Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)
Autoren: Shirley Waters
Vom Netzwerk:
was Mutter Laurentia Euch rät, Herrin«, sagte sie leise. »Ihr erkältet Euch sonst. Ich brühe derweil einen heißen Sud auf, der Euch guttun wird. Bitte. Herr Éamonn von Carndonagh würde es so wollen.«

2.
    C aitlín seufzte. Dass Éamonn es so wollen würde – diesen Satz hatte sie fast täglich gehört, seit sie ihm als junges Mädchen versprochen worden war. Ihre Mutter hatte ihn vorgebetet, ihr Vater, ihre Brüder … Die Hoffnung, wenigstens während der Reise zu ihm davor verschont zu bleiben, hatte sich nicht erfüllt. Der Gedanke, dass es auch in Éamonns Haushalt so weitergehen würde, ließ sie erschöpft die Augen schließen.
    Was beklage ich mich? , versuchte sie sich zur Vernunft zu rufen. So ergeht es schließlich jeder Frau.
    Unsinniger Zorn, dass sie nicht wie jede andere Frau erzogen worden war, wallte in ihr auf. Ansonsten würde sie sich vermutlich leichter mit ihrer Rolle abfinden können. Aber als einziges Mädchen unter fünf Brüdern war sie verhältnismäßig frei aufgewachsen. Sie hatte mit ihnen auf dem Burghof herumgetollt und gegen sie mit einem kleinen Holzschwert gekämpft, das ihr Vater eigens für sie aus einem Ast geschnitzt hatte. Hinter den Brüdern hatte sie auf einem Pferd sitzen dürfen und sich bei all der Toberei die Kleider zerrissen. Den Tadel der Mutter hatte der Vater mit einem Lachen entschärft.
    Doch kaum hatten ihre Blutungen eingesetzt, war ihre Welt eine andere geworden. Fortan war sie selbst bei schönem Wetter im Wohnturm geblieben, hatte gesponnen und gestickt, den ewig gleichen Heiligengeschichten und langweiligem Klatsch zuhören müssen. Und dabei den Geräuschen aus dem Hof gelauscht.
    Wie auch jetzt.
    Sie saß in der Gästekammer, einem kleinen Raum mit mehreren strohsackbedeckten Pritschen an den Wänden. Im Kamin prasselte ein Feuer, das sie und Órla gemeinsam in Gang gebracht hatten. Die Nonnen waren offenbar von ihrem Erkundungsgang zurückgekehrt; Caitlín konnte sie vor ihrem Zimmer leise klagen und beten hören.
    »Wir hätten fortlaufen sollen, Herrin Caitlín«, flüsterte ihre Zofe. Hyld hatte sich auf ihre Bettstatt gehockt, die Beine fest an ihren Körper gezogen und die Arme darum geschlungen. Ihre Schultern bebten – noch vor Entsetzen oder vor Kälte.
    Caitlín holte Hylds Umhang, setzte sich neben sie und legte ihn ihr um die Schultern. Mit einem dankbaren, wenn auch gequälten Lächeln zog Hyld den dicken Wollstoff um sich. »Es gibt noch das Mönchskloster, von dem der Pater kam, um die Sonntagsmesse zu lesen. Da sollten wir hin.«
    »Besser nicht.« Caitlín schüttelte ihre ungebändigten Locken. »Zu Fuß ist es zu weit entfernt. Wir würden nur zusätzliche Gefahr laufen, von den Plünderern aufgegriffen zu werden.«
    Hyld schluchzte auf. »Fionnbarr … ach, Fionnbarr …«
    »Fionnbarr? Von wem redest du?«
    »Von …«, die Zofe hob den Saum ihres Kleides und wischte sich übers Gesicht. »Von dem mit den dunklen Locken, erinnert Ihr Euch nicht? Der auf einem Schecken geritten ist. Wenn er lächelte, entblößte er eine so hübsche Zahnlücke.«
    Caitlín versuchte sich an die Eskorte Éamonns von Carndonagh zu erinnern. Sechs Männer hatte ihr zukünftiger Gemahl geschickt, um sie abzuholen. Mit beiden Eskorten waren sie in der Abtei eingetroffen, um die Nacht über hier zu rasten. Doch anscheinend war sie viel zu sehr mit sich und ihrer Verzweiflung beschäftigt gewesen, das Elternhaus für immer verlassen und gegen einen ihr fremden und unheimlichen Mann eintauschen zu müssen. In Éamonns Männern hatte sie nur düstere Bewacher gesehen, die sie ihrem Unglück zuführen sollten. Und nun sollte einer von ihnen ein nettes zahnlückiges Lächeln gehabt haben?
    »Ich kann mich wirklich nicht mehr an ihn erinnern. Es tut mir leid. Aber vielleicht ist er ja entkommen?«
    Hilflos strich sie über Hylds zitternden Rücken. Auch diese Männer waren Menschen gewesen, tapfere Recken; der eine mochte eine junge Frau gehabt, der andere sich um seine alten Eltern gesorgt haben, und ein weiterer hatte vielleicht vom Ruhm auf dem Schlachtfeld geträumt. Und jetzt hatten sie alle ihretwegen ihr Leben lassen müssen.
    »Komm, lass uns die Pritschen näher ans Feuer schieben«, sagte sie betont munter, wenngleich auch ihr danach war, auf das Stroh zu sinken und ins Kissen zu heulen. »Diese Steinwände strahlen eine Kälte aus, als ob sie aus Eis sind.«
    Hyld schniefte noch einmal heftig, erhob sich dann aber und half ihr. »Auch das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher