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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.
Autoren: Ephraim Kishon
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Hehehe... Da bist du mir aber schön hereingefallen...«
    Und damit war meine Zukunft als Mormone beendet, noch ehe sie begonnen hatte.
    Ich habe noch von einer weiteren Zukunftsvision zu berichten, mit der ich gleichfalls scheiterte. Oder zumindest nahm sie andere Formen an, als ich geplant hatte. Ich hatte geplant, in Hollywood nach meiner Karriere zu sehen. Die Richtung, in die sich das entwickelte, erinnerte mich irgendwie an das Ende meiner Begegnung mit dem Tankstellenwärter aus New Haven.
    Mein Sitznachbar im Flugzeug nach Hollywood war ein guterhaltener, wohlgenährter Fünfziger, der die meiste Zeit in klangreichem Schlummer verbrachte. Über Chicago hatte ich genug davon und rüttelte ihn wach:
    »Entschuldigen Sie - wann kommen wir in Hollywood an?«
    »Keine Ahnung.«
    »Leben Sie denn nicht in Hollywood?«
    »Nein.«
    »Warum fliegen Sie dann hin?«
    »Wie soll ich das wissen? Fragen Sie meinen Agenten.«
    Nach ein paar weiteren Sätzen besaß Mr. Maxwell - dies sein Name - volle Klarheit darüber, daß ich ein ahnungsloser Ausländer war, ein Neuling, ein Greenhorn ohne die mindeste Kenntnis amerikanischer Lebensgewohnheiten. Als ich ihm vollends auf die Frage, wer mein Agent sei, wahrheitsgemäß antworten mußte, daß ich keinen hätte, fiel er beinahe vom Sitz: »Um Himmels willen - wie wollen Sie ohne Agenten leben? Wer kümmert sich um Ihre Angelegenheiten? Wer sorgt für Sie?«
    »Vielleicht der liebe Gott«, murmelte ich zaghaft.
    Maxwell schüttelte ungläubig den Kopf, sagte aber nichts, weil ihm in diesem Augenblick - wir überflogen gerade Texas - ein Kabel eingehändigt wurde, in das er mir lässig Einblick gewährte:
    »wetter in hollywood unsicher empfehle grauen pullover 20.45 dinner mit praesidenten paramount gruß - moe.«
    »Da sehen Sie's« nickte Maxwell. »Alles, was Sie brauchen, ist ein guter Agent.«
    Und er begann mir klarzumachen, daß der Agent die wichtigste nationale Institution Amerikas sei. Selbstverständlich, so sagte er mir, beschränkten sich die Aufgaben des Agenten nicht auf die Wahl der Pulloverfarben; sie liegen vielmehr auf dem Gebiet der Publicity, der öffentlichen Geltung, des beruflichen Aufstiegs. Ein guter Agent hat nichts andres im Sinn, als die einmaligen, die einzigartigen Fähigkeiten seines Klienten zu rühmen, zu verherrlichen und zu lobpreisen, laut und pausenlos, zu Lande, zu Wasser und in der Luft, bis zum letzten Atemzug, bis zu letzten Scheck, in Ewigkeit, Amen.
    Maxwells hymnische Worte beeindruckten mich tief. Als er eine kurze Pause machte, fragte ich ihn nach seinem Beruf.
    »Ich bin Agent«, antwortete er. »Warum?«
    »Ja, aber - wenn Sie selbst Agent sind, wozu brauchen Sie dann einen Agenten?«
    Maxwell lächelte nachsichtig.
    »Ich gehöre zur höchsten Rangklasse. Zur allerersten Garnitur. Soll ich mich vielleicht selbst als den größten Agenten der Welt vorstellen? Das geht nicht. Das muß jemand anderer für mich machen. Und dazu brauche ich einen Agenten.«
    Meine neidvolle Bewunderung für Maxwell stieg bei der Landung in Los Angeles sprunghaft an. Noch während wir das Flugzeug verließen, kam aus vier Lautsprechern die mehrfach wiederholte Durchsage:
    »Mr. Maxwell wird gebeten, zum blauen Cadillac vor der Ankunftshalle zu kommen... wird gebeten... blauer Cadillac... Mr. Maxwell... blauer Cadillac...«
    In der Ankunftshalle begrüßte ihn ein strahlender Managertyp mit einem großen Blumenstrauß. Kein Zweifel: Es war der treue Moe, der ihm den grauen Pullover ins Flugzeug gekabelt hatte.
    Ich hingegen stand allein und verlassen bei meinen Koffern, ein armes Waisenkind ohne Adresse, ohne Hoffnung, ohne Brücke zur Welt, ohne Agenten. Schlotternd näherte ich mich der Prinzessin hinterm Informationsschalter:
    »Bitte, können Sie mir ein gutes Hotel nennen?«
    Die Prinzessin ließ ihre exquisiten langen Wimpern flattern:
    »Hat denn Ihr Agent kein Zimmer für Sie bestellt?«
    Ich wagte nicht, ihr die Wahrheit zu sagen, und senkte nur stumm den Kopf.
    Da sie mir kein gutes Hotel nennen konnte, sondern nur die Adresse von zwei Agenten, versuchte ich es selbst und rief im Beverly Hills Hotel an.
    »Bedaure, Mr. Kitschen, wir sind komplett«, antwortete der Empfang. Das war das ganze Gespräch.
    Ich schleppte meinen müden Körper und meine drei bleischweren Koffer an den Taxistand und begehrte zu einem Hotel gefahren zu werden.
    »Zu welchem Hotel, Mister?«
    »Zu irgendeinem.«
    Der Fahrer wandte sich um und sah mich an.
    »Nein«,
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