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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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gelächelt. »Du gehörst zu den Schätzen unseres Landes, Huy, auch wenn du es selbst noch nicht weißt«, hatte er gesagt. »Vielleicht merkt unser König, auch wenn er noch sehr jung ist, allmählich, dass man dich versorgen und beschützen muss.«
    »Wie ein nützliches Haustier«, entgegnete Huy.
    Methen hob die Augenbrauen. »Du hast weniger Recht auf eine solche Überheblichkeit als jeder andere in Ägypten. Meinst du, der König belohnt dein gutes Aussehen? Natürlich nicht. Was wärst du ohne deine Gabe? Hilfsschreiber eines Hilfsschreibers im Haus irgendeines Kaufmanns.« Sie saßen sich gegenüber in Methens Haus. Jetzt beugte sich der Priester vor und legte die Hände auf Huys Schultern. »Wahrscheinlich denkst du nicht sehr oft an den Moment, als du im Haus der Toten von den Toten erwacht bist und den Sem-Priestern den Schreck ihres Lebens versetzt hast«, fuhr er fort. »Aber ich tue es. Solch ein Wunder ist nie zuvor geschehen. Hat Atum aus Nettigkeit zu dir das Leben in deinen Körper zurückgehaucht? Nein. Er tat es für Ägypten. Du hast seine Kraft zum Heilen eingesetzt, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es deine Bestimmung ist, die Götter auf dem Horus-Thron zu leiten mit deiner Fähigkeit, die Zukunft zu sehen – oder besser, mit Atums Fähigkeit, die er dir verliehen hat. Du wirst den Königen sagen, was zu tun ist, und sie werden dir folgen.« Er schüttelte Huy leicht, ehe er sich wieder zurücklehnte. »Das ist der erste Schritt, und du musst ihn tun.«
    Huy hatte plötzlich das Bedürfnis, sich in Methens Arme zu werfen – wie das Kind, das er an jenem schrecklichen Tag gewesen war. »Ich bin zur Unzeit geboren worden!«, sagte er dumpf. »Ich sollte vor Jahren in die Totenbinden gewickelt und beigesetzt worden sein. Was ist das, was in mir wohnt, Methen? Die Rechet hat gesagt, dass ich nicht besessen bin. Aber was treibt mich auf diesem Weg? Welcher Teil von mir ist verschwunden, als ich gestorben bin, um ersetzt zu werden durch … durch was?«
    »Jeder von uns setzt sich aus sieben Teilen zusammen«, erwiderte Methen. »Das weißt du. Aber bei dir gibt es einen achten Teil. Du bist mehr als vollständig, Huy. Es fehlt nichts in dir. Eine große und nützliche Gabe wurde hinzugefügt. Nützlich für Atum. Es ist Atums Wille, dass du es hast, damit er die Geschicke unseres Landes lenken kann.«
    Eines Spätnachmittags, als Huy und Ischat gerade die letzte Mahlzeit des Tages beendeten, kam der Bürgermeister persönlich. Er war ein herzlicher, rundlicher Mann, der seine Position dem Umstand verdankte, dass er ebenso gut mit Bauern wie mit Adeligen umgehen konnte. Nun stand er mit betrübtem Gesicht und zwei Sänften vor Huys Tür und verbeugte sich.
    »Ich hatte natürlich von dir gehört«, erklärte er Huy, »aber ich wusste nicht, dass du hier wohnst!« Er deutete auf die laute Straße hinter sich. »Du musst mir verzeihen, Meister. Meine Tage sind angefüllt mit Verwaltungsaufgaben. Verwandle mich nicht in eine Kröte!«
    Huy lachte. Er mochte den Mann auf Anhieb. »Du brauchst mich nicht Meister nennen. Und was meine Umgebung angeht, ich bin zufrieden hier.«
    Mery-Neiths Stirn glättete sich. »Na gut. Aber du wirst noch zufriedener sein in einer Umgebung, die deinem Ruf besser entspricht. Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, dass du in Hut-Herib bleiben willst, das zugegebenermaßen nicht die schönste Stadt Ägyptens ist, statt so rasch wie möglich nach Iunu oder gar Mennofer zu ziehen. Es wird mir eine angenehme Pflicht sein, die königlichen Mittel für dich in regelmäßigen Abständen bereitzustellen. Und wenn du oder deine Dienerin etwas vermisst«, er deutete eine Verbeugung vor Ischat an, »dann lasst es mich sofort wissen. Wenn du bereit bist, möchte ich dir jetzt das Anwesen zeigen, das ich für dich ausgewählt habe. Es ist klein, aber ruhig. Es gehörte einem der wenigen Adeligen hier in Hut-Herib. Er ist zum Vorsteher der fürstlichen Viehbestände im Kaset-Sepat aufgestiegen und hat jetzt seine Familie zu sich geholt. Natürlich wurde er für das Haus entschädigt.« Nach einem Blick auf Ischats begeistertes Gesicht folgte Huy dem Bürgermeister in die warme Abendluft. »Ehrlich gesagt, hoffe ich, dass dir das Grundstück gefällt«, fuhr Mery-Neith fort, während er auf eine der Sänften zeigte. »In und um Hut-Herib gibt es nicht sehr viele angemessene Objekte. Der Fürst hat zur Bedingung gemacht, dass du am Rand der Stadt wohnst. So
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