Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seele weißes Blut

Der Seele weißes Blut

Titel: Der Seele weißes Blut
Autoren: Sabine Klewe
Vom Netzwerk:
ebenfalls unterwegs.«
    Ruth fuhr auf die Vennhauser Allee. »Wir sind gleich da«, erklärte sie.
    Chris’ Handy klingelte. Köster meldete sich und fragte, was er verpasst habe. So knapp wie möglich erklärte Chris ihm, was los war.
    »Bin schon unterwegs«, sagte Köster grimmig und unterbrach die Verbindung, bevor Chris protestieren konnte.
    Ruth bog in die kleine Straße entlang der Bahngleise, die den Eller Forst vom Stadtteil Eller abschnitten. Zwei Minuten später waren sie auf dem Parkplatz. Hackmann, Schmiedel und Meier warteten bereits. Gerade als Chris und Ruth ausgestiegen waren, bog der Wagen mit Halverstett und Schmitt um die Ecke.
    Chris breitete den Stadtplan auf der Kühlerhaube aus, Schmiedel leuchtete ihm mit der Taschenlampe.
    »Sie sind ungefähr hier.« Chris deutete auf einen Punkt, wo sich zwei Spazierwege kreuzten. »Aber ganz genau wissen wir es natürlich nicht. Ich möchte, dass wir uns in Zweiergruppen aus drei verschiedenen Richtungen auf diese Stelle zubewegen. Thomas und Reinhold, ihr schlagt rechts herum einen Bogen und nähert euch vom Unterbacher See her. Klaus und Rita, ihr geht nach links Richtung Vennhausen und kommt von der Freiheitstraße her. Erik und ich nehmen den direkten Weg von hier aus. Ruth, du wartest auf das SEK und weist die Leute ein.«
    »Warum ausgerechnet ich?«, fragte Ruth. »Das ist nicht fair.«
    »Willst du jetzt anfangen zu diskutieren?« Chris glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. »Ich habe gesagt, du wartest aufs SEK, also wartest du aufs SEK.«
    »Seit wann leitest du diese Moko, Salomon?«, fauchte Ruth. »Habe ich was verpasst?«
    Schmiedel warf Chris einen raschen Blick zu. »Ich bleibe hier und warte auf das SEK. Ende der Diskussion.«
    »Gut.« Chris zog seine Dienstwaffe aus dem Holster. »Also, los geht’s.«
    Die drei Gruppen marschierten los, jede in ihre Richtung. Chris schäumte. Ruth hatte im denkbar ungünstigsten Augenblick eine kindische Diskussion angefangen – und seine Autorität infrage gestellt. Er wusste, dass sie unter den vielen männlichen Kollegen einen schweren Stand hatte, aber ihre Art, damit umzugehen, machte es schlimmer, nicht besser. Wenn sie diese Sache glücklich hinter sich gebracht hatten, würde er sich mit ihr unterhalten müssen.
    »Du wirst es nicht bereuen«, flüsterte Ruth ihm zu, offenbar bemüht, die Wogen zu glätten.
    »Klappe jetzt!«, zischte Chris zurück. »Das klären wir später.«
    Minutenlang schlichen sie schweigend über den Waldweg, bis Chris mit einem Mal vor ihnen ein zuckendes Licht entdeckte. Eine Taschenlampe. Die beiden anderen Gruppen konnten noch nicht so weit vorgedrungen sein, es sah also ganz danach aus, als hätten sie Lydia und Mörike gefunden. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
    Lydia krabbelte über den Boden und tastete zwischen Zweigen, feuchtem Laub und dornigen Ranken herum. Irgendwo hier musste die Walther liegen. Sie war sich sicher, dass sie das richtige Gebüsch gefunden hatte. Sie fror, ihr Gesicht brannte, und ihre Füße waren taub vor Schmerzen. Hinter sich hörte sie Knacken und ein erneutes unterdrücktes Fluchen. Noch hatte der Lichtkegel der Taschenlampe sie nicht geortet.
    Ihre Finger berührten etwas Kaltes, Hartes. Hastig griff sie danach. Ein Stein. Weiter!
    Plötzlich spürte sie etwas an ihrer Schulter. »Suchst du das hier?«
    Sie erstarrte. Hatte er die Waffe gefunden? Das konnte nicht sein. Sie war doch an der richtigen Stelle. Noch einmal tastete sie das Laub ab. Nichts.
    »Aufstehen!«
    Sie fuhr mit der Hand zur Seite. Vielleicht lag sie ein bisschen weiter rechts?
    »Aufstehen! Mach schon!«
    Das Licht der Taschenlampe blendete sie, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Sie erhob sich langsam. Kämpfte die Verzweiflung nieder, die wie eine große Flutwelle über sie hinwegrollte. Es würde schwierig sein, ihn noch einmal zu überrumpeln. Ab sofort würde er auf der Hut sein. Ein reißender Schmerz jagte durch ihren Schädel. Er hatte sie an den Haaren gepackt und stieß sie vor sich her. Sie stolperte vorwärts, spürte deutlich den Lauf der Waffe im Nacken und seinen warmen Atem.
    »Ich dachte, wir könnten ohne Fesseln ein bisschen Spaß haben«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Aber daraus wird wohl nichts. Schade. Dann kürzen wir die Sache eben ab.«
    Sie waren bei der Grube angekommen. Er stieß sie auf den Boden, setzte sich auf ihren Rücken und drückte ihr Gesicht in das feuchte Laub. Sie rang nach Luft, der Geruch von Moder und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher