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Der Seher des Pharao

Der Seher des Pharao

Titel: Der Seher des Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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Rasieren und Einölen legen konnte. Vom hinteren Ende des Hausflurs führte ein Pfad zur rückwärtigen Mauer, wo die Lehmkuppel eines Getreidespeichers ihren langen Schatten auf den mit Kies bedeckten Boden warf. Rechts davon befand sich die Küche, ein kleiner, von Lehmziegelwänden umgebener Bereich mit einer Feuergrube und einem Backofen davor. An die Längswand waren mehrere Kammern für die Diener gebaut. Ischat lief sofort in die Küche und kam grinsend wieder heraus. »Da ist schon alles Nötige drin – Töpfe und Krüge, Löffel und Messer. Sie ist so großartig wie die Tempelküche!«
    Mery-Neith verschränkte die Arme. »Nun, was denkst du, Meister? Gefällt dir das Anwesen, oder soll ich nach etwas anderem suchen?«
    Das Lächeln auf Ischats Gesicht verschwand. Sie sah Huy ängstlich und mit flehenden Augen an. Huy schüttelte besiegt den Kopf. Das Haus war nicht ganz halb so groß wie das von Nacht und der Garten wesentlich kleiner, aber dieses Anwesen war ein Schmuckstück, kompakt, doch mit harmonischen Proportionen. Er stand da und lauschte einen Moment lang der Stille, die nur vom Gesang eines Vogels durchbrochen wurde. »Ich bin überwältigt von der Großzügigkeit des Königs«, sagte er schließlich. »Das ist ideal für uns beide. Und ich danke auch dir, Mery-Neith, für die Anstrengungen, die du meinetwegen unternommen hast.«
    »Wenn der König spricht, antwortet man sofort«, erwiderte der Bürgermeister. »Also nimmst du das Anwesen? Gut. Die Urkunde liegt alsbald in deinen Händen. Bis dahin kannst du schon einziehen. Gib mir Bescheid, damit ich mit deinen Dienern herkommen kann. Die Sendung des Königs wird auch jederzeit eintreffen.«
    Ischat warf die Arme um Huy. »Wir werden uns von dem Gold des Königs ein Boot kaufen«, flüsterte sie. »Dann gehen wir zusammen fischen, trinken Wein an Bord und beobachten den Sonnenuntergang. Es wird so sein, als wären wir im Osiris-Paradies.«
    Beklemmung überfiel Huy. Ich werde den Lärm der Straße vermissen, und der Einzug in dieses schöne Anwesen wird mir nicht so viel bedeuten wie damals das Zusammensuchen der wenigen wackligen Möbel und das Tünchen der Wände mit dir. Jetzt musst du nicht losziehen und stehlen. Und ich muss kein Wasser quer durch die Stadt schleppen. Ich sollte ebenso glücklich sein wie du. Aber ich weiß, der Umzug hierher ändert weder an meiner noch an deiner Zukunft etwas. Er machte sich los und nickte dem Bürgermeister zu. »Wir ziehen Ende dieser zweiten Woche hier ein.«
    Doch Ischat und er konnten ihre kleine Straße erst in der dritten Mechir-Woche verlassen. Irgendwie gab es ständig noch etwas Wichtiges zu erledigen, zudem besuchte Methen den Ptah-Oberpriester in Mennofer, sodass Huy ihm das winzige Haus nicht gleich übergeben konnte, und schließlich hatte er wie üblich vergessen, dass Hebys Geburtstag am einundzwanzigsten Mechir war. Ischat hatte bereits beschlossen, dass sie nur ihre persönlichen Dinge mitnehmen würden. »Es besteht kein Anlass, Weichnase vom Feld zu holen, eine Karre zu mieten und uns damit zu verausgaben, dass wir dieses schreckliche alte Zeug aufladen. Jeden Tag platzt ein anderes Stückchen Gold von deinem Bett ab. Können wir die Sachen nicht einfach für den nächsten armen Mieter zurücklassen?«
    Huy stimmte nur zögernd zu. Sein Bett war ein Symbol für seinen Entschluss, Iunu den Rücken zu kehren und nach Hut-Herib zu laufen, für Methen zu arbeiten, zu versuchen, seine Bestimmung in den Wind zu schlagen. Seine schäbigen Habseligkeiten bedeuteten ihm sehr viel. Aber er verzichtete Ischat zuliebe darauf.
    Am dreiundzwanzigsten Tag des Monats Mechir, in der Jahreszeit Peret, schulterten Huy und Ischat schließlich ihre Bündel, schlossen die Tür ihres alten Hauses hinter sich, verabschiedeten sich von Rahotep und den anderen Anwohnern der Straße und marschierten los.
    Der Bürgermeister hatte angeboten, eine Sänfte zu schicken, aber Huy hatte abgelehnt. Unsinnig oder nicht, ihm war es wichtig erschienen, seine Fußstapfen im Staub der Stadt zu hinterlassen, den Weg so bedeutsam zu machen wie den der Seele durch die Halle der beiden Wahrheiten. Irgendwie rechnete er damit, dass ihm unterwegs ein Unglück zustoßen könnte, dass er von einem Karren überfahren oder in einen Kanal fallen würde, doch der Tag war angenehm und warm, und der lange Marsch verlief ohne Zwischenfälle. Ischat und Huy betraten ihren eigenen Garten kurz nach der Mittagsstunde.
    Mery-Neith erwartete
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