Blick wanderte durch die offenstehende Terrassentür, durch den Garten und blieb an der Hecke zum Nachbargrundstück hängen. Er stutzte, blinzelte, schaute genauer hin, blinzelte wieder.
    »Äh, Herr Kitzinger? Äh, was is denn da drüben los?«
    »Da drüben?«, Herr Kitzinger folgte seinem Blick. »Ach so. Das is mein Nachbar, Herr Maus. Ich denk, der macht sein alljährliches Gartenfest. Warum fragen Sie?«

197
    Immer mehr Gäste kamen und Kommissar Maus war erstaunt, dass doch so viele Kollegen darunter waren. Steffi klärte ihn schnell auf:
    »Ihre Frau hat mich schon vor zwei Monaten informiert und ich hab dann ’ne Rundmail und ’nen Aushang im Pausenraum gemacht, für Leute wie Sie, die nicht so oft ihre Computerpost kontrollieren.«
    Maus legte die Stirn in Falten, konnte sich aber an keinen Aushang erinnern. Vermutlich wäre er heute der Einzige gewesen, der nicht auf seiner Party erschienen wäre, weil er weder das eine noch das andere gelesen hatte. Weil der Gedankengang aber einfach zu absurd war, wischte er ihn schnell weg und erinnerte sich an seine Pflichten als Gastgeber. Zwar war er immer noch etwas erschöpft von dem vergangenen harten und ereignisreichen Tag und dem nicht so glücklichen Ende, aber jetzt so viele Menschen um sich zu haben, machte ihn wider Erwarten froh, zumal seine wackeren Leute sich gut zu amüsieren schienen.
    »Und, was denken Sie, hab ich dann zu der Frau gesagt?«, fragte Hammer mit seiner unverwechselbar lauten Stimme das gebannt lauschende Ehepaar Alfred und Lotte Wendel.
    »Ich hab sie nach ihrer Rotlichtbefreiung gefragt! Verstehen Sie? Rote Ampel? Einfach weiterfahren? Also: Rotlichtbefreiung!«
    So über seinen eigenen Witz entzückt, brach er in brüllendes Gelächter aus und merkte gar nicht, dass Alfred mühsam die Mundwinkel hochzog, Lotte nur verständnislos schaute und gleich darauf Penny zurückhalten musste, die sich laut kläffend in Hammers Hose verbeißen wollte.
    Maus ging in den Garten, die Schürze in der Hand, bereit den Grill anzuwerfen, damit die ersten Würstchen des Jahres bald auf den Tellern liegen konnten. Hier waren auch eine Menge Leute. Amüsiert bemerkte Maus, dass Hannes Petersen und Claudia Hubschmied kichernd in der lauschigen Hollywoodschaukel saßen. Na, da konnte er wenigstens vermerken, dass das Projekt »Nord trifft Süd« sehr gut funktioniert hatte. Er bückte sich nach der Kohle, wollte sie gerade großzügig verteilen, als Doktor Frank sich räuspernd neben ihm bemerkbar machte.
    »Nicht so viel, alter Freund, sonst bekommen Sie keine gescheite Glut! Vertrauen Sie mir, ich kenn mich mit Feuer aus.«
    Er hielt Maus wie zum Beweis seine brennende Zigarette entgegen und biss gleichzeitig in eine Sandwichecke.
    »Wenn Sie das sagen!?«
    Der Kommissar hörte auf zu schütten und stellte den Kohlesack wieder auf den Boden.
    »Aber passen Sie mal auf,
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