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Der Seelenjaeger

Der Seelenjaeger

Titel: Der Seelenjaeger
Autoren: Michael J. Unge
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etwa zehn Minuten keine weiteren Katastrophen ereilten, hörten wir auf mit dem Räuber und Gendarm Spiel. Mein Geduldsfaden war schon dermaßen ausgefranst, dass es jetzt kein Halten mehr gab. Ich konnte mich gerade noch zusammenreißen, um nicht lautstark Zads Namen durch den Park zu brüllen, aber meine Beine nahmen keine Befehle mehr entgegen. Wie von Sinnen, rannte ich die Straßen entlang. Der Turm hob sich am anderen Ende sichtlich gegen den Sternenhimmel ab und wirkte bereits auf die Entfernung bedrohlich in der Stille der Nacht. Das war mir in diesem Moment vollkommen egal, ich wollte nur eines, und zwar Zad finden.
    „Warst du eigentlich schon mal an oder in dem Turm?“, fragte ich Lara keuchend, da ich nur ein einziges Mal überhaupt in diesem Freizeitpark gewesen war - Okay, der derzeitige Besuch erhöhte die Anzahl auf zwei.
    „Ich bin zwar jedes Jahr hier, manchmal sogar mehr als nur ein Mal in der Saison, aber in dem Turm war ich noch nie. Ich glaube, man kommt dort auch gar nicht rein“, gab sie außer Atem zurück und versuchte weiterhin mit mir Schritt zu halten.
    „Ist also einfach nur ein Bauwerk, welches den Park repräsentiert, enthält aber kein Fahrgeschäft?“, horchte ich nach.
    „So sieht es aus. Glaub mir, ich kenne hier alles in und auswendig. Jetzt wo ich so darüber nachdenke, bin ich mir nicht mal sicher, ob man überhaupt an den Turm herankommt.“
    Ich bremste meinen Lauf abrupt ab und schaute sie an. „Das ist hoffentlich ein Scherz“, gab ich knapp zurück, doch sie schüttelte nur langsam den Kopf und zeigte nach links.
    Wir standen vor dem größten Glaslabyrinth der Piratenwelt. So jedenfalls der Spruch über dem Eingang. Durch die vielen Glasscheiben hindurch konnte man den Ausgang auf der anderen Seite erkennen. Hinter dieser farblosen Hürde lag der Turm.
    Ich nickte demotiviert. Schon als kleines Kind hatte ich diese Dinger gehasst. Zumindest in der Weise mich selber darin zum Affen zu machen. Unterhaltsam war es allemal, wenn man die verwirrten und verirrten Massen dort drinnen von außen beobachtete. Schön mit einem Kaffee oder einem Kaltgetränk in der Hand davor stehen und das Treiben beobachten. Nur dafür waren diese gläsernen Kästen meiner Meinung nach gut.
    „Jetzt weiß ich auch, warum ich noch nie am Turm war“, gab Lara zu und nickte verhalten. „Ich hasse diese Dinger und habe besonders um dieses bisher immer einen großen Bogen gemacht.“
    „Das geht mir ähnlich. Also? …“, setzte ich an und ließ den Satz absichtlich unvollendet.
    „Also?“, fragte sie. „Was schon? Rein ins Vergnügen!“
    Sie zog mich am Arm hinter sich her auf den Eingang des gläsernen Monstrums zu. Eine Tür gab es nicht und so kletterten wir kurzerhand über die Absperrung. Lara blieb im Eingangsbereich noch einmal stehen und schaute mir fragend ins Gesicht. „Bereit?“
    „Nein, eigentlich nicht. Vielleicht könnten wir doch lieber …“, setzte ich an und fand mich einen Schubs später im Inneren des Labyrinthes wieder.
    „Dann ist ja alles klar. Los geht's!“, forderte sie und schob sich an mir vorbei. „Besser ich gehe vor, dann sehen wir wenigstens beide etwas …“
    Ich nickte, quetschte mich ans Glas und ließ sie passieren. Inständig hoffte ich, dass dies die letzte Hürde wäre, die es zu bewältigen galt. Mit jedem Schritt, den wir dem Turm näherkamen, stieg meine Nervosität. Würden wir Zad dort finden?
    Wir liefen die verschiedenen Gänge ab, mal nach links, dann wieder zurück, den nächsten Gang ausprobierend. Viel zu häufig endete unser Ausflug in einer Sackgasse, sodass wir wieder zurück auf ‚Los' mussten.
    Ich hatte das Gefühl, bereits seit Tagen zwischen den Glasscheiben herumzuirren. Dem Ausgang kamen wir glücklicherweise aber doch näher, bis er schlussendlich zum Greifen nah vor uns lag.
    „Juchhu! Geschafft!“, jubilierte meine beste Freundin und trabte los. Ich prallte sogleich gegen ihren Rücken, als ihr Kopf unsanfte Bekanntschaft mit der Glasscheibe machte. Mit ungläubigem Gesichtsausdruck drehte sie sich um und rieb sich über die Stirn. „Aua“, verkündete sie und schaute mich mit ihrem Dackelblick an. Alle Sorgen waren schlagartig verschwunden und ich brach vor Lachen in die Knie. Beleidigt boxte sie mir gegen die Schulter. Wenn ich an dieser permanent misshandelten Stelle am nächsten Tag keinen blauen Fleck hätte, wäre ich ziemlich verwundert.
    Ich stockte, schaute sie überrascht mit Tränen in den Augen an
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