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Der Seelenfänger

Titel: Der Seelenfänger
Autoren: Unbekannter Autor
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fragte Tarz: »Wo steckt eigentlich Preacher?«
    »Am Strand«, sagte Melanie. »Er geht jeden Morgen hinunter und meditiert.«
    »Geht es ihm gut?« fragte Beverly.
    »Es geht ihm ganz ausgezeichnet«, sagte Charlie. »Kommt mal her. Ihr könnt euch selbst überzeugen.«
    Sie gingen zur Abbruchkante des Hügels, und Charlie zeigte zu einem Felsen am Ufer hinunter. Preacher saß vollkommen still und starrte hinaus auf die Wellen.
    »Er hat sein Haar wieder lang wachsen lassen«, sagte Beverly.
    »Stimmt«, sagte Charlie. »Und einen Bart trägt er auch wieder. Er wirkt zehn Jahre jünger. Er ist wieder ganz so, wie wir ihn kannten.«
    »Hat er sich über die Scheidung sehr aufgeregt?« fragte Beverly.
    »Eigentlich nicht«, sagte Melanie. »Das ist ja auch schon ein paar Wochen her. Er war nicht sonderlich überrascht, als Jane es ihm mitteilte. Er meinte, es wäre wohl für alle Teile das Beste.«
    »Es hat mich verblüfft, daß nichts in den Zeitungen stand«, sagte Charlie.
    »Dafür hat der alte Randle gesorgt«, sagte Joe. »Er hat die Presse zurückgepfiffen.« Er deutete auf Preacher. »Wie lange bleibt er da unten?«
    »Vielleicht noch eine halbe Stunde«, sagte Charlie. »Wenn du willst, kann ich ihn holen.«
    »Nein«, sagte Joe. »Wir haben jetzt zwei Monate darauf gewartet, ihn zu sehen, da können wir die halbe Stunde auch noch erwarten.«
    »Kommt doch mit in den Wagen, wir haben schönes kaltes Bier im Kühlschrank für euch«, sagte Charlie.
    Im Inneren des Wohnwagens war es angenehm kühl, und das leise Summen der Klimaanlage wirkte irgendwie beruhigend. Joe nahm einen Schluck Bier. »Was habt ihr eigentlich in den letzten Wochen gemacht? Ihr habt ja aus den unmöglichsten Orten angerufen. Ich hatte den Eindruck, ihr wart jede Woche in einem anderen Staat.«
    Melanie nippte an ihrem Eistee. »Wir haben jeden Tag irgendwelche Kirchen besucht. Preacher stand herum und hat mit den Leuten geredet. Das heißt, eigentlich hat er nicht viel gesagt, sondern mehr zugehört. Und am nächsten Tag ging es in einer anderen Stadt weiter.«
    »Hat er denn gar nicht gepredigt?« fragte Tarz.
    »Überhaupt nicht. Er sagte, er wolle endlich einmal tun, was ihm seine Mutter schon immer geraten hätte: mit den Leuten reden und zuhören, was sie ihm sagen.«
    Beverly nickte. »Hör mal, Joe. Ich glaube, wir sollten ihm die Akten aus dem Kofferraum holen, ehe er wieder zurückkommt.«
    Joe stand auf. »Hey, Tarz«, sagte er. »Komm mit und hilf mir. Du brauchst nicht alle Arbeit den Schwarzen zu überlassen.«
    Tarz lachte, und die beiden Männer verließen den Wagen.
    Beverly wandte sich noch einmal an die Mädchen. »Geht es Preacher auch wirklich gut?« fragte sie.
    Melanie nickte. »Das schon. Er ist nur viel stiller geworden als früher, ganz nach innen gewandt. Ich habe manchmal den Eindruck, er redet mit jemand da drinnen.«
    »Es ist richtig unheimlich«, fügte Charlie hinzu. »Man erzählt ihm was, und man denkt, er hört gar nicht zu. Aber dann sagt er was, und man merkt, er ist vollkommen da.«
    »Die meiste Zeit liest er die Bibel«, sagte Melanie. »Er hat die Seiten so oft umgeblättert, daß sie schon ganz zerfleddert sind.«
    Beverly schwieg einen Augenblick, dann sagte sie leise: »Die buddhistischen Priester sagen, jedes Wort hat tausend Bedeutungen, aber nur eine ist für dich richtig. Vielleicht ist es das, was er sucht: die Bedeutung, die richtig für ihn ist.«
    Nach dem Essen hatten sich alle um den großen Tisch im hinteren Teil des Wagens versammelt. Preacher saß zwischen Joe und Beverly, während Tarz und die beiden Mädchen auf der anderen Bank saßen. Auf dem Tisch waren alle Unterlagen ausgebreitet, die Beverly mitgebracht hatte.
    Beverly schlug den ersten Ordner auf. »Dieser Computerausdruck stammt vom fünfzehnten Juni. Danach konnten wir leider keine Informationen mehr kriegen.«
    »Warum nicht?« fragte Preacher.
    »Ich glaube, sie sind mißtrauisch geworden«, sagte Beverly. »Sie haben vermutlich geahnt, daß irgend jemand ihren Computer angezapft hatte, und haben den Suchcode geändert.«
    »Gibt es irgendwelche Methoden, mit denen sie feststellen können, daß du sie angezapft hattest?« fragte Preacher.
    Beverly schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Wir haben jedesmal den Standort gewechselt, wenn wir uns eingeschaltet haben, und der Computer speichert Anfragen nicht.«
    Preacher nickte. »Kannst du uns die wichtigsten Sachen erzählen, ohne daß ich das ganze Ding lesen
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