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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger
Autoren: Unbekannter Autor
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des Mannes waren mehr als schulterlang, sein Bart verdeckte den unteren Teil des Gesichts. Er stand einen Augenblick still und sah auf die Menge hinunter. Erst als er die mächtige Stimme hörte, war Lincoln sicher, daß wirklich Preacher da oben im Kreuz stand. Er betätigte erneut einen Schaltknopf. Nun war Preacher auch auf der großen Leinwand zu sehen, und die angeschlossenen Sender trugen sein Bild hinaus in alle Städte des Landes.
    »Brüder und Schwestern in Christi -«, dröhnte seine Stimme aus den Lautsprechern, dann wurde er von dem gewaltigen Begeisterungsschrei übertönt, mit dem ihn die Menge begrüßte.
    Aus Lincolns Kopfhörern kam das hektische Schreien des Sendeleiters. »Was macht ihr da oben? Haltet euch gefälligst ans Drehbuch! Dr. Sorensen steht auf der Kanzel und wartet!«
    Lincoln warf einen Blick auf den Bühnen-Monitor. Randle war aufgesprungen, blickte mit offenem Mund zur Leinwand hinauf und rief seinen Leibwächter. Dann drängte er sich zur Kanzel durch und fuchtelte wild mit den Armen. Offenbar wollte er Sorensen dazu bringen, mit seiner Predigt zu beginnen. Aber der Pastor starrte entsetzt in die Menge und brachte kein Wort heraus.
    »Geschieht dir recht, Jake«, murmelte Lincoln.
    Preacher hob seine Hände, und die Menge verstummte. Überall sanken Männer und Frauen in die Knie, um zu beten. Manche Gläubige wurden von ihren Gefühlen überwältigt und weinten, andere wurden ohnmächtig und mußten von Helfern versorgt werden. Erneut dröhnte Preachers Stimme über die Lautsprecher.
    »Ich bin heute nicht hierhergekommen, um euch zu sagen, daß ihr Gott lieben sollt. Das tut ihr seit langem. Ich bin auch nicht gekommen, um euch zu sagen, daß er euch liebt, denn das wißt ihr. Ich will euch statt dessen von Judas erzählen. Nicht von dem armseligen Judas, der für dreißig Silberlinge unseren Herrn und Erlöser verriet, sondern von den Hunderten von Judassen, die unseren Glauben an Jesus so schändlich benutzen, um euch und ihn zu betrügen.
    Ihr vertraut diesen Männern. Sie versprechen, euch in den Himmel zu führen, sie bitten um Almosen. Aber in Wirklichkeit benutzen sie eure Spenden, um sich zu bereichern und Macht zu gewinnen. Ich kenne diese Männer, denn ich war einmal einer von ihnen.
    In den vergangenen Monaten bin ich bei euch in den Kirchen gewesen. Ich habe viel von euren Schmerzen, Sorgen und Kämpfen, aber auch von euren Träumen gehört. Und dabei habe ich erfahren, daß ich mich nicht nur an Gott, sondern auch an euch, meinen Brüdern und Schwestern, versündigt habe. So habe ich doppelt gesündigt, und ich bete zu unserem Herrn Jesus Christus, daß er mir seine Gnade zuteil werden läßt.
    Die Kirche der amerikanischen Christen, wie alle anderen, wurde auf der Grundlage jener zahllosen Dollars errichtet, die ihr uns geschickt habt, um Gott eure Liebe zu zeigen. Und was haben wir mit dem Geld getan? Wir haben uns Luxuswagen und Flugzeuge, große Häuser, elegante Anzüge gekauft und als Schlemmer gelebt. Wir hatten all diese Dinge. Ihr hattet sie nicht. Obwohl es doch euer Geld gewesen ist, mit dem alles bezahlt wurde. Aber wir waren damit noch nicht zufrieden, wir wollten unsterblich werden, wir bauten uns Denkmäler in Form von Krankenhäusern und Schulen, Kirchen und Kathedralen. Und wenn für diese Dinge alles Geld draufgegangen war, baten wir euch, neues zu schicken. Wir verkauften euch symbolisch die Grundstücke unserer Kirchen. Wir forderten, ihr solltet genausoviel spenden wie irgendwelche Millionäre, von denen wir in Wirklichkeit nie einen Pfennig oder nur einen Bruchteil dessen erhielten, was sie angeblich zur Verfügung gestellt hatten. Wir erwarteten, daß ihr unsere Fernseh- und Rundfunkprogramme finanziert, die dazu dienten, uns noch bekannter zu machen. Wir haben so getan, als könnten wir Glauben, Vergebung der Sünden und Liebe verkaufen, aber das meiste Geld benutzten wir, um euch zu überreden, noch mehr Geld zu schicken.
    Aber es gab noch Schlimmeres. Wir benutzten euer Geld, um Macht und Einfluß zu gewinnen. Wir schmierten Politiker, die uns die Möglichkeit einräumten, euch zu beherrschen, euer Bewußtsein und euer Leben zu lenken. Wir haben Politiker ans Ruder gebracht, die dafür sorgen, daß man euch den Lohn kürzen und eure Arbeitsplätze wegnehmen kann, die den Bau von immer neuen umweltvernichtenden Freeways, Atomkraftwerken und Chemiefabriken fördern, damit ihre Freunde Profit machen können. Wir haben Politikern zu Macht
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