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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger
Autoren: Unbekannter Autor
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Jesus! Als ob er davon nicht schon genug hätte in seinem Bezirk. Jeden Tag mindestens zwanzig, und die meisten waren bis zum Hals voll mit Drogen. Aber er war nicht seit gestern erst Polizist und ließ sich von seinen Gefühlen nichts anmerken. »Ich habe die jungen Damen gebeten, sich auszuweisen«, sagte er sachlich, »aber sie wollen sich anscheinend weigern.«
    Nachdenklich nickte der Mann, dann sagte er: »Das geht in Ordnung, Kinder, zeigt dem Mann eure Ausweise.«
    Während die Mädchen ihre Ausweise suchten, traf ein weiteres Polizeiauto ein, und zwei Beamte kamen die Straße heraufgestürmt. »Tom«, erklärte der Sergeant, »Sie nehmen die Ausweise mit in den Wagen und geben alle Daten ans Präsidium durch. Die sollen alles genau überprüfen.« Dann wandte er sich wieder dem Burschen in der Armeejacke zu. »Von Ihnen möchte ich bitte noch den Führerschein und die Zulassung.«
    »Ja, natürlich. Ich hab sie im Wagen. Ich hol sie Ihnen sofort.« Er wandte sich der Schiebetür zu.
    »Halt«, sagte der Sergeant. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie begleite?«
    »Aber nein. Bitte, kommen Sie nur.« Lässig schwang sich der Mann in den Wagen.
    Der Sergeant hatte da einige Mühe. Er war nicht mehr so gelenkig wie früher. Das Innere des Fahrzeugs war vollkommen anders, als er gedacht hatte. Keine verschmierten Matratzen und keine schmutzige Wäsche, kein Schweißgeruch, kein Hasch, keine Weinflaschen. Der Wagen war weiß gestrichen, sauber und leer. Er sah nicht wie ein Wohnwagen, sondern wie ein Büro aus. Hinter dem Fahrerhaus standen ein Schreibtisch und ein dazu passender Drehstuhl. Gegenüber der Schiebetür befand sich ein mannshohes offenes Regal aus Stahlblech, dessen Fächer mit sauber verpackten Papierstapeln gefüllt waren. Auf einem kleinen Tisch stand eine ordentlich abgedeckte Schreibmaschine. Daneben ein Vervielfältigungsapparat, dessen Ausgabekorb zur Hälfte mit fertigen Flugblättern gefüllt war. Links und rechts der Schiebetür befanden sich Sitzbänke mit den dazugehörigen Sicherheitsgurten. Das gesamte Inventar war fest mit dem Boden, den Wänden oder der Decke des Wagens verschraubt, damit es nicht verrutschen konnte.
    Der junge Bursche hatte ihn genau im Auge behalten, während er die Einrichtung Stück für Stück musterte. »Wir haben nicht alle im Fahrerhaus Platz, und die Straßen sind oft ziemlich holprig«, sagte er. »Ich lege Wert darauf, daß die Mädchen sich anschnallen.«
    Der Sergeant grunzte und sog geräuschvoll die Luft ein. Er behauptete gern, er hätte eine bessere Nase für Marihuana als die Rauschgifthunde beim Zoll, aber hier konnte er absolut gar nichts feststellen. Es war fast zu schön, um wahr zu sein.
    »Nehmen Sie Platz, Chef.« Der Bursche in der Armeejacke hatte sich an den Schreibtisch gesetzt, griff in die oberste Schublade und gab dem Polizisten Führerschein und die Wagenzulassung.
    Der Führerschein war im Januar 1967 auf den Namen Constantine Andrew Talbot ausgestellt worden. Zwei Jahre alt also. Der Sergeant prüfte das Foto. Ja, es war der richtige Mann, aber er hatte sich ziemlich verändert. Auf dem Foto trug er die Haare ganz kurz. Der Bursche war älter, als er gedacht hatte. Nicht
    Anfang zwanzig, sondern fast dreißig. Augen, Haarfarbe, alles übrige stimmte. Der Sergeant vermißte allerdings eine Eintragung unter »Besondere Kennzeichen«.
    »Sie haben da eine Narbe am linken Arm«, sagte er. »Ist die neu?«
    »Eine Schußwunde. Ich war in Vietnam.«
    »Mein Sohn ist bei den Green Berets«, sagte der Sergeant.
    »Ich war Sanitäter.«
    »Und wie lange waren Sie drüben?«
    »Vier Jahre. Ich habe mich freiwillig gemeldet.«
    »Und warum Sanitäter?«
    »Ich halte nichts davon, Menschen zu töten«, sagte der Mann, »aber ich finde, man muß seine Pflicht tun. Das ist man seinem Vaterland schuldig.«
    »Das Mädchen hat >Preacher< zu Ihnen gesagt. Heißt das, daß Sie ein Geistlicher sind?«
    »Nein, Sir, aber vielleicht schaffe ich es, eines Tages einer zu werden.«
    Der Polizist untersuchte die Zulassungskarte. »Diese >Gottes-gemeinde< - ist das eine anerkannte religiöse Gemeinschaft?«
    »Ja, eine Bestätigung des Staates Kalifornien liegt vor.«
    »Und wo genau ist der Sitz dieser Gemeinde?«
    »In der Nähe von Los Altos, wie Sie an der Zulassung sehen«, erwiderte Preacher. »Aber meine Mutter pflegte immer zu sagen: >In jeder Seele wohnt Gottes Gemeinde.««
    Sie hatten das Abendessen in völligem Schweigen zu sich genommen. Erst
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