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Der Seelenjaeger

Der Seelenjaeger

Titel: Der Seelenjaeger
Autoren: Michael J. Unge
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sich unaufhaltsam dem Ufer. Das war sein Ziel, das wusste er nun. Dort würde seine Hilfe benötigt. Wo genau, entdeckte er einen Lidschlag später. Eine kleine Burgruine mit einem massiven Turm schmiegte sich in den schwarzen Fels, errichtet aus den Steinen der Steilküste. Kaum wahrnehmbar, unsichtbar, wenn man nicht wusste, wonach man Ausschau halten musste. Doch er wusste es. Er konnte sich nicht erklären, warum, doch er wusste es. Er musste zu diesem düsteren, unheimlichen Turm. Dort war sein Ziel, dort würde er gebraucht. Als er näherkam, sah er Gitter, die die Fenster des Turmes versperrten. Es war ein Gefängnisturm, übermittelte sie ihm. Dann war er heran, sein Flug endete abrupt und er schwebte vor einem der vergitterten Aussparungen. Er nahm das Röcheln wahr, Laute des Schmerzes, des Jammerns und des Klagens. Die Neugier zog ihn an, was sie maßlos beruhigte. Er ergriff die rostigen Gitterstäbe und zog sich näher zum Fenster. Im Dunkel der Zelle nahm er schemenhafte Bewegungen wahr, doch wer oder was es war, vermochten seine Augen ihm nicht zu zeigen. Das wenige Licht, welches die Sonne in den Raum zu schicken versuchte, schien den Kampf gegen die kühle Dunkelheit im Inneren zu verlieren.
    Streng dich an!, streute sie in seine Gedanken.
    „Hallo?“, rief er in die Schwärze.
    „Hi … lf … e“, kam es röchelnd mit eisiger, krächzender Stimme zurück.
    „Wer bist du?“, fragte er weiter. „Was ist mit dir? Bist du gefangen? Bist du verletzt? Ich bin hier, um zu helfen!“
    „S … Sam, hilf mir“, wurden die Worte hervorgepresst. Dann hört er einen Körper auf dem Boden aufschlagen.
    Die Kontrolle entzog sich ihr, sie hoffte, dass er verstanden hatte. Er fiel. Die Turmmauern rauschten an ihm vorbei.
    Ihr letzter Gedanke galt ihm. Das Band riss, sie verlor das Bewusstsein und glitt hinein ins Nichts.

Wo ist Zad?
    Ich schreckte aus meinen süßen Träumen hoch und saß sofort senkrecht. Neben dem Bett lag Zad und rieb sich schmerzstillend über den Kopf.
    „Was machst du denn da?“, fragte ich verwirrt und etwas genervt, da ich so unsanft dem Schlaf entrissen wurde.
    „Nach was sieht es denn aus? Ich bin gefallen! Autsch. Mann tut das weh“, gab er gequält von sich.
    „Das … das ist nicht dein Ernst. Du bist aus dem Bett gef …?“ Ich brach in schallendes Gelächter aus.
    Das ist mein Mann! Manchmal ein wenig tollpatschig, aber eben
mein
Mann. So, wie ich ihn mag und so, wie ich ihn in den letzten zwei Jahren, die wir nun zusammen sind, zu lieben gelernt habe.
    „Ben, es ist nicht hilfreich nur ausgelacht zu werden“, gab er gespielt beleidigt zurück.
    „Ich habe … ja, entschuldige“, sagte ich und rollte mich auf seine Seite. Ich reichte ihm die Hand und half ihm zurück ins Bett. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht auslachen, aber das war einfach zu köstlich“, gestand ich.
    „Ja ja, der Schreck ist vorüber und der Schmerz lässt nach. Und im Prinzip hast du recht, das war eine Topleistung meiner Trotteligkeit.“
    Er grinste breit und stahl sich einen Kuss von meinen Lippen, bevor wir beide in Lachen ausbrachen.
    Ich schlang die Arme um seinen Körper und zog ihn auf meine Bettseite. „Komm, lass uns noch eine Runde schlafen. Es ist gerade mal … drei Uhr in der Nacht“, fügte ich nach einem flüchtigen Blick auf den Wecker hinzu.
    „Nein ich kann nicht“, sagte er, löste sich aus der Umarmung und setzte sich im Bett auf.
    „Wieso? Was ist denn los?“, fragte ich überrascht.
    „Ich hatte einen sehr merkwürdigen Traum. Völlig wirr und doch so realistisch.“
    Nachdem er mir von dem Nebel, dem Turm und der um Hilfe bittenden Person erzählt hatte, schnappte er sich seinen Zeichenblock und einen Stift vom Nachttisch und begann zu malen. Vorsichtig lugte ich immer wieder auf das Papier und das entstehende Bild eines schwarzen Turmes. Ich sagte nichts, versuchte mich regelrecht unsichtbar zu machen, denn wenn er malte, durfte ihn niemand stören. Und dazu zählte auch ich. Am Anfang unserer Beziehung konnte ich das nicht verstehen und es verärgerte mich immer wieder. Ständig brach ein Streit diesbezüglich vom Zaun, doch irgendwann machte es bei mir ‚klick’ und ich wusste, dass es nichts mit mir zu tun hatte, sondern, dass er ganz in die Welt des Malens abtauchen musste, ohne dabei abgelenkt zu werden.
    Der Turm nahm langsam Formen an. Ich konnte angedeutet Wasser erkennen, eine Steilküste, in die sich das düstere Bauwerk einfügte. Ein kalter
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