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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig
Autoren: Katja Hirschel
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eingestellt. Für sie gab es bessere Alternativen, wie zum Beispiel Baldrian, heiße Bäder oder eine Flasche Hochprozentigen. Auch einer der Bauarbeiter schien Anhänger der letzten Methode zu sein und hielt deshalb wortlos einen Flachmann hin.
    »Wie Sie meinen.«
    Misstrauisch schnupperte Frank an der Flasche, befand den Inhalt für gut und reichte ihn Sandra Blum.
    »Dann probieren Sie das hier. Das scheint tatsächlich ein exzellenter Wodka zu sein.«
    »Herr Kommissar!«
    Krautschneider zupfte an Maus Ärmel.
    »Herr Kommissar, da wär noch was!«
    Er musste jetzt schnell machen, denn gerade war ein großer Mann taumelnd durch eine der vielen Türen getreten. Seine Axt schleifte am Boden, eine hässliche Platzwunde zierte seine Stirn, das teilweise getrocknete Blut machte es unmöglich, seine Gesichtszüge zu erkennen, aber man konnte davon ausgehen, dass er nicht gerade bester Laune war. Noch hatte niemand Lukasz bemerkt, aber wenn Krautschneider jetzt nicht handelte, dann würde sich das gleich ändern. Eile war geboten.
    »Herr Kommissar, ich glaub ich weiß, wo sich die Frau befindet. Ich habe sie selbst zu ihrem Auto geschickt, damit sie dort auf uns wartet. Und …«
    »Was?«, rief Maus und es war ein lautes und sehr scharfes »Was«.
    »Äh, wenn ich schnell zu Ende erklären dürfte?«, fuhr Krautschneider gehetzt fort. »Wir haben da eine Zivilperson postiert, die darauf achten sollte, dass niemand wegfährt. Vielleicht hat er sie ja lange genug aufhalten können.«
    »Scheiße!«, schrie jetzt Claudia. »Scheiße, der Wolfi! Der Wolfi is ja noch da drunt. Allein mit dieser Durchgeknallten! Wir müssen ihm sofort helfen! SOFORT!«
    Der Startschuss war gefallen. Einige Sekunden später war der Raum bis auf Erika und Sandra, die sich schwesterlich den Flachmann teilten, und Hannes und Lukasz leer.
    »Hallo!«, grüßte Hannes und warf einen misstrauischen Blick auf die Axt.

190
    Horst war sauer, deshalb trat er wieder so kräftig aufs Gas, dass der Motor gequält aufheulte. Warum hatte man ihm denn nicht gesagt, dass er hätte rechts und nicht links abbiegen sollen?
    Nachdem Maus und seine Männer zur Baustelle fortgegangen waren, hatte er noch ein bis zwei Gläschen Wodka mit den Arbeitern im Lager getrunken, denn es wäre unhöflich gewesen, diesen abzulehnen. Außerdem war er zuversichtlich, noch genügend Zeit zu haben und lange vor den anderen am Bauplatz zu sein. Ob er nun dort wie bestellt und nicht abgeholt wartete, oder hier bei den freundlichen Leuten noch einen kleinen Plausch einlegte, blieb sich eigentlich gleich und letztere Option hatte ihm eindeutig besser gefallen. Zehn Minuten später war er dann doch hinter das Steuer geklettert, hatte hupend den Platz verlassen, war die Zubringerstraße entlanggefahren, dann in den Hauptweg eingebogen und kurz darauf an eine Abzweigung gekommen.
    Hier hatte er sich entscheiden müssen: entweder rechts – dort führte eine gekieste Schotterpiste den Berg hinauf – oder links – hier befand sich ein zugewachsener und schlecht passierbarer Waldweg. Kurzerhand hatte sich Horst für links entschieden, da er natürlich Lech glaubte, der ja schließlich vor nicht befahrbaren Straßen gewarnt hatte. Dass der Bauarbeiter gekauft war und gelogen hatte, konnte Horst natürlich nicht wissen.
    Als er dann aber etwa fünf Minuten auf dem holprigen Pfad durchgeschüttelt worden war und gerade noch rechtzeitig einer Stelle mit Achsenbruchgefahr ausweichen konnte, hatte er vor einer Felswand gestanden. Er war in einer Sackgasse gelandet, man hatte ihn auf den Holzweg geschickt und das machte ihn wütend. Dieses Gefühl hatte sich dann in Raserei gesteigert, als er hatte feststellen müssen, dass es keine Wendemöglichkeit gab und er daher gezwungen war, die Strecke im Rückwärtsgang wieder zurückzufahren. Um sich Luft zu machen, hatte er erst einmal so lange gegen den Felsen getreten, bis sein Fuß schmerzte, war dann zum Auto zurückgehumpelt, eingestiegen, hatte zurückgesetzt, dabei eine Erdkröte überfahren und war so fluchend wieder zu der Abzweigung gekommen.
    Hier hatte er so schnittig gewendet, dass der Kies aufgespritzt war, hatte wieder Gas gegeben, brauste jetzt den rechten Weg entlang und versuchte gleichzeitig, das Radio einzuschalten. Ein überlautes Jodeln setzte ein. Der Doktor hatte einen seltsamen Musikgeschmack. Schnell drehte Horst am Regler. Er brauchte jetzt etwas Härteres, etwas, das zu seiner augenblicklichen Stimmung passte: einen
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