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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger
Autoren: Unbekannter Autor
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egal, was du für ein Geistlicher bist, du mußt mir die Beichte abnehmen! Ich will doch nicht in die Hölle mit all diesen Sünden auf meiner Seele.«
    »Wenn du meinst«, sagte Preacher. »Aber erst dreh dich mal um, damit ich sehen kann, wo du verletzt bist.«
    Keuchend rollte sich Joe auf den Bauch. »Au, verdammt«, stöhnte er, »das tut weh. Entschuldige, Preacher, ich wollte nicht fluchen. Das ist mir eben so rausgerutscht.«
    »Schon gut«, sagte Preacher, während er den Mann untersuchte. Joes Uniformhose war blutgetränkt, und Preacher nahm eine Schere aus seinem Tornister, um den Stoff wegzuschneiden.
    »Vergib mir meine Sünden, himmlischer Vater«, murmelte Joe. »Ich habe geflucht und getrunken und deinen Namen mißbraucht. Ich habe in Saigon gehurt mit zwei Schwestern, ich habe widernatürliche Unzucht mit beiden getrieben, sie mußten mein Ding -«
    »Hör auf«, sagte Preacher. »Du brauchst nicht zu sterben.« Joe drehte sich um und starrte ihn an.
    »Woher willst du das wissen?«
    »An einem Schuß in seinen fetten schwarzen Arsch ist noch keiner gestorben«, sagte Preacher und nahm einen Tupfer, um die Wunde mit einer antiseptischen Lösung zu säubern.
    Joe zuckte zusammen. »He, das brennt!«
    »Halt still«, sagte Preacher. »Ich muß jetzt eine Kompresse anlegen, damit es aufhört zu bluten.«
    »Kann ich rauchen?« fragte Joe.
    »Klar.«
    »In der Brusttasche sind ein paar Joints. Holst du mir einen raus, bitte?«
    Schweigend knöpfte Preacher das Hemd auf und gab Joe seinen Joint. Der Schwarze steckte ihn sich zwischen die Lippen und knipste ein kleines Feuerzeug an. Er nahm einen Zug, dann seufzte er wohlig. »So, jetzt geht’s mir schon besser.«
    Einen Augenblick später hatte Preacher die Kompresse mit ein paar Leukoplaststreifen festgemacht. »Bleib auf dem Bauch liegen«, sagte er, »ich möchte nicht, daß du dich hinsetzt, sonst kommt leicht Dreck in die Wunde, und du kriegst eine Infektion. Ich schick dir die Krankenträger, damit sie dich holen.«
    Joe stützte sich hoch und blickte ihn an. »Du bist okay, Preacher. Wülste mal ziehen?« Er hielt ihm den Joint hin. »Der Stoff hier ist prima.«
    Preacher schüttelte den Kopf. »Nein, danke.« Er packte seine Sachen zusammen.
    Joe war jetzt völlig entspannt. »Welcher Konfession gehörst du denn nun an?« fragte er neugierig.
    Preacher warf ihm einen kurzen Blick zu. »Meine Mutter war griechisch-orthodox, mein Vater war Methodist. Aber in der kleinen Stadt, in der ich aufgewachsen bin, gab es nur eine einzige Kirche, und die war unitarisch. Da gingen wir hin. Man könnte sagen, daß ich Unitarier bin.«
    »Die Unitarier, verweigern die alle den Dienst mit der Waffe?«
    »Nein«, erwiderte Preacher. »Ich glaube nur, daß man nicht töten darf. Jesus hat gesagt -«
    Joe lachte. »Mich haben sie baptistisch erzogen. Ich kenne das alles. Du wirst mir doch hier nicht predigen wollen, oder?«
    Preacher warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Nein«, sagte er.
    »Glaubst du, die schicken mich jetzt nach Hause?« fragte der Schwarze.
    »Kann schon sein.«
    »Das wäre ja gar nicht so übel. Das Purple Heart und das Ticket zurück in die Heimat für einen Schuß in den Hintern, das ist doch ein gutes Geschäft, oder?«
    »Doch, doch.« Preacher ließ die Tasche mit dem Verbandszeug zuschnappen.
    »Ich glaube, ich werde bei den Black Muslims mitmachen, wenn ich wieder zu Hause bin. Die hauen ganz schön auf den Putz. Das sind keine Nigger.« Er sah zu, wie Preacher sich auf den Weg machte. »He, Preacher, heb den Kopf nicht so hoch! Die Vietkong haben Augen wie Katzen, die sehen dich auch, wenn es Nacht ist.«
    Der schwache Widerhall eines Schusses kam wie das Echo auf diese Warnung. Die Kugel durchschlug den linken Arm des Sanitäters, riß ihn herum und warf ihn zu Boden.
    Einen Moment lang lag Preacher vollkommen still. Dann zog er sich mühselig hoch und sah zu, wie das Blut aus dem Ärmel herausschoß. »Nett von dir, mich zu warnen«, sagte er und warf Joe einen wütenden Blick zu. Mit der Rechten riß er den Verschluß der Tasche auf, nahm die Schere heraus und schnitt sich den Ärmel herunter. Aus dem Einschuß im Oberarm sprudelte Blut. »Du mußt mir helfen, den Arm abzubinden.«
    »Klar, Preacher.« Joe kroch herüber, und gemeinsam gelang es ihnen, mit einer provisorischen Adernpresse den Blutstrom zu stoppen. »Ach Scheiße, Preacher, das tut mir echt leid.«
    Preacher brachte ein Lächeln zustande. »Wir stehen alle in Gottes
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