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Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)

Titel: Der Seele schwarzer Grund: Kriminalroman (Knaur HC) (German Edition)
Autoren: Susan Hill
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mich gefragt, wie leid es mir wirklich tun wird, wenn ich von hier fortgehe«, sagte sie.
    Das Zimmer wurde kalt.
    »Ach, Sie wussten das nicht. Na ja, woher auch?«
    »Sie sind doch gerade erst angekommen. Warum? Hat es mit Ihrer Mutter zu tun?«
    »Nein, nein. Ich habe nur die falsche Entscheidung getroffen. So was passiert. Selbst Geistlichen. Ich weiß nicht, warum.«
    »Wie kann es falsch sein? Was ist falsch daran?«
    »Ich. Was in diesem Haus passiert ist, als Max mich angriff. Hinzu kommt, dass ich nicht in die Kathedralenhierarchie passe … Der Dean ist in Ordnung, er war derjenige, der mich hier haben wollte und Druck gemacht hat, bis sie mich aufnahmen. Aber sie wollen keine Frau, sie sind noch nicht bereit für eine Frau, wissen Sie, und das ist wirklich keine Schlacht, die ich ausfechten werde. Ich habe anderes zu tun.«
    »Ich dachte, die Schlacht wäre längst geschlagen.«
    »Ja, das sollte man meinen, nicht wahr?« Sie schenkte sich ein weiteres halbes Glas Wein ein. »Zu viele Schlachtfelder. Das Krankenhaus, Imogen House … Ich bin keine Kämpferin, Simon, ich möchte nur meine Arbeit tun, es gibt wichtigere Dinge. Mit Politik komme ich nicht zurecht.«
    »Ach, hören Sie, warum wollen Sie die gewinnen lassen?«
    »Das ist keine Sprache, die ich spreche. Zumindest nicht in diesem Kontext.«
    Er blickte sie bestürzt an, konnte nur daran denken, dass er irgendwie genug Gründe – keine Argumente, er spürte, das die versagen würden – zusammenbringen musste, um sie zu bewegen, ihre Meinung zu ändern. Er hatte keinen Zweifel daran, dass ihm das gelingen würde. Er hatte den besten aller Gründe. Aber er wusste noch nicht, wie er ihr den präsentieren sollte.
    »Was ist mit Ihnen? Ein Leben lang Lafferton?«
    »Nein, hier geht es um Sie. Sie.«
    »Mich?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass es an einem anderen Ort anders sein wird? Kämpfe gibt es überall. Haben Sie denn keine ausgefochten, bevor Sie hierherkamen?«
    »Täglich. Und die meisten, während ich aufwuchs. Mein Kampf, um zur Kirche gehen zu dürfen, getauft zu werden, Theologie zu studieren, mich ordinieren zu lassen. Meine Kämpfe in der letzten Gemeinde mit einem widerspenstigen Kirchenvorstand und einem sehr schwierigen Bischof. Ich weiß alles über blutige Kämpfe, vielen Dank. Ich verlasse das Schlachtfeld.«
    »Was, um nicht mehr Geistliche zu sein?«
    »Ich bleibe Geistliche. Ich gehe für ein Jahr in ein Kloster. Danach werde ich entweder bleiben wollen oder ich kehre in die akademische Welt zurück. Ich spüre eine Promotion auf mich zukommen.«
    Er schwieg entsetzt. Das Zimmer war dunkel. Jane knipste eine Lampe an und saß im Lichtkreis. Er war wie gebannt von ihrer Schönheit, der ruhigen Art, in der sie nicht auf einem Sessel saß, sondern auf dem Fußboden neben ihm, die Beine angezogen, die Arme darumgelegt.
    »Jane …«
    »Die Leute haben eine falsche Vorstellung«, sagte sie, »über Konvente.«
    »Ich habe überhaupt keine Vorstellung davon, ich weiß bloß, dass Sie sich nicht in eins einsperren können.«
    »Sehen Sie, was ich meine?«
    »Himmel, Sie würden sich … einmauern. Wozu? Um was zu tun?«
    »Wenn ich sage, ›um zu beten‹, erwarte ich keine richtige Antwort. Lassen Sie es.«
    »Ich kann es nicht lassen.«
    »Warum? Warum ist das etwas, das die Leute immer so reizbar macht? Ich will mich nicht streiten, ich will keinen Kampf. Bitte.«
    »Gehen Sie und machen Sie Ihren Doktor; wenn es das ist, was Sie wollen, dann sollten Sie es tun.«
    »Später. Vielleicht. Vielleicht nicht. Zuerst das andere.«
    Lange Zeit herrschte eine so vollkommene, so absolute Stille, dass er nicht wusste, ob er sie je brechen, sich je äußern, je wieder ein Wort zu ihr würde sagen können, für den Rest seines Lebens. Die Stille war eine Entfernung und eine Zeitspanne wie auch die Abwesenheit von Geräuschen. Ein leerer Raum, von dem er nicht wusste, ob er den Nerv oder die Fähigkeit besaß, ihn zu durchschreiten.
    Er sagte: »Ich möchte nicht, dass Sie das tun.«
    Sie blickte ihn ratlos an.
    »Bitte nicht.«
    »Es gilt ja eher als ungehobelt, wenn man sagt, ›Was hat das mit Ihnen zu tun?‹, aber trotzdem …«
    »Es hat mit mir zu tun.«
    »Wieso? Sie kommen ja nicht mal in die Kathedrale.« Sie klang jetzt auch verwirrt, konnte ihm nicht mehr folgen.
    »Es geht nicht um die Kathedrale.«
    »Oder sonst etwas. Ich bin kein Polizeikaplan, ich …«
    »Himmel. Nein. Nicht mit Ihrer Arbeit … mit Ihnen.«
    Er stand
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