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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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niemand uns trauen – wir sind ein Nichts. Liyun … Es gibt weder einen Rathenow noch eine Wang Liyun. Wir sind amtlich nicht vorhanden.«
    »Wir werden nie heiraten können?«
    »Nicht, solange ich nicht wieder Rathenow sein kann. Aber ob das jemals möglich sein wird …«
    »Dann sind wir Geister?«
    »So ähnlich …«
    »Auch Geister können lieben und in alle Ewigkeit zusammenbleiben. Wer es nicht glauben will, dem zeigen wir es! Ein Papier mit einem Stempel – ist das so wichtig?«
    Damit war das Thema für alle Zeit zwischen ihnen erledigt. Niemand sprach mehr darüber; ihre eigene kleine Welt brauchte kein amtliches Dokument. Und außerdem – wer fragte hier danach? In Agulo waren sie Señor und Señora Fresius, und man vergaß nie, daß der Bürgermeister der Señora seine Bauchschärpe umgebunden hatte.
    Ying-Regina war acht Monate alt, als der Bürgermeister zur Casa del Vino hinauftelefonierte.
    »Da ist mit dem Schiff ein Mann gekommen«, sagte er. »Ein Deutscher. Er hat nach Ihnen gefragt. Er ist jetzt unterwegs zu Ihnen, Señor. Ich hielt es für meine Pflicht, Ihnen das zu sagen.«
    »Das ist sehr nett von Ihnen. Danke.«
    Rathenow legte auf und lief hinaus in den Garten. Liyun saß mit Ying-Regina unter einem Schatten spendenden, breitkronigen Mimosenbaum und spielte mit ihr. Die Kleine quiekte vor Freude. Sie war ein bemerkenswert schönes Kind geworden … zartgliedrig wie die Mutter, die gleichen großen Mandelaugen, aber Nase und Kinn hatte sie von Rathenow, und die Wangenknochen waren nicht so ausgeprägt wie bei Liyun.
    »Wir bekommen Besuch, Niang Niang!« rief Rathenow. »Aus Deutschland!«
    »Mein Gott!« Liyun drückte das Kind an ihre Brust. »Keiner weiß doch, wo wir sind! Wer ist das? Wo kommt er her? Ich habe Angst.«
    »Mir ist das auch ein Rätsel. Aber wir werden gleich Klarheit haben. Liyun, bleib mit Ying im Garten! Laß dich nicht blicken! Versteck dich!«
    »Und wenn er gekommen ist, um dich zu töten?«
    »Ich werde meine Pistole in der Hand halten und nur durch die Tür mit ihm sprechen.« Rathenow lief ins Haus zurück und verriegelte die Tür. Liyun verschwand mit Ying zwischen den Bananenstauden.
    Nach fünf Minuten hielt ein Taxi unten an der Treppe. Ein Mann mittleren Alters in einem hellgrauen Sommeranzug stieg zum Haus empor. Er trug einen weißen Strohhut und sah damit aus wie der typische Tourist.
    Rathenow entsicherte die Pistole, als der Mann an der Tür klingelte.
    »Ich bin hier!« rief Rathenow durch das dicke Pinienholz. »Was wollen Sie?«
    »Herr Rathenow …«
    »Hier wohnt kein Rathenow! Ich bin Dr. Fresius!«
    »Ich weiß. Entschuldigen Sie, wenn ich den früheren Namen gebrauchte. Bei uns laufen Sie selbstverständlich unter Ihrem früheren Namen.«
    »Was heißt ›bei uns‹?«
    »Ich komme aus München. Ich bin Kriminaloberinspektor Willy Hensch vom 13. Dezernat.«
    Rathenow starrte auf die Tür. Kriminalpolizei. 13. Dezernat. Er hatte gehofft, nie wieder etwas davon zu hören. Und nun? Da flog ein Beamter von München nach Teneriffa und fuhr dann mit einem Schiff hinüber nach Gomera – es mußte etwas Ungeheures passiert sein. Warum schickte Peter Probst einen seiner Männer zu ihm? Jetzt, nach zwei Jahren?
    »Können Sie sich ausweisen? Treten Sie zwei Schritte zurück und zeigen Sie Ihren Ausweis!« rief Rathenow durch die Tür.
    Willy Hensch trat zurück und holte seinen Ausweis aus der Tasche. Rathenow sah ihn durch das Fenster neben der Tür. Kein Trick, ihn zu überlisten – es war wirklich die deutsche Polizeimarke. Er öffnete die Tür, behielt aber seine Pistole in der Hand. Der Mann, der sich Hensch nannte, sollte sie deutlich sehen.
    Hensch trat ins Haus und zeigte lächelnd auf die Waffe. »Nicht nötig, ich bin echt. Ich soll Ihnen einen Gruß von meinem Chef, Oberrat Probst, bestellen.«
    »Danke. Und deswegen kommen Sie extra herüber nach Gomera?«
    »Natürlich nicht.«
    Sie setzten sich draußen auf die Veranda, und Willy Hensch kam ohne Umschweife sofort zum Thema.
    »Als wir Ihnen vor zwei Jahren dieses Haus in Gomera vermittelten, Herr … wie soll ich Sie nennen?«
    »Fresius. Der bin ich jetzt.«
    »Herr Fresius – also, vor zwei Jahren waren wir überzeugt, daß diese Insel der ideale Zufluchtsort sei, vor allem mit der neuen Identität. Zwei Tage nach Ihrem Verschwinden aus Adelboden lief in München eine Razzia ohne Beispiel an. Über fünfhundert Beamte, sieben Staatsanwälte und eine Sondereinheit mit
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