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Der Seelenbrecher

Der Seelenbrecher

Titel: Der Seelenbrecher
Autoren: Sebastian Fitzek
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Sophia.
»Ich … ich bin mir nicht sicher.« Caspar streichelte mit seiner Fingerspitze den Leberfleck über dem Jochbein des kleinen Mädchens.
»Ich kenne ihren Namen nicht.« Er hob sein Gesicht und zwang sich, Sophia in die Augen zu sehen.
»Aber ich glaube, sie wartet da draußen auf mich.«
     

18.23 Uhr
    Mr. Ed legte seinen Kopf zwischen die dicken Pfoten und imitierte einen Teppichvorleger, indem er sich platt auf den Bauch legte. Mit seinen aufgerichteten Ohren wirkte er wie ein aufmerksamer Zuhörer.
»Ihre Tochter? Wieso erzählen Sie mir das erst jetzt?«, fragte Sophia, nachdem er mit der Schilderung seiner mysteriösen Vision zum Ende gekommen war, die ihn in Gretas Zimmer heimgesucht hatte.
    Das kleine Mädchen. Ihre zuckenden Augen. Ihr stummes Flehen.
»Es war das erste Mal. Und ich weiß selbst noch nicht so genau, ob es wirklich eine Erinnerung ist. Oder nur ein Alptraum.«
Du kommst doch bald wieder, oder?
Caspar rieb sich die müden Augen.
»Und sie sah krank aus?«, fragte Sophia.
Nein. Schlimmer.
»Vielleicht hat sie ja nur geschlafen?«, sagte er wenig hoffnungsvoll. »Ihre Bewegungen waren impulsiv, unkontrolliert, wie bei jemandem, der unruhig träumt. Aber …«
»Aber was?«, hakte sie nach.
»Ich dachte, ich müsste sie festhalten, damit sie nicht wie ein Heliumballon an die Decke schwebt, so leicht erschien sie mir. Als hätte jemand das, was ihrer Persönlichkeit Gewicht gab, entfernt und nur noch eine seelenlose Hülle zurückgelassen. Verstehen Sie?«
»Das sagen Sie oft«, stellte Sophia fest.
»Was?«
»›Verstehen Sie?‹ Sie benutzen diese Floskel häufig, wenn wir uns unterhalten. Vermutlich arbeiten Sie in einem Beruf, in dem Sie Laien komplexe Sachverhalte vermitteln müssen, zum Beispiel als Lehrer, Gutachter, Anwalt oder Ähnliches. Aber ich wollte Sie nicht unterbrechen. Können Sie sich denn erinnern, wo genau das Mädchen gelegen hat?«
»Auf einem Bett oder einer Trage. So was in der Art.« »Wie sah das Zimmer aus?«
»Es war hell, hatte zwei große Fenster, die Sonne schien herein.«
»Waren Sie allein?«
»Schwer zu sagen. Ich habe keine weiteren Anwesenden gespürt, die sie … «
Die was? Sie gefoltert, vergewaltigt oder vergiftet haben? »Da waren nur Sie und dieses Mädchen?«, fragte Sophia.
»Ja. Sie lag vor mir, ihr Atem ging unregelmäßig, die Haare wirkten verschwitzt, und die Augenlider flatterten.«
»Möglicherweise die Nachwehen eines epileptischen Anfalls?«
»Vielleicht.«
Oder Gift, Schock, Folter …
»Und dennoch hat sie mit Ihnen geredet?«
»Nein, es gab keine direkte Kommunikation. Ich konnte sie nicht hören, sondern nur spüren.«
»Telepathie?«
Caspar schüttelte energisch den Kopf.
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Aber das war kein Traum mit übersinnlichen Elementen, es sei denn, Sie zählen Elternliebe dazu. Ich habe nach der Hand meiner Tochter gegriffen und gefühlt, was sie mir sagen wollte.«
Ich hab solche Angst. Bitte hilf mir …
»Ich glaube, sie ist irgendwo da draußen eingesperrt, von jemandem, der ihr etwas Schlimmes angetan hat, und ich sollte jetzt besser Hilfe holen, bevor sich ihr Zustand noch weiter verschlechtert.«
»Gab es dort Gitter?«, fragte Sophia und brachte ihn damit etwas aus dem Konzept.
»Wie bitte?«
»Gitter? Vor den Fenstern? Sie sagten, die Sonne schien hindurch.«
Caspar schloss die Lider und versuchte die Erinnerung wieder abzurufen.
Ich hab solche Angst. Bitte hilf mir …
Wie ein Gefängnis oder ein abgesichertes Versteck kam ihm der helle Raum im Nachhinein nicht vor.
»Schwer zu sagen.« Er zuckte mit den Achseln. »Nun, wer immer dieses Mädchen ist … «, sagte Sophia leise, aber bestimmt, »… Sie sollten sich keine allzu großen Sorgen um sie machen, Caspar.«
»Weshalb?«
»Wir haben das Foto der Kleinen den Beamten geschickt, die Ihren Fall bearbeiten. Sie sagen, es liegen keine passenden Vermisstenanzeigen vor.«
Sophia strich sich die Fragezeichensträhne hinters Ohr. Caspar lachte freudlos.
»Und was beweist das? Nach mir sucht doch auch niemand, wenn man der Polizei glauben darf. Und dennoch liege ich hier. Sie können mir also nicht garantieren, dass meine Tochter …«, er zögerte und suchte nach den richtigen Worten, »… dass dieses Mädchen nicht in Gefahr ist. Ich meine, sie …, ich habe ihr versprochen, zurückzukommen.«
Nach einer Weile fuhr er leiser fort: »Wo auch immer ›zurück‹ liegen mag.«
»Also gut.« Sophia wendete die Akte in ihren Händen. »Dann
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